Komm, wir reden uns den neuen Eminem-Song schön!

Mit „Walk on Water“ hat Eminem die erste Single aus seinem bevorstehenden Album „Revival“ veröffentlicht. Wir reden uns den Song einfach mal schön!

 

Es gibt Künstler, die es leichter haben als Eminem. Der Detroiter hat sich in den letzten 20 Jahren eine Reputation als technisch versierter Rapper aufgebaut, an der er zu zerbrechen droht. Jeder neue Vers wird von Fans und Kritikern mit der Lupe begutachtet, jedes Wort auseinandergenommen und in einen höheren Kontext gestellt, Silben gezählt, Geschwindigkeiten gemessen und Reimschemata ausgewertet. Ein Anfang Oktober 2017 bei den BET Hip Hop Awards präsentiertes A cappella, das sich gegen Donald Trump richtete, stieß inhaltlich zwar auf Lob, provozierte aufgrund der technischen Simplizität aber auch kritische Stimmen. Am Freitag erschien mit „Walk on Water“ die erste Single aus dem bevorstehenden Album „Revival“. Und auch dieser Song bekam nicht nur Jubel, sondern viel Abneigung zu spüren.

 

„This track is whack. Not saying the bars are weak, but this is ain’t a track you going replay ever again”, schrieb YouTube-User Fela Moalosane. Eminem, der auf seinem letzten Studioalbum „The Marshall Mathers LP 2“ mit „Rap God“ seine Fähigkeiten auf dem Präsentierteller servierte, nimmt den Stans auf „Walk On Water“ den Wind aus den Segeln: „Kids look to me as a god, this is retarded.“ Der Reim muss immer perfekt, der Flow immer makellos sein. Nun ist Eminem an einen Punkt angelangt, an dem er diese Erwartungen nicht mehr erfüllen möchte: „Knowin’ that no matter what bars I come with / You’re gonna harp, gripe, and / That’s a hard Vicodin to swallow.“ Aber auch inhaltlich fühlt er sich in die Ecke gedrängt, denn was erwarten seine Hörer von ihm: „Always in search of the verse that I haven’t spit yet.“

 

Der Song beginnt mit Schreibgeräuschen. Anschließend wird das beschriebene Blatt zerknüllt. Eminem kommentiert seine Unzufriedenheit mit einem „Fuck“. Diese Sounds wiederholen sich immer dann, wenn Eminem schweigt und Beyoncé zum handwerklich astreinen Refrain ansetzt. „I walk on water / But I ain’t no Jesus“, singt die R’n’B-Künstlerin auf einem Piano-Instrumental, das ohne Drums auskommt. Nach dem zweiten Kehrvers geht Beyoncé in die Bridge über und erklärt jedem, der es immer noch nicht verstanden hat, weshalb Eminem nicht Jesus ist: „’Cause I’m only human, just like you“. Eminem wird von der musikalischen Unterlage bewusst ausgebremst. Auf dem Piano-Instrumental von Rick Rubin kann er nicht spucken wie auf einem Drum-Feuerwerk von Dr. Dre. Doch das zweisekündige, auf Scratches gerappte Outro gibt Hoffnung: „But as long as I got a mic, I’m godlike!“

 

Die ersten Singles seiner Studioalben waren immer „Over-the-top“-Songs, in denen er sich über Gott und die Welt lustig machte. Entsprechend bunte Videos unterstrichen den Sound. Auf „Walk on Water“ geht Eminem erstmals einen anderen Weg. Er lässt die Hosen runter: It’s a very mortal song. It’s mortality, it’s not being Superman“, erklärte der 45-Jährige im Podcast von Rick Rubin und Malcolm Gladwell. Was können wir von dem Album erwarten, das „Revival“ heißen wird und von dem noch kein definitives Release-Datum bekannt ist? Auch wenn „Walk on Water“ viele Fans enttäuscht hat, können sich die Hörer auf eine spannende Platte freuen, die sich möglicherweise nicht mit den fünf üblichen Eminem-Themen beschäftigen wird. Nach der blassen „Marshal Mathers LP 2“ wird „Revival“ vielleicht das großartige Spätwerk, das einen Künstler bei einer Entwicklung zeigt.

 

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  1. like it is '93 // das Popkultur-Magazin

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