Aggro Berlin – Die 10 besten Veröffentlichungen

 

Aggro Berlin prägte erst eine Jugend und dann die deutsche Musiklandschaft. Nachdem das HipHop-Label 2009 seine Tore schloss, war der Weg für harten deutschsprachigen Rap im Mainstream geebnet. Das sind die zehn Highlights aus acht Jahren Aggro Berlin!

 

Zwischen 2001 und 2009 beschallte Aggro Berlin die Kinderzimmer in deutschen Provinzen und lieferte damit einer wohlbehüteten Jugend den Soundtrack, um gegen Eltern, Lehrer und das eigene langweilige Leben zwischen Flatrate-Saufen und verkifften Fifa-Sessions zu rebellieren. „Arschficksong“, „Der Neger“ oder „Cordon Sport Massenmord“ waren Punk 2.0. Künstler wie sido, B-Tight, Bushdio, Fler und später Kitty Kat, Tony D und G-Hot waren vulgär, gefährlich, laut und – um es harmlos auszudrücken – politisch stets unkorrekt. Damit änderten sie nicht nur das Gesicht des deutschen HipHops, der bis dato von Mittelstandrap aus Städten wie Stuttgart und Hamburg geprägt wurde, sondern öffneten trotz aller Ecken und Kanten die Szene für den Mainstream – und das ohne sich beim Mainstream anbiedern zu müssen. Aggro Berlin mauserte sich zum erfolgreichsten Independent-Label des Landes und konnte elf Alben in den Top 10 platzieren, von denen fünf mit Goldenen Schallplatten ausgezeichnet wurden.

 

So erfolgreich Aggro Berlin in den Charts war, so prominent vertreten war das Label auch bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. 14 Veröffentlichungen wurden bis zum heutigen Tag indiziert. Sechs dieser Platten wurden als X-Versionen mit gestrichenen Inhalten und zusätzlichen Songs wiederveröffentlicht. Denn wie kann man ein Label, das auf Provokationen und Skandale setzt, besser bewerben, als mit der zweifelhaften Auszeichnung auf dem Index gelandet zu sein? Als am 1.4.2009 auf der Label-Website die Schließung der Firma angekündigt wurde, heulten auch die leicht auf, die sich bereits nach der „Aggro Ansage Nr. 3“ als Hörer verabschiedeten. Mit dem Ende von Aggro Berlin verlor die deutsche HipHop-Szene eine Institution, die auf Individualität, auf Mut und von den Plattencovern bis zu den Videos auf professionelles Auftreten setzte. Zum Andenken an ein Stück deutsche Musikgeschichte präsentiere ich die zehn denkwürdigsten Veröffentlichungen vom Label mit dem Sägeblatt.

 

B-Tight „Goldständer“

„Goldständer“ zählt nicht zu den wichtigsten Platten aus dem Oeuvre Aggro Berlins. Dennoch hat B-Tights drittes Soloalbum einiges anders gemacht. Hat man sich für die Standard Edition entschieden, bekommt man 13 Stücke mit den klassischen Battle-Rap-Inhalten. War man jedoch bereit, ein paar Euro mehr zu investieren, erhielt man in Form der Premium Edition elf weitere Lieder, die sich hauptsächlich um persönlichere Themen wie ein Leben nach dem Tod oder den falschen Umgang mit Drogen drehten.

 

Fler „AggroberlinA“

Fler war zwar schon an der Seite von Bushido auf „Carlo Cokxxx Nutten“ zu hören, bis zu dieser Single nahmen ihn jedoch viele Hörer nie als das gleichberechtigte vierte Aggro-Berlin-Mitglied wahr. Der aus heutiger Sicht völlig monotone Beathoavenz-Beat ging in Kombination mit der einprägsamen Hook gehörig ab. Gekauft habe ich die Platte während einer Klassenfahrt direkt im Downstairs-Shop.

 

V.A. „Aggro Ansage Nr. 1 DVD #1“

DVDs schlugen zwischen 2002 und 2006 in der deutschen HipHop-Szene ein wie Azad auf sido beim Hip Hop Open. Ob Beatfabrik, Beginner, Kaiserschnitt, Royal Bunker, Kool Savas, Rhymin‘ Simon oder gar das Splash! Festival – alle hatten auf einmal einen Silberling fürs Heimkino im Shop. Natürlich musste da auch Aggro Berlin mitziehen, die auf dieser DVD die Label-Geschichte bis 2004 zusammenfassten.

 

sido „Arschficksong“

Wow, provokanter hätte ein Text nicht sein können, dachte ich mir damals und hatte für Claudias Schäferhund nur noch ein müdes Lächeln übrig.

 

V.A. „Aggro Ansage Nr. 1“

Mit dieser Platte, die ich über den Mzee.com Mailorder bezog, fing für mich alles an. Wenn ich die sieben Songs aus dem Jahre 2002 heute höre, bin ich selbst erschrocken, was für asoziale Musik meine arme Mutter damals ertragen musste.

 

sido „Maske“

Direkt nach der Schule im Media Markt meiner Kleinstadt gekauft und erstmal nicht aus dem CD-Player genommen. Damals empfand ich es als Sensation, dass Olli Banjo als Feature-Gast auf dem Album vertreten war.

 

V.A. „Aggro Ansage Nr. 3“

Als sidos „WeihnachtsSong“ das erste Mal in unserer Dorfdisko lief, war auch mir klar, dass ich Aggro Berlin nicht mehr für mich alleine habe. Der dritte Teil der „Aggro Ansage“ war In meiner Wahrnehmung eine wichtige Veröffentlichung für das Label, obwohl sie gefühlt nur aus Skits, Remixen und wiederverwerteten Liedern bestand.

 

Bushido „Vom Bordstein bis zur Skyline“

Nicht nur laut der Juice eine der wichtigsten deutschsprachigen Gangsta-Rap-Platten aller Zeiten, auch für mich ist „VBbzS“ eine Wucht von Album. Die 19 Lieder, die einen am Stück konsumiert durchaus erschlagen können, bieten neben unzähligen Diffamierungen des fiktiven Gegenübers auch sozial- und gesellschaftskritische („Stupid White Man“) sowie persönliche Themen („Dreckstück“). Aus heutiger Sicht empfinde ich Bushidos Flow als viel zu monoton, um mir die 70 Minuten in der Gänze anhören zu können.

 

Royal TS „Alles ist die Sekte: Album Nr. 3“

Anfang der 2000er hörte ich Musik unterwegs noch klassisch mit Kassette und Walkman. Da passte es mir nur zu gut in den Kram, dass Aggro Berlin den letzten Royal-Bunker-Schwung mitnahm und ihre Alben sowohl auf CD als auch Tape veröffentlichte. Womöglich hätte ich mir das dritte Album von sidos und B-Tights Royal TS, die mit diesem Release zu A.i.d.S wurden, sonst nie geholt. Rumpelige Hartz-IV-Musik, die mehr Style hatte, als alles, was ich bis dato aus Deutschland kannte.

 

Sonny Black & Frank White „Carlo Cokxxx Nutten“

Wie oft ich dieses Album in meinem Sony Walkman rauf- und runtergehört habe. Ein Wunder, dass die Kassette bis heute einwandfrei läuft und weder leiert noch in einem Bandsalat endete. Womöglich sind es die düster-bedrohlichen Sample-Beats und das abwechslungsreiche Zusammenspiel von Fler und Bushido, vermutlich aber einfach nur das brutal asoziale Gelaber, das mich damals so sehr faszinierte. Keine Ahnung, mit 17 war Aggro Berlin jedenfalls voll mein Ding und diese Platte mein Favorit des Labels.

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