Review: X-Men – Zukunft ist Vergangenheit

Bei der Flut an Superheldenfilmen kommt selbst der hartgesottenste Comicfanatiker nicht mehr hinterher. „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ sollte trotzdem nicht hintenüberfallen.

 

Angesetzt als Fortsetzung von „X-Men: Erste Entscheidungen“, basiert „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ auf der Comicgeschichte „Days Of The Future Past“, die 1981 im Rahmen der „The Uncanny X-Men“-Reihe erschien. Um die völlige Unterjochung der Mutanten zu verhindern, wird der sympathische Miesepeter Wolverine in die Vergangenheit geschickt, um die Internierung seiner Art zu verhindern. Aufmerksame Comicleser horchen nun auf: Wer die Vorlage kennt, weiß, dass im Original eben nicht Wolverine, sondern die im Film von Ellen Page gespielte Kitty Pride losgeschickt wird, um den Tag zu retten. Hugh Jackman, der Wolverine – den kurzen Auftritt in „Erste Entscheidungen“ einmal ausgenommen – bereits zum sechsten Mal mimt, gilt aber als der Star des Franchises und somit für die tragende Hauptrolle gesetzt. Dies ist also zu verschmerzen, zumal der mittlerweile 45jährige fitter denn je aussieht.

 

Halle Berry und ihre drei Sätze

 

„X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ ist ein vor Fan-Service strotzender Superheldenauflauf, der für Freunde der Mutanten wohl den bisherigen Kinohöhepunkt darstellt. Ob Shadowcat, Iceman oder Colossus, neben alten Haudegen wie Storm, Cyclops oder Jean Grey bekommen auch die jungen Wilden aus der zweiten Reihe ihre rar gesäten Minuten auf der Leinwand. Besonders der von Evan Peters herrlich frech gespielte Quicksilver könnte sich trotz anfänglicher Bedenken wegen der Optik zum Zuschauerliebling schlechthin entwickeln. Diese Menge an verheizten Schauspielern stößt jedoch spätestens dann sauer auf, wenn eine Halle Berry ihre drei sinnentleerten Sätze von sich geben darf und beim Zuschauer maximal ein Gefühl von Mitleid hinterlässt. Topschauspieler wie Patrick Stewart und Ian McKellen bekommen ebenfalls nicht die Menge an Leinwandzeit, die sie eigentlich zu stemmen im Stande wären. Die jüngeren Versionen ihrer Rollen werden dafür von James McAvoy und allen voran Michael Fassbender würdig vertreten. Und natürlich darf sich Jennifer Lawrence als Mystique vor der Kamera räkeln, um den feuchten Jungstraum zu verkörpern.

 

Filme werden fürs Kino gemacht: „Zukunft ist Vergangenheit“ funktioniert auf der großen Leinwand am besten. Dieser filmt sieht nicht nur verdammt gut aus, er kleckert auch in der Soundkulisse nicht. Der tibetanische Tempel, in dem sich die Mutanten der Zukunft verschanzt haben, sieht atemberaubend düster aus, die Kulissen der 70er Jahre samt Vietnam-Militärbasis, Pentagon und Washington wurden aufwändig, detailliert und überzeugend umgesetzt. Von den Effekten und Kampfchoreografien gar nicht erst zu reden. Der Plot fesselt, ist komplex, sollte nicht, kann aber auch ohne den Konsum der Vorgänger Spaß machen. Plump oder altbacken wirkt die Handlung nie, auch wenn die Geschichte von der Zeitreise zu den meisterzählten der Kinogeschichte gehört. Und obwohl es um die tragische Auslöschung einer ganzen Art geht, weicht die finstere Grundstimmung immer wieder passenden humoristischen Momenten. Die 136 Minuten sind perfekt gefüllt und kurzweiliger als eine Fahrt in der schnellsten Achterbahn der Welt.

 

Bryan Singer ist zurück

 

Die Verantwortlichen für den deutschen Untertitel haben ausnahmsweise einen guten Job gemacht. Die Übersetzung von „Days Of Future Past“ hätte man gegen die Wand fahren können. Und dass das an dieser Stelle nicht passiert ist, lässt sich auf die Qualität des kompletten Films übertragen. Nachdem Bryan Singer 2006 für den mittelmäßig aufgenommenen „X-Men: Der letzte Widerstand“ den Regiestuhl abgab, kehrte er für „Zukunft ist Vergangenheit“ zurück. Mit Matthew Vaughn kümmerte sich ebenfalls ein alter Bekannter mit gehörig X-Men-Erfahrung um das Drehbuch. Und diese Routine benötigt eine Mammut-Unternehmung wie X-Men. Denn was aus diesem Franchise erzählerisch herauszuholen ist, können Kinogänger, die sich eher auf das Popcorn als eine gute Story freuen, gar nicht absehen. Diese verschwommenen Grenzen zwischen Gut und Böse, dieses nicht wissen, welche Seite die richtigen Entscheidungen trifft, das ist das Futter, das die X-Men-Reihe stets liefern konnte. Es gibt nicht diesen einen schillernden Helden, der in der ganzen Nachbarschaft beliebt ist und dem offensichtlichen Bösewicht den Hintern versohlt.

 

Dass es das mit den Superheldenfilmen nicht gewesen sein wird, weiß auch der optimistischste Vertreter des Arthauskinos. Superkräfte in Kombination mit bunten Kostümen werden auch in den nächsten Jahren die Kinokassen füllen. Der Cliffhanger am Ende von „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ und die obligatorische Bonus-Szene nach dem Abspann, in welcher Apocalypse als möglicher nächster Gegner angeteasert wird, lassen das zumindest für diese Mutanten-Reihe vermuten. Sollte es in dieser Qualität weitergehen, habe ich damit überhaupt kein Problem. Captain Kirk, der einen kleinen Gastauftritt feiert, hat sich ja ebenfalls lange auf der Kinoleinwand gehalten.

 

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