Die 90er und ihre Filmsampler
Als ich Mitte der 90er Jahre mit dem Hören und Sammeln von Musik begann, waren Film-Soundtracks mein Nadelöhr in die ernsthaften Klänge. Denn dank den ‘N Syncs, DJ Bobos und Backstreet Boys dieser Welt, lief in meiner Hifi-Anlage zu den Kindertagen von Viva sonst noch nicht viel Gutes. Die 90er und ihre Filmsampler: Eine Hommage an die großen Blockbuster-Soundtracks in vier Abschnitten.
Batman Forever war zwar nicht – wie sein Nachfolger „Batman & Robin“ – das „Batman hält die Welt in Atem“ unserer Zeit, doch der Regiewechsel nach den beiden grandiosen Tim-Burton-Vorgängern zu Joel Schumacher hat dem Superhelden nicht wirklich gut getan und gipfelte schlussendlich in Kostümen mit Brustwarzennippeln. Die späteren Glanztaten eines Christopher Nolan lagen Mitte der Neunziger noch in sehr weiter Ferne. Der Soundtrack von „Batman Forever“ machte es dagegen deutlich besser als seine filmische Grundlage und konnte neben stargeschwängerten Beiträgen von Brandy, Massiv Attack, Nick Cave, The Offspring, Michael Hutchence und The Flaming Lips auch mit dem vielleicht besten U2-Song aller Zeiten – „Hold Me, Thrill Me, Kiss Me, Kill Me“ – aufwarten. Darüber hinaus schuf Method Man mit „The Riddler“ eine der coolsten Schurken-Hymnen der Saison und Seal platzierte mit „Kiss From A Rose“ eines seiner erfolgreichsten Stücke überhaupt auf dem Sampler. Letzterer heimste dafür sogar einen Grammy ein und ließ sich von Joel Schuhmacher höchstpersönlich ein Musikvideo dazu drehen.
Die Aufregung hätte 1999 unter blockbusterliebenden Kinobesuchern nicht größer sein können. Bullet-Time-Effekte, Motion-Capture-Verfahren und Farbfilter machten Matrix optisch bis dato zu einem der krassesten Filmerlebnisse überhaupt. Dazu eine Handlung, die mit ihrer unfassbar epischen Tragweite irgendwie alle – vom Science-Fiction-Nerd bis zum Akte-X-Fanatiker – ansprach. Der dazugehörige Soundtrack lieferte die passende Musik, um bewaffnet mit Discman (90er und so!!!) in den Kampf gegen die KI-Gegner zu ziehen. Marilyn Manson gibt in seinen damals großen Heydays mit „Rock Is Dead“ auf die Fresse, wird dabei von den Industrial-Metallern Ministry und ihrem Radau-Ohrenschmaus „Bad Blood“ unterstützt und gibt den Ball am Ende sogar an den erfolgreichen Deutschlandexport Rammstein und ihren Wortspiel-Song „Du hast“ ab. Die Liste der prominenten Teilnehmer ist länger als ein Sommertag im Juni und hat mit Rage Against The Machine, Deftones, Rob Zombie, The Prodigy oder Monster Magnet genau die Gruppen am Start, die die Bravo Hits ganz bestimmt nicht gewollt hätte.
Und wo wir im vorangegangenen Abschnitt schon „Akte X“ erwähnt haben: Die Mystery-Serie rund um die FBI-Agenten Fox Mulder und Dana Scully gehörte in den 90ern zum heißesten Scheiß seit Anglizismen wortwörtlich ins Deutsche übersetzt werden. Was zu diesem Zeitpunkt schon mit TV-Shows wie „Star Trek: The Next Generation“ klappte, konnte selbstverständlich auch nicht für „The X-Files“ schlecht sein. Denkste. Die Idee war gut, doch die Welt noch nicht dafür bereit! Denn Akte X – Der Film kam 1998 in die Kinos und überzeugte nur mittelmäßig, spülte aber – und das ist das Gute im Schlechten – einen hervorragenden Soundtrack in die Plattenläden. Bestückt mit Titelmelodie-Remixen von Mike Oldfield und den Dust Brothers, durften und wollten auch so namhafte Musikanten wie Noel Gallagher, The Cure, Sting (nicht der Wrestler!!!), Filter, die Cardigans, Björk, Ween und die Foo Fighters ran. Als kleines Schmankerl kommt Serienschöpfer Chris Carter am Ende des Soundtracks in Form eines Hidden Tracks sogar selbst zu Wort. Darin erklärt er noch einmal ausführlich den Handlungsbogen der TV-Serie und wie er nun im Film gipfelte.
In einer Zeit, in der mich die Titelmelodien von „MacGyver“ oder dem „A-Team“ dermaßen gepackt hatten, konnte selbstverständlich auch nicht das Thema von Mission: Impossible spurlos an meinen Ohren vorbeischwingen. Zwar habe ich als Kind nicht einmal ansatzweise den Plot rund um Ethan Hunt und die CIA-Verschwörung verstanden, der Soundtrack schaffte es an meinem zehnten Geburtstag trotzdem auf den ansonsten mit Lego und Actionfiguren gedeckten Gabentisch. Die restliche Musik auf dem Sampler hat mich damals recht wenig interessiert. Wer waren in meinen Kinderohren schon Björk, Skunk Anansie, Massive Attack oder die Cranberries?! Nicht einmal die drei atmosphärischen Instrumental-Stücke von Danny Elfman konnten mich für den OST begeistern. Aber wie auch? Die Mission einem Zehnjährigen gute Musik näherzubringen, ist ja so gut wie unmöglich (haha, got it?).
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