Review: Timur Vermes – Er ist wieder da

Was wäre, wenn Adolf Hitler von heute auf morgen zurückkäme? Journalist Timur Vermes hat diesen Gedankengang in seinem ersten Roman auf das Ausführlichste ausgelotet und eine Politsatire verfasst, die manchmal wehtut, meistens aber zum Schreien komisch ist: „Er ist wieder da“.

 

Adolf Hitler erwacht 66 Jahre nach seinem vermeintlichen Selbstmord in Berlin-Mitte zum Leben. Obdachlos und ohne jegliche Unterstützer von damals macht er sich auf, um seine politische Karriere wieder ins Rollen zu bringen. Doch Hitler landet nicht im Reichstag, sondern beim Fernsehen und seinen dümmlichen Comedy-Shows. Er trifft in diesem für ihn neuen Berlin auf in Jahrzehnten gefestigte Demokratie, türkischstämmige Reinigungsbesitzer, Switch-Reloaded-Zuschauer, N24-Dokumentationen über das Dritte Reich und die BILD-Zeitung.

 

Adolf Hitler wird in „Er ist wieder da“ als Witzfigur entlarvt. Als unfreiwilliger Komiker, von dem man – aus heutiger Sicht – einfach nicht glauben kann, dass er Deutschland jemals beherrscht hat. Hitler denkt, die Anderen wüssten, wer er ist. Die Anderen glauben, Hitler wäre nur die Rolle eines Schauspielers. Verwechslungskomödie paart sich mit Politsatire und Zeitreisegeschichte. Hitler wird zu einem Popstar hochstilisiert, durch dessen Darstellung beim Leser eine Rückbesinnung auf die erfreulichen Erscheinungen der letzten 60 Jahre europäischer Geschichte initiiert wird. 2013 Europäer zu sein, ist womöglich immer noch das Beste, was einem zustoßen kann.

 

“Er ist wieder da“ hat viele humorvolle Momente. Es ist zum Schießen, wenn Hitler Beziehungstipps gibt, das Internet für sich entdeckt (wieso ist a.hitler@gmx.de nicht zulässig???) oder auf Vertreter der NPD trifft. Gerade bei Letzterem erwischt man sich, wie man diesen Hitler anfängt zu mögen und ihm am liebsten beipflichten würde, wenn er die „Politik“ der NPD-Schwachmaten auseinander nimmt und mit den Worten „Ein Haufen Waschlappen. Ein anständiger Deutscher hat hier nichts zu suchen.“ kommentiert. Man könnte beinahe vergessen, dass die irre Ideologie der NSDAP keinen Deut besser war. Und genau das ist der Reiz dieses Romans. Aus der Sicht Hitlers geschrieben, kommt man nicht umhin, sich in diese Figur hineinzuversetzen. Als Leser möchte man das ja aber eigentlich gar nicht. Nein, Hitler ist der Feind. Der schlimmste Mensch, der jemals gelebt hat. Man verschlingt Seite für Seite, denn die Hoffnung, dass sich dieser Hitler im Laufe des Buches alle aufkommenden Sympathien verspielt, hält einen bei der Stange. Den Zeigefinger muss der Leser am Ende trotzdem selbst heben. Der Autor übernimmt diese Aufgabe nicht.

 

Doch „Er ist wieder da“ ist vielmehr als nur eine Persiflage auf Hitler und die Ideologie der NSDAP. Das knapp 400 Seiten starke Buch beleuchtet das Verhältnis zwischen einflussreichen Medienbetrieben und ihren prominenten „Opfern“. Hitler kontert auf Hiebe reißerischer Tageszeitungen, indem er anpassungsfähig wie ein Chamäleon auf alle Umstände, Anfeindungen und Situationen reagiert. Souverän und von sich und seiner Sache überzeugt. Und wenn A zu dem H dann seinen jungen Agenturgehilfen, Herrn Sawatzki, in den Himmel lobt und dieser sichtlich erfreut strahlt, hat Vermes womöglich genau die Atmosphäre beschrieben, auf Grund der 1933 eben das passiert ist, was passiert ist.

 

Dieses Buch ist ein wahres Highlight unter den Unterhaltungsromanen. Von Seite 1 bis 396 fesselnd. “Er ist wieder da“ erschien 2012 beim Eichborn Verlag. Das Hörbuch, gesprochen von Christoph Maria Herbst, ist ebenfalls erhältlich.

 

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