Review: DC Universe Online
Die nahe Zukunft sieht finster aus. Lex Luthor tötet Superman und läutet damit das letzte Kapitel im Kampf zwischen Superhelden und Superschurken ein. Parallel plant Brainiac – das Riesenarschloch aus dem All – zusammen mit seinen superkräfteraubenden Exobytes die Invasion der Erde. Schade. Denn dank seiner kurzsichtigen Superman-Klopperei steht der kahlköpfige Luthor nun alleine im Kampf gegen Brainiac und Anhang im zerstörten Metropolis an der Front. Da hilft nur noch eine Reise in die Vergangenheit, um in guter alter „Terminator“-Manier die Menschen zu warnen und die Zukunft zu verändern. Doch seht selbst!
Als am 14. Januar dieses Jahres das kostenpflichtige MMORPG „DC Universe Online“ erschien, war die Freude seitens der „World of Warcraft“-verwöhnten Spielergemeinde zwar ordentlich, doch relativ schnell wanderten die virtuellen Superhelden auch wieder ab. Seit Anfang November bietet Sony Online Entertainment das Game jedoch als Free-to-Play-Version an. Gut für die Menschen, die sich anfangs von den monatlichen Abo-Gebühren abschrecken ließen und scheinbar noch besser für Sony selbst. Denn 120.000 neue Kunden interessierten sich in der ersten kostenlosen Woche für das Online-Spiel. Seit das Game auf das Umsonstprinzip umgestellt wurde, stieg der tägliche Umsatz – laut 4players.de – um gigantische 700 Prozent. Denn nun hat zwar jeder Hans und Franz den Online-Zugang zum Spiel für umme, doch gewisse Vorteile, Gegenstände und Möglichkeiten stehen einem erst dann zur Verfügung, wenn man für spezielle Dinge Geld auf den Tisch legt oder sich gleich für eine monatliche Gebühr einen Premium- oder gar Legendär-Zugang freischalten lässt.
Ich habe mir „DC Universe Online“ heruntergeladen – was dank einer stolzen Größe erst mal eine ordentliche PS3-Festplatten-Reinigung nötig machte – und munter drauflos getestet.
Auf den Straßen von Gotham City und Metropolis sieht es aus wie im Zirkus. Da schwirren mehr Freaks in bunten Kostümen rum als normal aussehende Menschen wie – vermutlich – du und ich. So stellt man sich das jedenfalls nicht vor, bevor man das erste Mal durch die Straßen der großen Comic-Metropolen gezogen ist. Doch das ist zu verkraften, denn nach einer einfachen, aber gutgemachten Charaktererstellung mit allem drum und dran (Aussehen, Superkräfte, Waffen, Mentor, etc.) und einer kurzen Erkundungstour und Eingewöhnungszeit ist man voll und ganz im Detective Comics Universum angekommen. Man möchte alles entdecken, die Helden und Bösewichte seiner Lieblingscomics sehen und Teil von spannenden Geschichten sein.
Und das Meiste davon wird dem Spieler auch geboten. So muss man zum Beispiel unter der Knechtschaft von Batman (wahlweise auch Superman, Wonder Woman, Lex Luther, Joker oder Circe) zusammen mit Batwoman gegen Scarecrow kämpfen und mit Nightwing Banes Adjutanten das Handwerk legen. Man kann aber auch im Watch-Tower vorbeischauen und Hawk- oder Power-Girl Hallo sagen, an von Flash veranstalteten Wettrennen teilnehmen oder sich von Booster Gold die Stadt zeigen lassen. Alles ist möglich und die Liebe zum Detail wird vor allem die leidenschaftlichen Comicleser begeistern. Da macht auch die Aussage von DCU-Produzent Lorin Jameson Sinn, die er in einem Interview mit gamona zu Protokoll gab: „Comic-Bücher und Graphic Novels erzählen eigentlich ziemlich klassische Geschichten auf eine Art und Weise, die anderen Medien versperrt bleibt. Gut und Böse, Ehre und Verrat, Liebe und Verlust – das alles mit wenigen Worten und lebendigen Bildern, eingefroren in den dramatischsten Momenten. DC Universe Online bedient sich dieser ausgesprochen reichen Erzählungen aus über 70 Jahren DC-Geschichte und lässt euch direkt in die Seiten hineinsteigen.“
Spielerisch ist „DC Universe Online“ ordentliche Hack’n’Slay-Kost, die auf der Unreal-3-Engine basiert. Doch stumpfes Kloppen ist nicht immer der Weg zum Triumph. Wer auf eine Gruppe Venom-vergifteter Straßenschläger zustürmt und glaubt als Sieger aus dem Kampf zu gehen, wird wohl des Öfteren einsehen müssen, dass das die falsche Taktik war. Stattdessen macht es häufig auch mal Sinn Distanz zu wahren und Superkräfte oder Gadgets einzusetzen. Die Möglichkeiten einen einigermaßen individuellen Kampfstil zu entwickeln werden auf jeden Fall geboten.
Die Warteschlangenzeiten, die man hinter sich bringen muss, bevor man in das Spiel eingeloggt wird, schwanken in der kostenlosen Standardversion zwischen 30 Sekunden und 30 Minuten. Auch Tonprobleme machten mir während meiner Testspiele zwar sehr selten, aber trotzdem zu schaffen. Das sind alles Punkte, die vor dem Hintergrund, dass die Action ja umsonst ist, nicht unbedingt ganz oben auf der Liste der Abstriche einzuordnen sind. Ansprechen muss man sie dennoch.
Sascha Sharma schrieb in seiner Review für gameswelt.de: „Die vereinten Superkräfte von Batman, Superman, Wonder Woman und Flash reichen leider nicht aus, um in der obersten Liga der Online-Rollenspiele mitzumischen.“ Ich persönlich empfinde das Spiel nach gut zwanzig Spielstunden als spaßig, aber auch nicht als süchtig machenden Zeiträuber, der immer wieder gezockt werden muss. Und das sage ich als videospielender Comicleser, der sich für die Welt der DC-Superhelden durchaus begeistern kann, und nicht als Videospieler, der auf der Suche nach einer Alternative für WoW oder andere MMORPGs ist.
„DC Universe Online“ macht definitiv Laune. Doch ob man die sowieso knappe Zeit, die man fürs Zocken übrig hat, unbedingt für dieses Spiel „opfert“, ist eine andere Frage. Denn eine Runde „Battlefield 3“ ist zwar etwas ganz anderes, macht online aber nicht unbedingt weniger Spaß als diese Comicbuch-Spielumsetzung.
„DC Universe Online“ erschien für den PC und die Playstation 3 und kann auf den entsprechenden Seiten und Plattformen kostenlos heruntergeladen und gespielt werden.
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