220.000 Kilometer ‘til infinity: Der Abschied vom ersten eigenen Auto

manchmal ging es nicht ohne Unterstützung weiter

Das erste eigene Auto wird einem ewig in Erinnerung bleiben. Der Tag, an dem es verkauft oder verschrottet wird, womöglich noch mehr.

 

Nachdem ich im Dezember 2004 meinen Führerschein erhielt, kaufte ich mir über Vitamin B einen günstigen Opel Vectra: Weinroter Lack, 90 PS und Kassetten-Deck. Ein geiles Gefährt, das sich mit der Begrifflichkeit „Best of both worlds“ am besten beschreiben lässt. Außen Rentneroptik, innen Jugendzimmer mit Hip-Hop-Tape-Sammlung. Plötzlich war ich mobil und konnte mit minimalem Aufwand Konzerte und Freunde in ganz Deutschland besuchen. Und das DJ-Whoo-Mixtapes schepperten dabei durch die kratzigen Boxen: „Drivin‘ down the block like what else should a brother do?!“

 

 

Sechs lange Jahre fuhr ich meinen Vectra durch die unterschiedlichsten Lebensphasen: Festival-Besuche, sinnloses Rumcruisen und Blechschäden inklusive. 220.000 Kilometer ‘til infinity. Oder anders gesagt: Ich habe die Karre über die Zeit ganz schön runtergerockt. 2010 zog ich aus einem 30.000-Einwohner-Städtchen nach Stuttgart. Eine Stadt, die mit dem VVS zwar einen der teuersten Nahverkehrsverbunde Deutschlands hat, in der es sich trotzdem nicht lohnt, parallel zum Monatsticket ein Auto zu besitzen. Zumal ich als Student mit einem Einkommen, das unter dem regulären Hartz-IV-Satz lag, das wenige Geld lieber in Partys und Videospiele stecken wollte. Das Auto hatte ausgedient und war in meiner damaligen Lebenssituation so sinnvoll wie eine Mitgliedschaft beim Opelclub-Tauberkreis.

 

 

Wir alle – zumindest diejenigen, die keine fabrikneuen Fahrzeuge besitzen – kennen diese laminierten Visitenkarten, die nach einem Supermarktbesuch an den Fahrertüren stecken. Was sind das für Typen, die Interesse an betagten Autos haben? Über meinen Bruder geriet ich an ein Brüderpaar, das sich auf den Kauf von alten Gebrauchtwagen spezialisiert hat. Ein richtiges guter-Cop-/böser-Cop-Duo: „Das erste Auto eines Mannes ist schon etwas ganz Besonderes“, sagte der eine und der andere hielt dagegen: „Mit dem Kauf dieses alten Autos haben wir letztendlich die ganze Arbeit an der Backe und du bist fein raus!“

 

 

Nach einer beinharten Verhandlung, die aus einem Angebot und meiner Einwilligung bestand, ging der Schlüssel für 200 Euro an die neuen Besitzer über. Einen letzten Blick warf ich auf meinen langjährigen Wegbegleiter, der auf Festivalreisen stets mehr Bier als Benzin transportierte, und fuhr mit der nächsten S-Bahn zurück nach Stuttgart. Dort habe ich mir von dem Geld einen Six-Pack und einen Transformers-Helm gekauft. Wochen später setzte dann die Wehmut ein. Denn da hatte ich realisiert, dass ich einen wichtigen Teil meines jungen Lebens für kleines Geld verhökert habe.

 

 

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