Das Magische Auge: Aus 2D wird 3D
Aus 2D mach 3D. „Das Magische Auge“ war Mitte der Neunziger Jahre der große Hingucker im Bücherregal. Stereoskopie sei Dank!
Stereoskopie wird ein Effekt bei 2D-Abbildungen genannt, der einen Eindruck von Tiefe erzeugt. Völlig unwissenschaftlich ausgedrückt: Ein 2D-Bild wirkt wie ein 3D-Bild. Menschen betrachten dank ihrer beiden Augen alles aus zwei Blickwinkeln, wodurch sie ein räumliches Bild ihrer Umgebung gewinnen können. Die Stereoskopie nutzt dies und bringt jeweils in das rechte und linke Auge unterschiedliche 2D-Bilder aus zwei gering abweichenden Betrachtungswinkeln. Dieses Prinzip wird beispielsweise bei 3D-Filmen genutzt, die heutzutage nicht mehr aus den Kinosälen wegzudenken sind.
Doch warum belaste ich euch im Rahmen dieses Online-Magazins, das sich sonst mit Star Trek und Batman beschäftigt, mit kläglichen Versuchen, euch physikalische Sachverhalte näherzubringen? Nun gut, beginnen wir am Anfang: Wenn ich zurück an die Neunziger Jahre denke, denke ich neben Leerlauf-Jojos, Eurodance, 2Pac und die erste PlayStation vor allem an „Das Magische Auge“. „Das Magische Auge?“, fragen sich nun die jüngeren Leser unter euch vielleicht?! 1994 erschien in Deutschland ein Buch, das sich eben diese Stereoskopie zu Nutzen machte und entfachte damit einen regelrechten Hype. Autor Tom Baccei füllte seine Bücher mit bunten Bildern, die bei bloßem Betrachten nicht mehr als wilde psychedelische Muster sind. Schielt man jedoch auf die Bilder, entsteht der im vorangegangenen Abschnitt beschriebene Effekt und aus dem 2D-Muster hebt sich ein 3D-Motiv hervor.
Baccei entdeckte nicht die Stereoskopie bzw. das für seine Bücher genutzte „single image stereogram“, er hatte einfach nur den richtigen Riecher und wurde dadurch der große Star unter den Bestseller-Autoren. Und das, obwohl seine Bücher neben den Bildern mit einer Einführung und Bedienungsanleitung nur aus zwei Seiten Text bestanden. Der Inc.-Redakteur John Grossmann fasste Bacceis Erfolg im Oktober 1994 in einem Artikel zusammen: „He’s got two Magic Eye books on the best-seller lists simultaneously – and two more in production at his nine-employee company, N.E. Thing Enterprises, in Bedford, Mass. More than 200 newspapers are running his weekly syndicated feature in their color-comics sections. He recently signed a deal with General Mills that will have cereal eaters looking for his hidden 3D images on the backs of some 20 million boxes of Honey Nut Cheerios and Apple Cinnamon Cheerios. T-shirts. Posters. Coffee mugs. Ties. Baccei’s problem is which licensing deals to turn down.”
Nach einem solchen Erfolg sah es zu Beginn der Idee jedoch noch nicht aus. 1991 versuchte Baccei die erste Version seines Buches bei einem Verleger unterzubringen, kam aber nur bei einem japanischen Anbieter für Zauberutensilien unter. 1993 hatte er in seiner nordamerikanischen Heimat mehr Glück und brachte gemeinsam mit dem Publisher Andrews & McMeel sein erstes „Das Magische Auge“ unter die Leute. Dieses Buch und die beiden Nachfolger verbrachten zusammen 73 Wochen in der New York Times Besteller List. Neben den Standardwerken veröffentlichte Tom Baccei, der 1994 bereits 50 Jahre alt war, im Laufe der Neunziger noch viele weitere Bücher. Unter anderem eines speziell mit Disney-Motiven, ein Stickerbook und ein Schulbuch. 1995 erklärte er der Daily Press noch siegessicher: “I believe we are working on the ground floor of a new art form. What art is supposed to do is engage the viewer. And what more engaging graphical form has come out in the last 20 years than these things?” Doch Bacceis Siegeszug sollte nicht ewig anhalten. “Das Magische Auge” war schlussendlich nicht mehr als ein Hype, der es nicht in die 2000er schaffte, den Herausgeber jedoch stinkreich machte.
Wer noch einmal in die Welt von „Das Magische Auge“ eintauchen möchte, kann sich entweder beinahe zum Nulltarif gebrauchte Bücher bei einschlägigen Online-Händlern bestellen oder die offizielle Website besuchen, die aussieht, als wäre sie ebenfalls in den Neunziger Jahren stehengeblieben.
Tja, hat bei mir noch nie geklappt. Ich hab eingeschränktes räumliches Sehen…
Schade. Bei mir hat’s sogar bei der Fotorecherche auf dem Laptop-Bildschirm funktioniert.
Mein Onkel hatte so ein Buch. Ich fand das früher total cool, auch wenn es fast nie geklappt hat. 😉 Aber diese kleine Herausforderung, genau richtig zu schielen, macht es um so cooler, wenn man ‚es‘ dann endlich sieht.
Hauptsache man bekommt davon keinen dauerhaften Schaden. 😉