Der Dinosaurier-Hype in den 90er Jahren
1993 kam Steven Spielbergs „Jurassic Park“ in die Kinos und löste einen Dinosaurier-Hype aus, der bis heute seinesgleichen sucht. Auch ich – mit meinen damals acht Jahren – konnte mich dem Charme der Riesenechsen nicht verwehren.
Vor Millionen von Jahren in Baumharz eingeschlossene Stechmücken werden als Fossilien wiederentdeckt und auf eingesaugtes Dinosaurierblut geprüft. Die dadurch gewonnene DNA der furchteinflößenden Monsterwesen wird anschließend genutzt, um diese für einen gigantischen Zoo zurück auf den Erdball zu bringen. Die Geschichte von „Jurassic Park“ ist so spannend wie dämlich: Die Frage „Geht das auch in echt?“ drängte sich bei abenteuerdürstenden Grundschülern, wie ich einer war, selbstverständlich im Nu auf. Ob echt oder nicht, Steven Spielberg inszenierte die Dinosaurier dermaßen atemberaubend wie kein Filmemacher vor ihm und schaffte einen Hype um die gewaltigen Eidechsen, der weit über die Grenzen seines Films hinausging. Und ganz nebenbei etablierte er die türklinkenbedienenden Velociraptoren als die wohl cleversten Bad Asses, die ihre Masterabschlüsse in Molekularphysik mit links machen würden. Der Journalist Ernst Probst erkannte daher völlig zu recht: „Dinosaurier erbrachten den Beweis: Selbst mit kleinem Hirn bringt man es erstaunlich weit.“
Doch der Dinosaurier-Hype, der Mitte der 90er auf dem Zenit angekommen war, verschwand nicht wieder in der Versenkung, sondern wurde 1997 auch mit dem Nachfolger „Vergessene Welt“ fortgeführt. Dazwischen erblickten auf die Welle aufspringende Mittelmaß- und Trashfilme wie „Dino Kids“ (1993), „Carnosaurus“ (1993), „Die Insel der Riesen-Dinosaurier“ (1994), ein Familie-Feuerstein-Film (1994) oder „Theodore Rex“ (1995) das Licht der Welt. Dinosaurier waren im Jahrzehnt des Tekkknos der heiße Scheiß, der gemolken werden musste. Auch auf dem heimischen Fernsehbildschirm kam man nicht am T-Rex und seinen Kollegen vorbei. Neue Serien wie „Die Dinos“, „Barney und seine Freunde“ oder „Die verlorene Welt“ wurden produziert, alte wie das heute unschaubare „Im Land der Saurier“, „Diplodo“, „Die Astro-Dinos“ oder „Dino-Riders“ wieder ausgegraben.
Aber nicht nur Film und Fernsehen wurden mit mal besser, mal schlechter animierten Dinosauriern überflutet, auch unsere Kinderzimmer waren nicht vor Plastikspielzeug in echsenform sicher. Dutzende Dinofiguren füllten beispielsweise meine Spielzeugkisten und auch auf T-Shirts, Pullovern oder dem legendären Scout-Ranzen machten sich die wohl sympathischsten Monster der Weltgeschichte breit. Plötzlich sprießen Dinosaurier-Wanderaustellungen, die mit hydraulisch in Bewegung gesetzten Einszueins-Modellen protzten, aus dem Boden, Naturkundemuseen erlebten einen Zuschaueransturm wie sonst nur Freizeitparks, der Tessloff Verlag setzte ihren Was-ist-was-Band „Dinosaurier“ noch einmal frisch auf und die Videospielindustrie platzierte das „Jurassic Park“-Game, aber auch Spiele wie „Primal Rage“ (1994) oder „Turok“ (1997) in den Elektronikmarktregalen. Die Dinomania breitete sich aus wie die Grippe und kein Kind der 90er blieb verschont.
Wenn ich einen Blick durch meine Wohnung streifen lasse, muss ich jedoch feststellen, dass es zwar die Superhelden und Raumschiffe in mein erwachsenes Leben geschafft haben, die Dinosaurier ließ ich aber in verstaubten Kisten im Keller zurück. Dafür war meine Leidenschaft als Kind vielleicht doch zu oberflächlich und der Hype dank „Jurassic Park“ zu konstruiert. Geil waren Dinosaurier trotzdem irgendwie… und sind sie heute auch noch ein bisschen: Zumindest wenn sie von Zombies beritten durch eine dystopische Welt stampfen. Oder so ähnlich.
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