Kurz & knapp #22: Thrice, Kvelertak, Hulk, Perry Rhodan, Batman…
So viele spannende Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringe ich es daher in Kurzreviews auf den Punkt. Diesmal mit dabei: Thrice, Fler, The Fall Of Troy, Kvelertak, Gzuz & Bonez MC, Tatwaffe, Swerved, Dramaworld, Special Correspondents, Hulk, Punisher, Perry Rhodan, Batman & Black Panther.
Vier lange Jahre sind vergangen, seit die kalifornische Post-Hardcore/Alternative-Band Thrice ihren letzten Tonträger veröffentlichte. Mit „To Be Everywhere Is To Be Nowhere“ sind sie nun zurück und gehen auf den rund 40 Minuten definitiv nicht den leichten Weg. Nummern wie „Hurricane“ oder „Stay With Me“ sind rein musikalisch zwar gutgemachte und durchaus eingängige Stücke fürs SWR-Nachmittagsprogramm, inhaltlich gehen die vier Herren jedoch einen deutlich sperrigeren Weg. Sie thematisieren in ihren anspruchsvollen Texten unter anderem die US-amerikanische Außenpolitik, die Whistleblower-Affäre rund um Edward Snowden sowie den gefährlichen Einsatz von Drohnen. Das ist schwere Kost in einer schön verpackten Hülle, die von Song eins bis elf absolut homogen klingt. +++ Fler hat mit der „Bewährung vorbei EP“ den Soundtrack zu seinen kontroversen Interviews herausgebracht. Denn das Namedropping und Bestandaufnehmen der HipHop-Szene geht auch auf den fünf Tracks weiter, deren Hi-Hats knattern wie Stroboskoplicht flackert. Wer sich bisher nicht getraut hat, ein Album von Frank White zu kaufen, den Rapper aber durchaus für unterhaltsam hält, kann mit dieser Veröffentlichung perfekt in dessen Schaffen hineinschnuppern. +++ Praktisch aus dem Nichts stellen The Fall Of Troy nach sieben Jahren Veröffentlichungspause ihr fünftes Album „OK #2“ („OK #1“ kam mit anderer Mische bereits im April) zum kostenlosen Download bereit. Und dieses Geschenk ist nicht nur für Fans der Post-Hardcore-Band ein großes Fest, auch Freunde des Genres werden an den zehn Stücken ihre Freude haben. Nach wie vor befinden sich hohe Growls und melodiöser Klargesang im ständigen Wechsel und Gitarren und Schlagzeug ballern wilder durch die Gegend als Marvel’s Punisher. So treffen kleine Ohrwürmer wie „Auto Repeater“ oder „Inside Out“ auf nicht angegurtete Crash-Test-Fahrten wie „401K“ oder „Love Sick“. Großartiges Album.
Mit „Nattesferd“ hat die norwegische Metal-Band Kvelertak ihr drittes Studioalbum veröffentlicht. Neun Stücke, deren Reiz eine Mischung aus Härte und beinahe schon radiotauglichen Melodien ausmacht. Bestes Beispiel hierfür ist „Svartmesse“, das mit einer Gitarrenspur bestückt wurde, die direkt aus einem Achtziger Jahre Sportfilm stammen könnte: Trainingsanzug überstreifen, durch den Schnee joggen und sich von Sänger Erlend Hjelvik motivieren lassen. Das sich erst episch aufbauende und dann zu einem Monster von Song aufpeitschende „Heksebrann“ ist das große Highlight des Albums und zeigt wohl am eindrucksvollsten, wie Kvelertak zu ihrem großen Vorteil darauf verzichten, sich zwischen Zugänglichkeit und auf die Fresse zu entscheiden. Stattdessen gibt es auf diesem Album beides. Und das immer zum richtigen Zeitpunkt. Eine wuchtige Platte, die diesen Sommer noch häufiger neben dem Grill rotieren wird. +++ „Tut mir leid, doch