Doppel-Review: Kool Savas – Aura / Mac Miller – Blue Slide Park
Der Eine ist Jahrgang 92. Der Andere wurde 75 geboren. Der Eine kommt aus Pittsburgh. Der Andere aus Berlin. Der Eine veröffentlichte am 1.11. sein Debütalbum „Blue Slide Park“. Der Andere 10 Tage später sein Drittes „Aura“. Der Eine ging seinen Weg Independent. Der Andere… AUCH!
Mac Miller und Kool Savas könnten nicht unterschiedlicher sein. Trotzdem haben sie eine Sache gemeinsam. Diesen November stiegen beide in ihren jeweiligen Ländern von 0 auf 1 in die Charts ein. Und das nicht mit scheckbuchgeschwängertem Support der Major-Labels, sondern auf unabhängigen Pfaden. Mac Miller wurde von Rostrum Records begleitet, die auch Künstlern wie Wiz Khalifa oder Vali eine Heimat bieten. Savas machte alles gleich per eigenem Label Essah Entertainment klar, das bei Groove Attack – wie es im deutschen Rap-Geschäft die Regel ist – mit einem Vetriebsdeal untergebracht ist.
150.000 Einheiten setzte Malcolm McCormick, wie Mac Miller mit bürgerlichem Namen heißt, in der ersten Woche ab. In der Zweiten wurde seine Platte noch weitere 25.000-mal eingetütet. Der Pittsburgher schrieb damit Musikgeschichte. Zuletzt schafften einen derartigen Einstieg auf unabhängigen Wegen 1995 Dogg Pound mit ihrem Album „Dogg Food“. Kool Savas konnte in der ersten Woche 37.000 seiner Alben absetzen. Ebenfalls ein unglaubliches Ergebnis, das ihm dieses Jahr in seinem Genre niemand nachmachen konnte. Casper, Samy Deluxe, Bushido und sido enterten zwar alle die Pole Position, doch laut Media Control bleiben seine 37 Mille unantastbar.
Doch wie ist die eigentliche Musik geworden? Ist „Blue Slide Park“ nur ein weiteres Mixtape, das man zwischen den Neuen von Drake und Pusha T auf dem mp3-Player parkt? Ist „Aura“ ein Album, das sich in die – und das muss so hart gesagt werden – belanglose Kette von „Der beste Tag meines Lebens“ und „Tot oder lebendig“ einreiht? Nein und nein. „Blue Slide Park“ ist ein unfassbarer Grower, der von der musikalischen Qualität nicht mit den kostenlosen Mischkassetten zu vergleichen ist. „Aura“ ist mit seinen knappen 40 Minuten Spielzeit ebenfalls ein hervorragendes Werk geworden, das drei, vier richtige Knaller für die iTunes-Playliste bereithält.
Herr Müller weiß genau, wie er sein Publikum begeistern kann. Denn neben den Nike-Ultras feiern ihn mittlerweile auch die Prom-Queens seiner Stadt. „Up All Night“ ist genau der stupide Party-Song, mit dem er von der Ost- bis zur Westküste die Fete jedes Teenagers schmeißen wird. Ohrwürmer wie „Missed Calls“ oder „Diamonds And Gold“ unterstreichen das. Herr Yurderi macht es nicht besser bzw. schlechter. „Und dann kam Essah“ oder das Titelstück „Aura“ wird den Kids von Schleswig-Holstein bis in die Schweiz – wo Savas übrigens auch von der 0 auf die 1 einstieg – noch lange in den Ohren hängen bleiben. Beide vertreten dabei ein eher klassisches Soundkonzept, das tief mit der Tradition des HipHops verwurzelt ist. Poppigere Ausflüge finden zwar statt, werden aber nicht zu lange ausgedehnt und machen im Gesamtkonzept daher auch Sinn.
Nach vier gelungenen Mixtapes hat sich Mac Miller seinen Hype praktisch selbst kreiert. Seine Musik schwankt zwischen alter Schule und jugendlich exzessorientiert. Savas hingegen ist im deutschen Rap ein alter Hase, der seit 18 Jahren vegetarisch lebt und mit MOR den Battle-Rap in der Bundesrepublik salonfähig gemacht hat. Für den Einen ist der Grammy noch weit weg. Der Andere hat erst kürzlich im DasDing-Interview erklärt, dass er den Integrations-Bambi für unnötig hält. Beide haben sich relativ früh dafür entschieden, dass HipHop ihr Lebensinhalt sein soll.
Auch wenn Mac nicht mehr der Minderjährige mit den Lord-Finesse-Beats ist und Savas die ursprüngliche Bedeutung von „LMS“ zu „Last Man Standing“ abgeändert hat, sind „Blue Side Park“ und „Aura“ ihre bis dato besten Alben. Eminem-Vergleiche spare ich mir an dieser Stelle!!!
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