Donots & Turbostaat auf dem ZMF: Geflasht von Erdmännchen
3.7.2015 - Freiburg, ZMF
Für mich begann das Zelt-Musik-Festival in Freiburg am 3. Juli mit den Donots und Turbostaat. Nicht nur wegen des heißesten Wochenendes des bisherigen Jahres war die Stimmung am Siedepunkt, vor allem die fantastischen Konzerte trugen zur Explosion des Thermometers bei.
„Beim 33. ZMF bricht in Freiburg wieder die schönste, nämlich die ‚5. Jahreszeit‘ an“, schreibt Festivalgründer Alexander Heisler im Vorwort des Programmheftes. Das Zelt-Musik-Festival ist seit mehreren Dekaden eine waschechte Institution in Freiburg und lockt vom 1. bis zum 19. Juli wieder tausende Menschen an, die neben hochkarätigen Pop- und klassischen Musikern ein Rahmenprogramm genießen, das Kunst, Kultur, Comedy, Regionalität und Naturverbundenheit zusammenbringt. Im großen Zirkuszelt und im kleinen Spiegelzelt spielen im Laufe der knapp drei Wochen namhafte Musiker wie Revolverheld, Andreas Bourani, die Orsons oder Joan Baez, Nachwuchskünstler können auf einer der kleinen Bühnen ihr Können präsentieren, in Clubnächten tanzen die Besucher bis die Sonne wieder aufgeht und sportliche Turniere und Aktionen bringen die Körper in Bewegung – kurzum: Das ZMF bietet auf dem Festivalgelände am Mundenhof ein dermaßen reichhaltiges Programm, dass für so ziemlich jeden von groß bis klein etwas dabei ist.
So auch für Freunde der deutschsprachigen Rockmusik. Denn die Flensburger von Turbostaat und die Donots, welche mittlerweile ihr erstes rein deutschsprachiges Album veröffentlicht haben, standen am 3. Juli auf der Bühne des von der Sommerhitze aufgewärmten Zirkuszeltes. Den perfekten Anfang machte dabei Turbostaat, denn das mit den melancholischen Kampfansagen, die ihre Hörer durch die nächste Welle von Alltagsdepressionen und unerträglicher Sehnsucht tragen, können die Punks aus dem hohen Norden. Jedes „Urlaub auf Fuhferden“ oder „Insel“ ist besser als alle Medikamente dieser Welt. Dass das Liedgut der Band live dermaßen professionell, sauber und vor allem wuchtig dargeboten wird, ist eine echte Wohltat für die Ohren. So genossen die Zuschauer beim ZMF 2015 eine hervorragende Show, die von der unfassbar sympathischen Band um Kopf Jan Windmeier mit sichtlicher Freude abgefeuert wurde.
Dass die Donots zu einer der am härtesten arbeitenden Rockbands dieses Landes gehören, ist nicht wirklich ein Geheimnis. Wenn man die sympathischen Ibbenbürener dann aber das erste Mal live sieht, ist man von der Energie und Spielfreude dennoch völlig geplättet. Entsprechend aufgedreht stürmte Sänger Ingo Knollmann auf die Bühne des großen Zirkuszeltes, um seinem Publikum zu zeigen, dass er den gleichen Einsatz nun auch von ihnen verlange. Diese energische Hingabe wirkte, denn das zu Dreiviertel gefüllte Zelt ging von der ersten Minute ab wie eine Armee von Duracell-Häschen. Zu „Wake The Dogs“, „We’re Not Gonna Take It“, „Stop The Clocks“, dem Ramones-Cover „Pet Sementary“ und der halben Tracklist des dieses Jahr erschienenen „Karacho“-Albums wurde Schweiß vergossen wie sonst nur nach dem finalen Aufguss in der Sauna. Die Zuschauer sprangen, sangen und reagierten frenetisch auf die Animationsgebärden des Sängers.
Auch wenn die Donots laut eigener Aussage noch vom Betrachten des Erdmännchengeheges im Mundenhof geflasht waren, ließen die fünf Westfalen keinen Takt Konzentration vermissen. Sie waren da, um nur für diesen Abend zu leben. Als hätte es all die Touren um die Welt nicht gegeben und das hier wäre ihre einzige Chance, die zukünftige Zielgruppe von sich zu überzeugen. Entsprechend suchte Frontmann Ingo das Bad in der Menge. Das große Highlight war aber das Finale, für das die Donots – einer spontanen Eingebung folgend – die Zuschauer baten, sich auf der Tribüne des Zeltes einzufinden, um gemeinsam eine Art „Abiabschlussfoto“ zu schießen. Belohnt wurde das Mitspielen der Fans durch zwei weitere akustische Stücke, die der Sänger mit seinem Bruder Guido Knollmann darbot. Wer die Donots an diesem Abend das erste Mal sah, wird die Band sofort in sein Herz geschlossen haben. Bei all den Konzerten, die man über das Jahr verteilt sieht, stumpft man schnell ab, hier war ich aber wieder der kleine Junge, der sich von den Rockstars anstecken ließ. Eine großartige Show.
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