der CL hat unser Geld gefressen / also noch ’ne Platte pressen und wieder dasselbe rappen“, erklären Gzuz & Bonez MC gleich im Intro von „High & hungrig 2“ ihre Motivation, ein weiteres Album unter dem H&H-Banner herauszubringen. Und gelogen ist das nicht. Sowohl inhaltlich als auch stimmlich gibt es wieder harten Rap, der „Rum Cola“ intus hat, einen dank dem vielen Ganja auf „Wolke 7“ schweben lässt und bei dessen Konsum eigentlich nur eins wichtig ist: „Hauptsache laut“. Ein Straßenrap-Album, das nicht nur wegen der Konsequenz, mit der die Hamburger ihren Style nun schon seit Jahren erfolgreich durchziehen, auch von 187-Straßenbande-Verweigerern probegehört werden sollte. +++ Und zum Abschluss der Musik-Reviews noch etwas für die Sparfüchse: „Tatzeit – Das Mixtape“ ist ein weiteres Lebenszeichen von Tatwaffe. Das HipHop-Urgestein von Die Firma bietet als kostenlosen Vorgeschmack auf sein kommendes Album eine Mischung aus Battle-Rap, Motivationsreden und ekligen Verschwörungstheorien. Kann man so machen, muss man aber nicht.
Auf dem WWE Network ist die komplette zweite Staffel der Pranking-Show Swerved in den Stream gegangen. Diese beinhaltet neun frische Episoden, in denen sich beispielsweise The Miz versucht an einem nicht eingeweihten Security-Guard vorbei zu schleichen, The Big Show als menschliche Bronzestatue Passanten erschreckt oder The New Day ekelhafte kulinarische Merchandise-Produkte an ihren jungen Fans testen. Diesmal werden also nicht die WWE Superstars verschaukelt, sondern sind nun selbst mit der versteckten Kamera unterwegs. Das ist alles cool, wenn man die Protagonisten kennt, im Vergleich zur teilweise wirklich komischen ersten Season aber deutlich lahmer. Schade, denn durch dieses Format lernt man die Wrestler der WWE noch einmal auf eine ganz andere Art und Weise kennen. +++ Etwas außergewöhnlicher fällt die erste Staffel der Comedy-Drama-Serie Dramaworld aus, in der die Amerikanerin Claire Duncan – riesiger Fan der koreanischen Soap Opera „Taste of Love“ – durch einen Unfall selbst in ihre Lieblingsserie projiziert wird. Das, was bis dahin auf dem Fernsehbildschirm passierte, wird zu Claires Realität und sie muss wahrhaftig helfen, dass der Plot weiterrollt. Die zehn Episoden dieser rein US-amerikanischen Produktion besitzen einen zuckersüßen Charme und verneigen sich ganz tief vor dem K-Drama-Genre. So tauchen in beinahe jeder Folge berühmte südkoreanische Schauspieler in Cameo-Rollen auf und auch sprachlich wird neben Englisch ebenso auf Koreanisch gesetzt. Ein kleines Juwel zwischen all den Blockbuster-Serien auf Netflix. +++ Ebenfalls auf Netflix gibt es seit einigen Wochen Ricky Gervais‘ neuen Film Special Correspondents mit Eric Bana und ihm höchstpersönlich zu sehen. Ein Radio-Reporter und dessen Techniker geben vor, direkt aus einem Krisengebiet zu berichten. Dass sich die zwei Herren jedoch wegen verschlampter Flugtickets in einem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite ihres Arbeitgebers einquartiert haben, darf niemand – und ihr Boss schon gar nicht – erfahren. 100 Minuten Humor, der vom Zusammenspiel zwischen Gervais und Bana lebt und denen man gerne dabei zusieht, wie sie sich immer weiter in ihr Unglück lügen.
