Keine Jugendfreigabe: Hardcore Revolution im Videospielverleih
Zwei Minderjährige auf der Suche nach dem ultimativen Videospiel-Kick. Eine Geschichte, wie sie täglich passiert. Nicht nur morgens halb 10 in Deutschland.
In meiner Welt hatte man als 14-Jähriger – neben dem aktuellen FHM-Model und dem nicht mit den Eltern in der Öffentlichkeit gesehen werden – ausschließlich Videospiele im Sinn. Im Frühjahr 2000 kam ein ganz besonderes dieser Gattung in die Läden. Zumindest dachten dies ein Kumpel und meine Wenigkeit. In einer Zeit, in der wir „WCW vs. nWo: World Tour“ bereits im Schlaf spielen konnten, bot „ECW Hardcore Revolution“ alles, was wir uns in unseren feuchtesten Träumen zusammenfantasierten: Noch härter, noch wilder, noch gnadenloser, noch männlicher!
Leider nahm es der hiesige Videospielverleih mit dem Jugendschutz sehr genau. Anfrage abgewiesen! Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob das Game ab 16 oder gar 18 Jahren freigegeben war. Als 13- und 14-Jährige hatten wir jedenfalls keine Chance, in den Genuss dieser vermeintlichen Erfüllung aller Pixelwünsche zu kommen. Nach einer kurzen Abkühlung auf dem Parkplatz des Medienverleihs entschieden wir uns dazu, einen besonders sympathischen Zeitgenossen anzusprechen: „Also, äh, wir haben folgendes Problem. Das Spiel ist eigentlich ganz harmlos, die Jugendschützer spinnen aber.“, müssen unsere Worte gelautet haben.
Der Angesprochene kannte dieses Problem wohl noch aus seiner Jugendzeit. Vermutlich hatte er einmal ähnliche Erfahrungen mit „Panzer General“ oder „Castle Wolfenstein“ gesammelt. Er ließ sich überzeugen und stiefelte mit unserer Mitgliedskarte unter dem Arm in den Laden, um sich der Träume zweier Heranwachsender anzunehmen. Keine Ahnung, warum der Typ das mitgemacht hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Mitarbeiter des Verleihs die Lunte riechen, war größer als beim tüchtigsten Sprengmeister. Wir sahen ihn schon gefesselt im Hinterzimmer sitzen. Verhört und geschlagen, wartend auf die Polizei, die ihn für immer wegsperrt, damit er keinen Schaden mehr bei 13- und 14-Jährigen anrichten kann. Uns war es egal. Hätte es Probleme gegeben, hätten wir unsere Mitgliedsausweise aufgegeben und wären weggerannt.
[amazon_link asins=’B00004TNW1′ template=’ProductAd’ store=’likeitis93-21′ marketplace=’DE’ link_id=’ae37d6bc-d8fd-11e7-b92d-b91b30a214aa’]Leicht verstört kam der Mann für gefährliche Aufträge dann doch noch aus dem Verleih gestolpert. Man hatte tatsächlich Argwohn geäußert und ihm zwischen den Zeilen eine Standpauke gehalten, die er so zuletzt vor 15 Jahren von seinem Sportlehrer bekommen hat, als er sich weigerte, sein T-Shirt beim Schwimmunterricht auszuziehen. Hat er so selbstverständlich nicht gesagt, macht die Geschichte aber unterhaltsamer. Nichtsdestotrotz konnte er uns mit freudiger Kunde überraschen. Er habe es geschafft. Das Spiel befände sich in seiner Tasche. Eine unglaubliche Videospielnacht im Kopf, gierten wir nach dem Inhalt seines Beutels…
…und dann die Enttäuschung. Falsches Spiel. Statt „Hardcore Revolution“ gab es irgendein anderes Spiel, an dessen Namen ich mich nicht einmal mehr erinnern kann. War unsere Beschreibung nicht präzise genug? Reichte es nicht, zu erklären, dass das Spiel „Hardcore Revolution“ heißt, um anschließend eine – zugegebenermaßen – schwammige Cover-Beschreibung eines Mannes zu liefern, der auf einen anderen eintritt und zur Verstärkung dieses Effekts einen Stuhl zwischen dem eigenen Fuß und dem Rücken des Gegners positionierte? Wir waren fertig mit der Welt. Dann halt doch wieder „Star Wars: Episode I Racer“.
Zwei Jahre später habe ich mir das Spiel für die PlayStation geholt. Mythos kaputt. „ECW Hardcore Revolution“ entpuppte sich als ein ziemlich beschissener „WWF Attitude“-Klon. Das nur so am Rande.
ich hatte es fürs n64… da war mir wcw vs nwo revenge um einiges lieber…