Katie Melua auf dem ZMF: Ein bisschen Belfast in Freiburg
26.6.2016 - Freiburg, ZMF
Mit dem „American Songbook“ unter dem Arm spielte Katie Melua am 26. Juli auf dem Freiburger Zelt-Musik-Festival eine Show, die auf leise Töne setzte. Das Publikum klebte ihr trotzdem an den Lippen.
Vier Minuten nach acht Uhr wurde bereits ungeduldig gepfiffen, zwei weitere Minuten später Katie Melua auf die Bühne geklatscht. Das ausverkaufte Zirkuszelt übte sich nicht gerade in Gelassenheit, als es um den pünktlichen Beginn des Konzertes ging. Katie Melua ließ sich von ihrem zappeligen Publikum jedoch nicht aus der Ruhe bringen und eröffnete ihre Show mit dem wohl ruhigsten Moment des Abends. Nur begleitet von Harfe und Gitarre sang sie „I Cried For You“, um für das anschließende „The Closest Thing To Crazy“ die restliche Band auf die Bühne zu holen. Diese startete ganz sachte, verließ sich am Schlagzeug lediglich auf spärlich eingestreute Tuschs – denn im Spotlight des Scheinwerfers standen Katie Melua, ihre Gitarre und ihre einmalige Stimme, mit der sie seit eineinhalb Dekaden weiche Knie bei ihren Hörern erzeugt.
Für „A Moment Of Madness“ gab die georgisch-britische Musikerin ihre Gitarre aus der Hand und tänzelte mit dem Mikrofon elegant über die Bühne – einer der wenigen Augenblicke, in denen etwas Bewegung im Spiel war. Im Laufe des restlichen Konzertes setzte Melua auf leise Töne, die eher zum Zuhören statt Mitmachen animierten. Wunschgedanken an ein bestuhltes Konzert im heißen Zirkuszelt kamen auf, spätestens nachdem sich die Sängerin für „The Cry Of The Lone Wolf“ selbst einen Barhocker gönnte. „The Flood“ brachte das Publikum dann doch noch dazu, mitzuklatschen und im Takt den Oberkörper zu bewegen. Und auch die Begleitband – allen voran der Drummer – konnten in „Crawling Up A Hill“ ein wenig mehr aus sich herausgehen. Mit „My Aphrodisiac Is You“ verwandelte Melua die Bühne des Zirkuszeltes zumindest akustisch in eine stilvolle Musikbar aus den zwanziger Jahren. Es fehlte nur noch, dass sie sich auf dem Piano räkelte.
Gekleidet in einen blauen knielangen Rock und einer weißen Rüschenbluse wirkte sie optisch dennoch so passend unschuldig und schüchtern wie ihre Ansagen zwischen den Liedern. Nach gefühlt jedem Song nahm sie erst einen Schluck aus der Wasserflasche und erzählte im Anschluss eine einleitende Anekdote über das folgende Stück. Häufig waren das persönliche Geschichten über ihre Wahlheimat Belfast, das Familienleben der Meluas oder Erlebnisse bei der Arbeit im Musikstudio. Vor Coverstücken wie „Learnin‘ The Blues“ gab sie gar Musikkundeunterricht und erläuterte ihren Bezug zu den jeweiligen Liedern aus dem legendären „Great American Songbook“. „The Tracks Of My Tears“ von Smokey Robinson zeigte aber auch die negativen Seiten des Neuinterpretierens von bekannten Liedern. Meluas Stimme ist einmalig, keine Frage, doch gerade bei diesem R’n’B-Klassiker wirkte ihre Version zu lieb, zu sauber, ja, zu kraftlos.
Auch wenn das Publikum an sich zurückhaltend in Erscheinung trat, „Nine Million Bicycles“ erkannte es nach wenigen Takten und belohnte Meluas Songauswahl mit Szenenapplaus. Kräftig zu applaudieren vergaßen die Zuschauer nach kaum einem Lied. Meluas Begleitband trieb das am Ende des Konzerts die Schamesröte scheinbar so sehr ins Gesicht, dass sie auf eine Verbeugung vor dem Publikum verzichten wollte. Mit etwas Überzeugungsarbeit, in Form von einladenden Gesten, brachte die 31-jährige ihre vierköpfige Band doch noch zum verdienten Bad im Beifall. Die eineinhalbstündige Show beendete sie gemeinsam mit ihrem Pianisten und der aktuellen Single „Wonderful Life“. Ein Lied, das ihr wichtiger als jedes andere sei. Schade, dass bei so viel ehrlichem Elan für Musik kaum Stimmung bei hrem Publikum aufkam.
https://www.youtube.com/watch?v=abGe6uM9Ias
https://www.youtube.com/watch?v=C-BnRZ52jHs
https://www.youtube.com/watch?v=7IRIP-hSfJ0
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