„Secret Wars“ hat das Marvel-Universum einige Monate in Atem gehalten und auch an der Hulk-Sonderbandreihe geht dieser Mega-Event nicht spurlos vorbei. In „Dystopia“ agiert der böse Bruce Banner der Zukunft als tyrannischer Despot, der unter den Befehlen des selbsternannten Gottes Doom die titelgebende Stadt beherrscht. Doch Maestro, wie sich Hulk in dieser Geschichte nennt, strebt nach Größerem als nur einem Handlangerdasein. Peter David hat eine Story geschrieben, die ohne größere inhaltliche Umwege Schlag auf Schlag erzählt und durch entsprechend actionreiche Zeichnungen von Greg Land abgerundet wird. +++ Passend zur größeren medialen Aufmerksamkeit, die der Punisher derzeit durch seinen Auftritt in der zweiten Staffel der Netflix-Serie „Daredevil“ erlangt, wurde mit „Das erste Jahr“ die Origins-Story von 1994 erstmals in Deutschland veröffentlicht. Eine harte Geschichte von Dan Abnett und Andy Lanning, die die Anfänge eines Frank Castles zeigt, der blutrünstig aber auch nachvollziehbar emotional vorgeht. Die visuelle Umsetzung von Dale Eaglesham und Scott Koblish überzeugt durch ihren Old-School-Look, der den Leser trotz des Erscheinens in den Neunzigern direkt ins Jahr 1974 versetzt. Eben das Jahr, in dem der Punisher seinen ersten Auftritt in Comicform hatte. +++ Mittlerweile zwar vergriffen, aber möglicherweise über einschlägige Tauschbörsen erhältlich, müssen sich Nicht-Fans gut überlegen, ob sie der neuen Serie von Perry Rhodan eine Chance geben möchten. Der für 10 Euro deutlich zu kurze Lesespaß kann in Ausgabe 1 noch nicht fesseln, präsentiert aber eine spannende Sci-Fi-Welt mit charismatischen Sidekicks wie Gucky und Belayn.
In der 49. Ausgabe der monatlich erscheinenden Batman-Reihe ist neben dem dritten Teil der fesselnden „Superschwer“-Story auch die Kurzgeschichte „Ein schlichter Fall“ erschienen. Von den preisgekrönten Fledermaus-Veteranen Brian Azzarello und Scott Snyder umgesetzt, dreht sich dieser klassische Kriminalfall um ein Familiendrama inklusive Gentrifizierungs- und Rassismuskritik. Kurzweilig erzählt und visuell – dem Titel entsprechend – einzigartig schlicht inszeniert. +++ Und nochmal Batman: Mit „Dark Knight III“ feiert Frank Millers legendäre „Dunkle Ritter“-Saga ihre Rückkehr. In acht Ausgaben wird das Geheimnis um Bruce Waynes Verschwinden enthüllt und eine neue Bedrohung bekämpft. Ebenfalls in einer Nebengeschichte mit dabei sind Superman, Wonder Woman und deren gemeinsame Tochter Lara. Das Blockbuster-Event lohnt sich übrigens auch für Leser, die die beiden Vorgängerreihen nicht konsumiert haben. +++ Nach dem erfolgreichen Leinwanddebüt in „Captain America 3: Civil War“ wurde in Deutschland nun auch seine 2005 erstmals erschienene Origins-Story „Wer ist Black Panther?“ veröffentlicht. In den sechs Kapiteln muss T’Challa – Oberhaupt des wohlhabenden afrikanischen Staates Wakanda – sein Land gegen alle möglichen Söldner sowie Macht und Geld witternde Nationen verteidigen. Dabei ist die von Reginald Hudlin erdachte und von John Romita Jr. gezeichnete Geschichte der perfekte Einstieg, die Welt rund um Black Panther kennenzulernen und zu verstehen. Der 150 Seiten starke Comicband zeichnet dabei ein erschreckend echtes Bild heutiger afrikanischer Staaten, die noch immer unter dem damaligen Einfluss der Kolonialmächte zu leiden haben. Black Panther ist ein wichtiger Superheld und das hier ist für alle Marvel-Anhänger eine wirkliche lesenswerte Eintrittskarte.
Kommentar hinterlassen