Mit den Eltern auf einem Rap-Konzert: Fard zu Gast in Stuttgart
7.3.2013 - Stuttgart, Cue Club
Wie sich dieser Farhad Nazarinejad wohl fühlen muss?! Erste Erfolge in deutschlandweiten Freestyle-Battles, dann Platz 66 mit dem Debütalbum, schon ein Jahr später mit „Invictus“ Position 11 und nun – nach Jahren harter Arbeit – beinahe an der Spitze angekommen. Am heutigen Freitag ist Fard mit seinem dritten Solowerk „Bellum et Pax“ auf Platz 2 der deutschen Albumcharts eingestiegen. Gestern feierte der sympathische Iraner diesen wohl größten Erfolg seiner bisherigen Karriere im Stuttgarter Club Cue.
Und die Stuttgarter Fans kamen zuhauf. Punkt 18:30 Uhr stand eine Schlange vor dem Cue, die man so höchstens von den Fahrtkartenverkaufsstellen am Monatsende kennt. Das Publikum war ein bunter Querschnitt durch die deutsche Jugend. Da freuten sich die kleinen Klassensprecherinnen vom Gymnasium ebenso auf Fard, wie auch die hiphophörenden Rucksackträger und die Kids mit Migrationshintergrund. Etwas, das viele – neben der Vorliebe für F. Nazizi – einte, war die noch nicht erreichte Volljährigkeit. Einzelne Besucher wurden vom benzfahrenden Papa direkt vor dem Cue abgesetzt. Besonders engagierte Familienoberhäupter begleiteten ihre Sprösslinge sogar und warteten im hinteren Bereich des Clubs auf ihren Nachwuchs. Eigentlich ziemlich cool.
Entsprechend gering war das Gedränge an der Bar. Aber wozu auch ein Bier oder einen Cocktail in die Luft halten, wenn man das Konzert stattdessen mit der Handykamera filmen kann. Überhaupt: Möchte man dem Treiben auf der gestrigen Fard-Show Glauben schenken, dann scheint das in die Höhe gereckte Mobiltelefon die klassische HipHop-Armbewegung ersetzt zu haben. Die Vorgruppen wurden jedoch noch nicht vom dokumentarischen Eifer der Fard-Fans beglückt und mussten mit einem gewissen Desinteresse und vereinzelten „Wir wollen Fard“-Sprechchören kämpfen.
Um halb neun betrat eben dieser – gekleidet in schwarzer Adidas-Trainingsjacke und Schildmütze – dann endlich die Bühne. Die Crowd war von der ersten Sekunde an bei ihm. Sang Texte mit, die selbst Fard – was er auch ehrlich zugab –nicht zu hundert Prozent beherrschte, kreischte um die Wette und schrie vereinzelt Liebesbekundungen Richtung Rapper. Fard-Fans erkennen Fard-Songs schon nach einer Sekunde und reagieren als wären es „As Long As You Love Me“ oder „Back For Good“. F. Nazizi dankte es ihnen, indem er Stuttgarter Mädels auf die Bühne bat und ihnen „Gedichte“ vortrug.
Fard kann den Asozialen in seiner Musik heraushängen lassen, eine Message ist ihm trotzdem stets wichtig. Es ist schön, dass die Kids ihn gerade dafür feiern. Ein Typ, der eher lächelt als den Mittelfinger zu heben und es gar nicht nötig hat, wie drei Tage Regenwetter dreinzublicken. Fard scheint ein ehrlicher Junge zu sein, der tief im HipHop verwurzelt ist, und es schafft, den einen oder anderen positiven Gedanken in die Köpfe junger Menschen zu pflanzen.
Nach eineinhalb Stunden war die gut geschmierte HipHop-Show vorbei. Jetzt hieß es für die geflashten Anhänger des Stammes der Nazizi ein Foto mit dem Rapper für das eigene Facebook-Profil abzustauben. Einige der Besucher sammelten an diesem Abend womöglich die ersten Konzerterfahrungen ihres noch jungen Lebens. Eine gute Sache, denn Fard ist definitiv kein Schlechter für diese Premiere.
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