Doppel-Review: Chappie / Die Trauzeugen AG
Zwei Filme, die unterschiedlicher nicht sein könnten: In „Chappie“ gibt Neil Blomkamp einem Polizeiroboter ein Bewusstsein und in „Die Trauzeugen AG“ gibt Kevin Hart einem einsamen Bräutigam eine Freundschaft.
Mit „District 9“ lieferte er 2009 den Überraschungshit des Jahres ab, stieg bereits mit seinem zweiten Kinofilm „Elysium“ in Blockbuster-Gefilde auf und darf in naher Zukunft das Alien aller Aliens in den fünften Serienteil schicken: Neil Blomkamp. Aktuell probiert sich der 35jährige Südafrikaner mit „Chappie“ an einem Science-Fiction-Film aus, der Herz, Action, Optik und Tiefe zugleich haben möchte. Zwei der vier aufgezählten Punkte hakt der Streifen mit Leichtigkeit ab, die andere Hälfte wird ihm zum Verhängnis.
Chappie ist ein Polizeiroboter in Johannesburg, der dank eines neuen High-Tech-Chips ein eigenes Bewusstsein entwickelt. Aus der eigentlich gesteuerten Maschine entspringt ein KI-Lebewesen, das Freundschaft, Liebe und Kunst für sich entdeckt. Dieser Plot gibt genügend Stoff her, um ungewöhnliche Geschichten mit ganz neuer Tiefe zu erzählen. Leider beschränkt sich Neil Blomkamp darauf, Lacher, Mitleid und Freude per Holzhammer zu erzeugen. Denn wenn Chappie wimmert, dass er nicht sterben möchte oder er zum hundertsten Mal den peinlich überspielten Gangster mimt, fühlt man sich ob des Tränendrüsengehämmers und der Flachhumorigkeit fast schon beleidigt. Der eine oder andere Logikfehler wie das Steuern der Moose-Einheit per Hand, obwohl diese doch durch Gehirnaktivität bewegt werden soll, schmälern selbst dem wohlwollensten Zuschauer das Kinovergnügen.
Doch der Film ist beileibe keine Vollkatastrophe: Die Protagonisten sind durch die Bank großartig. Sei es Hugh Jackman als shortstragender Redneck, die charismatische HipHop-Gruppe Die Antwoord rund um Ninja und Yolandi Visser oder Dev Patel als sympathischer IT-Spezialist, der für sein „Kind“ Verantwortung übernehmen möchte – Charaktere, die im Kopf bleiben, weiß „Chappie“ zu erschaffen. Selbst Johannesburg nimmt eine ganz eigene Rolle ein und bietet den perfekt inszenierten Ort, an dem wirklich cool designte Roboter Fressen polieren, Popkulturreferenzen im Minutentakt zitiert werden und ein poppig-dreckiger Soundtrack durch die Boxen ballert. Am Ende kommt einem „Chappie“ wie die brutale Version von „Nummer 5 lebt!“ vor, die auf philosophische Fragen gänzlich verzichtet und stattdessen ordentlich Punk sein möchte. Wenn man von Anfang an nicht zu viel erwartet, wird man gut unterhalten.
Sind wir doch mal ehrlich: Seichte Unterhaltung, die weder herausfordern noch anecken möchte, ist überflüssiger als US-Remakes von ausländischen Erfolgsfilmen. Denn Kinounterhaltung, die keinem weh tut, ist in der Regel schlimmer als jene, die den Kinosaal spaltet. Auf den ersten Trailer-Blick ist „Die Trauzeugen AG“ genau so ein Film. Die harmlose Story rund um den Bräutigam, der sich dank akutem Freundemangel einen Trauzeugen mieten muss und sich daraus die größte Freundschaft seines Lebens entwickelt, ist genau die überraschungsarme Prämisse, die ein vermeintlich anspruchsloses Publikum in die Lichtspielhäuser lockt. Eben für die Zielgruppe „Sonntagnachmittagskomödie auf Pro Sieben“ gemacht. Doch ganz so schlimm ist „The Wedding Ringer“, wie der Film im Original heißt, zum Glück nicht.
Der Schauspielstab kann sich sehen lassen: Kevin Hart – Chris Tucker in sympathisch – spielt den coolen Trauzeugen, der unbeliebten Bräutigamen bei der Hochzeit den entscheidenden Coolness-Faktor verleiht. Eben dieser Bräutigam wird von Josh Gad gemimt und mit Big Bang Theorys Kaley Cuoco-Sweeting vermählt, die die eindimensionale Mistkuh par excellence gibt. Alles super, unpeinlich und wirklich nett anzusehen. Die Gags über die in dieser Komödie gelacht werden sollen, sind keine Streiche eines Loriots und beschränken sich entsprechend auf plumpe Situationskomik. In einem Film dieses Genres hätte es aber durchaus schlimmer ausfallen können. Ein Film für Menschen, die „I Gotta Feelin‘“ von den Black Eyed Peas hören können, ohne ruckzuck im Strahl kotzen zu müssen.
Schlimmer als beim Justin-Bieber-Roast teilzunehmen, war das hier für Kevin Hart bestimmt nicht. „Die Trauzeugen AG“ ist simples Berieselnlassen, das so nun wirklich nicht die Neuerfindung des Rades, jedoch im Originalton und mit dem einen oder anderen Bierchen intus ein zu ertragendes Guilty Pleasure ist.
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