Review: Kaas – Liebe, Sex & Twilight Zone

Gleich vorweg: Mit “Liebe, Sex & Twilight Zone” hat Kaas ein Doppelalbum veröffentlicht, das wirklich für frischen Wind im Hause Rapdeutschland sorgen könnte. Auf Seite eins präsentiert sich der gebürtige Reutlinger, auf rappende Art und Weise, gewohnt in die Welt und ihre Menschheit verliebt. Die zweite Seite füllt er gemeinsam mit seinem Nebenprojekt Twilight Zone und elf von ihnen geschaffenen Eurodance-Stücken.

 

Gerade Mal zehn Tracks bietet die Rap-Seite „Liebe, Sex und…“. Doch zehn Tracks sind in diesem Falle voll in Ordnung, denn hier muss keineswegs ausgesiebt werden. Kaas kann mehr als das übliche Rap-Phrasen-Gedresche mit angewachsener Vergleichsbulimie. Mit Inhalt gespickte Songs, die, was Musik in der Regel ohne weiteres schafft, tatsächlich Gänsehaut erzeugen können. Kaas spricht unangenehme Dinge, die auf diesem Planeten tagtäglich passieren, ganz plump aus und wirkt gerade durch diese naiv klingende „Warum-ist-die-Welt-so-schlecht?“-Leidenschaft unfassbar filigran in seinem Vortrag.

 

Und auch wenn sich das viele wahrscheinlich wünschen würden, man kann Kaas nicht vorwerfen, dass er seinen Bezug zum klassischen HipHop-Sound verloren hätte. Er zitiert aus Deutschrap-Klassikern, lässt sich die Hook von „Love vs. Hate“ scratchen und packt den Mann der Stunde, Kamp, als Feature-Gast aus. So geht gut. Wer das Booklet durchblättert, bekommt gleich auf der zweiten Seite eine umfassende Erklärung zum Thema Eurodance geliefert. Für Kinder der 70er und 80er zwar nix neues, alle anderen erfahren aber definitiv etwas mehr und bekommen dadurch vielleicht Lust, den entsprechenden Wikipedia-Artikel anzuklicken.

 

Die besagte Eurodance-Seite ist etwas ganz spezielles. Plastikmucke mit Herz sollte es werden und ist es meiner Meinung nach, dank Inhalt und spürbar echten Gefühlen, auch geworden. Themensong reiht sich an Themensong. Käsige Melodien klatschen einem um die Ohren. Kaas eröffnet fast jeden Part mit „Dance“. 44 Minuten vergehen wie im Flug. Nana (!!!) präsentiert sich zwar mit einem so unterirdischen Feature-Part, dass man Kass für die Erinnerung an den Darkman regelrecht sauer sein möchte, doch auch das gehört irgendwie dazu. Und sind wir mal ganz ehrlich: Es ist doch schön, dass uns jemand wie Kaas so eine Schrottmusik legitimiert. Es wurde ehrlich gesagt auch mal Zeit dafür.

 

Das komplette Projekt trieft nur so vor Rührseligkeit und Pop-Appeal. Doch das ist definitiv geil. Gerade deshalb will man es immer und immer wieder ganz alleine nur für sich hören. „Liebe, Sex und Twilight Zone“ hat so viel zu bieten: Rap, Eurodance, Schlager, R’n’B und Ambiente. Die beiden Alben ergänzen sich perfekt und erinnern dabei an den lässigen Typen mit Skateboard und seine coole Freundin mit den vielen Piercings. Das hier muss man nicht gut finden. Wer das hier aber hatet, hat überhaupt nix verstanden. Kopfhörer auf. Durch die Stadt laufen. Wohlfühlen.

 

http://www.youtube.com/watch?v=Xa5ygq66Hi4

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