Found-Footage: Meine Favoriten
Werden sie gut gemacht, kann das Mittendringefühl nicht größer und die Hose folgerichtig nicht voller sein: Found-Footage-Filme sind die vermeintlich billigproduzierten Spektakel unter den Kinoproduktionen. Eine Liebeserklärung an die großen Filme dieses Genres.
Auf den Punkt gebracht, sind Found-Footage-Filme vorgegaukelte Amateurvideos, die von den beteiligten Schauspielern selbst gedreht und in der Regel dem Horrorfilm zugeordnet werden. Das erfordert in den meisten Fällen ein geringes Budget, ermöglicht aber dennoch – ohne den Einsatz von spektakulären Effekten oder in unzähligen Semestern an der Filmhochschule erlerntes Schnittkönnen – ein intensives Ergebnis. Wie beim DSF eben: Mittendrin statt nur dabei. Meine fünf zugegebenermaßen wenig kreativen aber dennoch großartigen Highlights des Genres präsentiere ich euch in diesem Beitrag.
Die Mutter aller Found-Footage-Filme: Blair Witch Project. 1999 im Kino gesehen und die darauffolgende Nacht mit eingeschaltetem Licht geschlafen. Ich habe acht Jahre gewartet, bis ich mich noch ein weiteres Mal an den wohl populärsten Film der Sparte gewagt habe. Drei junge Menschen verirren sich beim Dreh eines Dokumentarfilms über die Hexe von Blair in den tiefen Wäldern von Burkittsville. Tagsüber laufen sie immer weiter in die Irre, nachts werden sie minimalistisch inszinierten Gruselmomenten ausgesetzt. In einer Zeit, in der das Internet noch den coolen Kids mit 56-kbit-Modem und wohlhabenden Eltern vorbehalten war, rankten sich Mythen um den Film und seine Protagonisten, wie danach nie wieder. Sind die Aufnahmen möglicherweise echt? Damals KONNTE Horror dieser Art noch durchaus auf einer ganz anderen Ebene funktionieren. Ein fantastischer Film, der heute vielleicht nicht mehr die gleiche Wucht rüberbringt, aber dennoch selbst über das Found-Footage-Genre hinaus stehende Ovationen verdient hat. Für Daniel Myrick und Eduardo Sánchez war Blair Witch das erste große Projekt nach dem Studium, was sie bei einem Budget von 35.000 und einem Gewinn von über 248 Millionen US-Dollar auf Anhieb stinkreich machte.
Als ich mir 2007 eine Kinokarte für REC gekauft habe, ahnte ich nicht, worauf ich mich da einließ. Der spanische Horrorfilm zeigt die grauenerregenden Erlebnisse eines Einsatztrupps der Barceloner Feuerwehr aus der Sicht eines Fernsehteams. Aufgrund von Quarantänebestimmungen in einem Mehrfamilienhaus eingesperrt, finden sich die Protagonisten recht schnell in einem Horror-Szenario à la „28 Days Later“ wieder. Ein schockierender Film, der mit REC 2 2009 einen nicht ganz so starken, aber immer noch sehenswerten Nachfolger bekam. Dieser knüpft im Grunde direkt an seinen Vorgänger an und macht wenig falsch. Statt Kameras eines Fernsehteams gibt’s diesmal Helmkameras von Polizisten, die ordentliches Outlast-Gefühl erzeugen.
2008 versuchte Matt Reeves dem Genre mit Cloverfield ordentlich Blockbuster-Feeling einzuhauchen. Produziert vom späteren Star-Wars-Hoffnungsträger J.J. Abrams zeigt der Streifen die Stunden nach dem Eintreffen eines Hochhaus-großen Monsters in New York. Das Ganze natürlich aus der Sicht einer wackeligen Handkamera, die gefühlte anderthalb Mal einen richtigen Blick auf das eindrucksvolle Wesen zulässt. „Cloverfield“ ist im Endeffekt ein simpler Monster-Film, der ohne sein Found-Footage-Gimmick weniger als Mittelmaß wäre. So fühlen sich die gerade einmal 81 Minuten aber kurzweilig und aufregend an. Jedoch niemals so angespannt wie die 87 Minuten von Paranormal Activity. Oren Pelis Horrorfilm aus dem Jahre 2007 weckte mehr als eine gänsehauterzeugende Erinnerung an die acht Jahre zurückliegende Erfahrung mit „Blair Witch Project“. Ein junges Paar versucht Geisteraktivitäten in der eigenen Wohnung zu dokumentieren und reizt damit einen Dämon, der – Achtung: kleine Spoilerwarnung – gegen Ende des Films ordentlich aufräumt. Um „Paranormal Activity“ baute sich innerhalb kürzester Zeit ein Buzz auf, der aus dem Film eine Mutprobe für junge Menschen und für die Macher ein mehr als lukratives Geschäft machte.
Doch Found-Footage-Filme sind nicht durch die Bank sehenswerte Schocker mit Sinn für Außergewöhnliches. Gerade in den letzten Jahren wurde der Hype um das vermeintlich gefundene Filmmaterial ordentlich gemolken. Für wenig Geld einen rentablen Kinofilm in die Lichtspielhäuser der Welt zu bringen, lassen sich nur wenige Filmproduzenten entgehen. Schade, denn neue Konzepte wie in REC 3: Genesis oder aktuelle Versuche dem Genre frischen Wind einzuhauchen wie in Katakomben, stoßen mittlerweile eher auf gequältes Gähnen als auf hysterisches Kreischen. Den großen Sensationsfilm, der Ende der Neunziger mit „Blair Witch Project“ in die Kinos kam, wird es möglicherweise nicht mehr geben – dachte ich Anfang 2007. Doch dann kam „Paranormal Activity“ und danach kam „REC“… die Akkus der Digicam können also wieder aufgeladen werden. Es gibt noch berechtigte Hoffnung für das Genre.
Cloverfield fand ich nuuuuur schlecht. Dank den Bonusgeschichten auf der DVD musste ich doch kurz kichern. Eines der Boni da ist „Clover-Spab“ zumindest ließ sich das so.
liest.