Review: DmC – Devil May Cry
Dante ist zurück. Diesmal als rotzfrecher Emo-Punk mit einem riesigen Arsenal an Flüchen, einer Vorliebe für Matratzensport und einem Haarschnitt, der auch deinem kleinen frühreifen Bruder stehen würde.
Als Ende 2001 das erste „Devil May Cry“ erschien, startete der japanische Videospielhersteller Capcom nicht weniger als eine Serie, die bis dato in ihrer Spielmechanik und coolen Düsteroptik einmalig war. Über vier Millionen Einheiten setzte der erste Teil des Spiels weltweit ab und wurde so recht schnell zu einem der Highlights auf der damals noch jungen PlayStation 2. Seitdem sind viele Jahre ins Land gezogen. Hack’n’Slay können mittlerweile auch andere Spiele in Perfektion, Dämonen gehören zur Standardausstattung jedes zweiten Action-Games und glatzköpfige Muskelprotze kommen bei den Kids besser an als weißhaarige Mantelträger.
Neue Wege in alten Schuhen laufen
Dann kam 2008 die nun mehr vierte Ausgabe der DMC-Reihe in die Läden und Teilen der Spielergemeinschaft wurde eines relativ schnell klar: „Devil May Cry 4“ ist super, doch auch ein „Supernatural“ war handwerklich stets gutgemacht, ab der sechsten Staffel aber nur noch mittelmäßig interessant. Langjährige Freunde der Games-Serie sprangen langsam ab und neue wurden mit dem Konzept nicht mehr angelockt. Capcom musste für frischen Wind im Franchise sorgen und gab das Spiel an das englische Entwicklerstudio Ninja Theory ab, die schon in der Vergangenheit mit Hits wie „Enslaved“ oder „Heavenly Sword“ kleinere bis größere Achtungserfolge feierten.
Christian Svensson, Capcom Vice President of Strategy Planning & Business Development, ging im Oktober 2010 im Interview mit IGN auf die ersten Ideen ein, die von Ninja Theory kamen: „The original concepts that came back for Dante were actually extremely close to the Dante everyone knows and loves. The feedback that came back from Keiji Inafune and Hideaki Itsuno was, ‘No guys, this needs to be completely different, we need you to go much further and be much more creative.’” Wer das neue “DmC” aufmerksam spielt, wird die Anspielungen auf die Originalspiele und ihren Protagonisten erkennen. Ninja Theory ging mit der Vorlage sorgsam um. Neue Wege in alten Schuhen bestreiten. Spieleproduzent und Mitarbeiter bei Ninja Theory, Alex Jones, erklärte VG247 im Gespräch entsprechend abgeklärt: „Es wird immer Leute geben, die den neuen Dante sehen und die Änderungen ablehnen und das ist okay. Wir verstehen das, ich verstehe das – dass die Fans ihre Leidenschaft in die Debatte stecken und das ist keine schlechte Sache.“
Story von Dredd-Autor Alex Garland
“DmC“ spielt thematisch vor dem ersten „Devil May Cry“ von 2001. Dante lernt seinen Bruder Vergil kennen und taucht – animiert durch dieses Wiedersehen – ganz tief in die eigene Familiengeschichte ein. Bereichert durch das neue Wissen über seine Eltern und Herkunft, kämpft das wiedervereinte Geschwisterpaar gegen Mundus, den Mörder ihres Vaters Sparda, der ganz nebenbei Oberdämon und inoffizieller Bürgermeister von Limbo City, dem Ort des Spielgeschehens, ist. Coming-Off für die ganz Harten. Eine simple, aber von Alex Garland (u.a. „28 Days Later“, „Sunshine“ und „Dredd“) spannend erzählte Story, die keine Minute langweilt, da sie – statt auf zig Figuren zu setzen – lediglich vier bis fünf Charakteren Raum gibt, um sich entsprechend angemessen zu entwickeln.
Grafisch macht „DmC“ – zumindest in der von mir getesteten PS3-Fassung – einen ordentlichen Eindruck. Basierend auf der Unreal Engine 3 überzeugt das Spiel durch schicke Licht- und Schattenspiele, aufwändige Level-Designs und recht detaillierte Figuren. Ab und an bauen sich die Hintergründe zwar zu plötzlich auf (ähnlich wie man es auch in „Enslaved“ gesehen hat) und nerviges Ruckeln nimmt manchmal überhand, doch alles in allem braucht sich diese Grafik auf einer sechs Jahre alten Konsole nicht zu verstecken.
Ein im englischsprachigen Original hervorstechendes Merkmal wurde für den deutschen Markt zu einem echten Schwachpunkt gemacht. Die Synchronisation funktioniert auf Englisch super und ist meistens einfach nur saucool. Auf Deutsch wirken die Dialoge und eigentlich knackigen One-Liner des Protagonisten Dante eher etwas hölzern. Teilweise bekommt man sogar Anfälle von Fremdscham.
Herzstück des Spiels: Das Kampfsystem
Das Kampfsystem bietet für Kenner des Hack’n’Slay-Genres keine Überraschungen. Unter Spielern werden zwar Stimmen lauter, die die Komplexität des direkten Vorgängers vermissen, irre Kampfchoreografien, die man erst am Ende des Spieles so richtig beherrscht, lassen sich aber nach wie vor ausführen. Jede Fetzerei endet darüber hinaus mit einer coolen Nahanimation, wie man sie beispielsweise aus den beiden Arkham-Spielen kennt. Dantes Waffenkammer besteht aus den üblichen Pistolen und Schwertern, wird dabei aber durch unterschiedliches Kriegswerkzeug ergänzt, das in den neuen Engels- oder Teufelsmodi angewählt werden kann. Einziger Kritikpunkt wäre das vielleicht etwas unübersichtliche Upgrade-Menü, wobei es diesbezüglich sicherlich unterschiedliche Meinungen geben wird. Ranglisten und viele verschiedene Schwierigkeitsstufen halten die Motivation auch noch nach dem ersten Spieldurchgang oben.
Dante lässt sich angenehm durch die abwechslungsreich und bunt gestalteten Levels steuern. Der knüppelharte Soundtrack von Noisia und Combichrist prügelt dabei dermaßen brachial durch die Boxen, dass sich die Kämpfe noch intensiver anfühlen. Wort- und Bildsprache sind explizit und Endbosse, die den Namen auch wirklich verdienen, runden das Erlebnis „DmC“ ab. Die Fachpresse ist sich einig und gibt dem Spiel durchweg positive Kritiken. „Ich weiß, manche tun sich mit der Neuauflage und dem neuen Dante schwer. Aber nach allem, was ich inzwischen über die Serie erfahren habe, hat Ninja Theory das Erbe sehr wohl ernst genommen.“, schrieb Martin Eiser von Gamereactor und wurde dabei von seinem Kollege Alexander Bohn auf eurogamer.de unterstützt: „Es ist ein zu weiten Teilen verdammt aufregendes und blendend aussehendes Spiel, das seinen Platz genau kennt und weiß, was es sein will.“
“DmC – Devil May Cry“ ist der hervorragende Reboot einer Serie, die jeder kennt, irgendwann aber langweilig und nun mit frischem Wind wiederbelebt wurde. Wenn alle Neuauflagen so aussehen, können wir uns schon auf „Tomb Raider“ Anfang März freuen.
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