Talib Kweli in Stuttgart: Einer, auf den Verlass ist
13.3.2012 - Stuttgart, Universum
Wie exklusiv haben wir uns damals auf dem Schulhof gefühlt, als wir uns die Platten von Black Star und Reflection Eternal gegenseitig zugeschoben und dabei ganz wichtig getan haben?! Die Anderen hören noch DMX. Wir kennen dagegen schon den heißen Scheiß. Den richtigen HipHop. Und in all den Jahren, in denen wir dann Ausbildung und Studium bewältigt und abgeschlossen haben, war Talib Kweli immer noch mit dabei. Einer, auf den stets Verlass war. Keine peinlichen Aussetzer, keine Alben, die daneben waren und vor allem kein Tag Schaffenspause. Vergangenen Dienstag gastierte Herr Kweli im Club Universum und wir konnten ihm mal wieder dafür danken.
Das Universum gilt als einer der heißesten Kandidaten, um die Lücke zu füllen, die die Schließung der Röhre hinterlassen hat. Bei vielen Künstlern – wie eben auch Talib Kweli – steht die Röhre noch als Austragungsort auf dem Tourplan, wurde aber schon längst in das Universum verlegt. Das kann einen bei seiner privaten Konzertplanung schon einmal durcheinander bringen. Doch fragt man die am Dienstag anwesenden Biertrinker, werden die sich wohl nur eine Frage stellen: Wieso muss man zwanzig Minuten für seinen Gerstensaft anstehen!? Eine Frechheit. Besoffen werden geht jedenfalls anders. Doch erstens wurde – mochte man seiner Nase trauen – sowieso ganz anderes Zeug konsumiert und zweitens ging es ohnehin nur um gute Rap-Musik aus der Geburtsstätte des HipHops.
Bevor Talib Kweli jedoch die Bühne des Universums beehrte, durften die beiden Locals COB und Marvin Baker aka Who Dat!? ran. Die souveräne Bühnenpräsenz gepaart mit ein paar richtigen Knallern wurde vom Publikum entsprechend respektvoll honoriert. Doch all das war trotzdem nur Vorgeplänkel. Kurz nach 22 Uhr stürmte Talib Kweli die Bühne, um anschließend eine gute Stunde mit den – trotz wenig Promo im Vorfeld – zahlreich erschienen HipHop-Heads durchzudrehen. Dank einer eher halbherzigen Warm-Up-Show seitens Talibs DJ brauchte das Publikum zwei, drei Songs, um sich komplett auf den New Yorker einzulassen. Doch spätestens nach einem Drittel des Programms konnte sich Kweli sicher sein, dass die Menschen, die da vor ihm standen, sein Publikum waren. Es wurde mitgerappt, gesungen, geschrien und immer wieder die Arme in die Luft gerissen. Talib verließ sich auf sein Publikum und wurde nicht im Stich gelassen.
Der Black-Star- und Reflection-Eternal-MC spielte eine relativ sichere Setlist, die zum Großteil bekanntere Stücke wie „Move Somethin‘“, „Hot Thing“, „I’m On One“ oder „Love Language“ beinhaltete und damit eindrucksvoll bewies, was für eine Latte an Bangern der 36jährige mittlerweile vorzuweisen hat. Das von Oh No produzierte „Distractions“ aus seinem kommenden Album „Prisoner Of Conscious“ entwickelte sich zum Halb-A-cappella und unterstrich dabei, was sich Talib Kweli Greene mit der Zeit für einen pervers präzisen Flow antrainierte. Ein durch die Bank grandioser Rapper, der einfach abliefern kann.
Der sichtlich Spaß habende Kweli ließ sich auch eine Zugabe nicht nehmen. Diese füllte er mit seinen wohl kommerziell erfolgreichsten Songs „I Try“ und „Get By“. Nun waren auch Bierentzug und rauchgeschwängerte Luft egal. Stuttgart griff lieber nach den Sternen und sang: “This morning, I woke up / Feeling brand new and I jumped up / Feeling my highs, and my lows / In my soul, and my goals / Just to stop smokin, and stop drinkin / And I’ve been thinkin’ / I’ve got my reasons”.
Mit dem neuen Solo-Album „Prisoner Of Conscious“ und einer zweiten gemeinsamen Platte mit Mos Def stehen für 2012 zwei Großprojekte im Hause Kweli an. Spätestens in der Festivalsaison wird man deshalb wohl wieder von ihm hören. Gestern Abend hat er bewiesen, dass man sich darauf freuen sollte.
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