Kurz & knapp #23: Skepta, Biffy Clyro, Doom, Deadpool, Carnage…
So viele spannende Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringe ich es daher in Kurzreviews auf den Punkt. Diesmal mit dabei: Ahzumjot, Tides From Nebula, Skepta, Biffy Clyro, MC Bomber, Post Malone, Jamila Woods, Jeremih, Teenage Mutant Ninja Turtles, Resident Evil 7: Beginning Hour, Tricky Towers, Doom, Furi, Deadpool, Carnage & Uncanny Inhumans.
Rapper und Beatbauer Ahzumjot lässt sich trotz privater und beruflicher Tiefschläge nicht aus der Ruhe bringen und veröffentlicht unaufhörlich Musik, die soundtechnisch stets am Puls der Zeit, wenn nicht sogar viel weiter ist. „16QT02: Tag drei“ heißt sein neustes Album, das wie aus dem Nichts zum kostenlosen Download angeboten wurde. Es ist etwas schade für die treuen Fans, dass knapp die Hälfte der Tracks schon letztes Jahr in Form der „Minus EP“ für einen kleinen Unkostenbeitrag verkauft wurde. Unabhängig davon sind die 14 von Levon Supreme und Ahzumjot selbst produzierten Stücke für Menschen geeignet, die in Gedanken versunken durch die Straßen schlendern und keine Lust auf Klassentreffen haben. Denn die Tiefpunktbewältigung, mit der der Wahlberliner bereits auf der „Minus EP“ begonnen hat, wird auch auf Songs wie „S/O Freestyle“ fortgeführt. Doch bevor Ahzumjot endgültig an der Großstadt und den eigenen Träumen erstickt, drückt er sich und den Hörer mit Basskunststücken wie „Prio“ ordentlich in den Sessel. „16QT02“ ist zu gut, um es einfach so ins Publikum zu werfen. +++ Nachts mit 200 km/h über eine leere Autobahn brettern und dabei das neue Album „Safehaven“ von Tides From Nebula voll aufdrehen: So funktionieren die acht atmosphärisch epischen, für das Genre recht kurzen Tracks der polnischen Post-Rock-Band am besten. Großartige Musik vom vertonten Fallschirmsprung „Knees To The Earth“ bis zum sich drei Minuten aufbauenden und anschließend Glücksgefühle ausströmenden „All The Steps I’ve Made“ über das Schönheit in Form von Melodien kombiniert mit verhältnismäßig brachialen Gitarrenwänden ausstrahlende „Traversing“. +++ Im Vereinigten Königreich ist Skepta der heiße Scheiß der Stunde. Doch fünf lange Jahre mussten seit seinem letzten Album „Doin‘ It Again“ ins Land ziehen, bis er sich mit seiner vierten Langspielplatte „Konnichiwa“ zurückmeldete. „By now you should know I hate waitin’ / I got no patience“, wie er im Opener rappt, klingt da fast schon wie eine Farce. 12 hauptsächlich von Skepta selbst aber auch von Ragz Originale, Footsie, Blakie und Pharrell Williams produzierte Tanzflächenrüttler, die die dreckigen Ecken britischer Großstädte ebenso im Blick haben wie den Edel-HipHop-Club in der Brixton Road, liegen Freunden von Vorzeige-Grime nun vor. Denn ob „It Ain’t Safe“ mit seinem klassischen Hardcore-Beat und der einprägsamen Rap-along-Hook von Young Lord, „Numbers“, das an die guten alten Neptunes-Tage erinnert, oder der bereits zurecht von den Punkern Slaves gecoverte Kracher „Shutdown“ – „Konnichiwa“ wird derzeit nachvollziehbar hoch- und runtergelobt.
„Ellipsis“ ist das bereits siebte Studioalbum des Alternative-Trios Biffy Clyro, das innerhalb der knapp 40 Minuten den für die Band üblichen Sound auffährt: Hymnenhafter Stadionrock gepaart mit schönen Melodien. Zu Beginn der Platte trommelt einen das Schlagzeug von „Wolves Of Winter“ direkt in die Arme der sympathischen Schotten, um in „People“ einen versöhnlich akustischen Abschluss zu finden. Gepaart mit elektronischen Klängen kommt Biffy Clyro dem Massengeschmack mit „Ellipsis“ noch ein Stück näher, verwässert den eigenen Klang jedoch nicht bis in die Belanglosigkeit. Rockmusik, die definitiv nicht wehtut, wenn sie denn im Radio läuft. +++ Für Berlin-Rap-Fans der ersten Stunde müsste es der pure „trip down memory lane“ sein. MC Bomber veröffentlicht auf Frauenarztes Label Proletik sein Debütalbum „Predigt“ und schließt soundtechnisch dort an, wo sein Chef und dessen Kumpels Anfang der 2000er aufgehört haben: „Du rappst seit ’91, mach dich ma’ nicht wichtig, Spasst / Wieder komm’ Berliner, um zu zeigen, wie man’s richtig macht.“ Die Beats rumpeln, der Flow ist laut und aggressiv, die Lyrics sind kantig und hart. Massenkompatibel geht anderes, dafür wirkt „Predigt“ wie aus einem Guss und bedient einen klar definierbaren Musikgeschmack. Diese 15 Tracks wurden nicht für entspannte Sonnabende am Spreeufer gemacht, sondern für das genervte U-Bahnfahren. +++ Zum Schluss noch drei kostenlose Download-Tipps: Nach seinem Hit „White Iverson“ legt der musikalische Jungspund der Stunde und Justin Biebers BFF Post Malone mit dem eigentlich ganz netten Mixtape „August 26th“ nach. Zehn zeitgeistige R’n’B-Pop-wasauchimmer Nummern, die mal zum wild herumfuchteln und mal zum eng an eng tanzen animieren. +++ Jamila Woods, bekannt von Kollaborationen mit Chance The Rapper und Macklemore & Ryan Lewis, hat dieser Tage ihr Album „HEAVN“ für Umme auf Soundcloud hochgeladen: Musikalisch leicht zugänglicher Neo-Soul, der inhaltlich in Zeiten von „Black Lives Matter“ nicht relevanter sein könnte. +++ 14 R’n’B-Nummern, fast jede einem europäischen Land oder einer europäischen Stadt gewidmet, vereint Jeremih auf „Last Nights: Europe“. Von schmusig bis gefährlich ist alles dabei und auf einem gleichbleibend gutem Niveau.
Nachdem der für Qualitätsware bekannte Videospielentwickler PlatinumGames letztes Jahr mit dem Celshading-Fanfest „Transformers: Devastation“ vieles richtig gemacht hat, war die Freude umso größer, als angekündigt wurde, dass mit Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutanten in Manhattan weitere Kindheitslieblinge zurückgebracht werden sollen. Wo die verformbaren Kampfroboter stupide aber spaßige Dauer-Action boten, liefern die mutierten Schildkröten leider nur ein mittelmäßiges Abenteuer ab. Wenn die vier Schildkröten in einer Masse von Fußsoldaten herumwuseln, artet das Spiel in plumpes Button-Smashing aus, die Levels sollen spektakulär wirken, kommen jedoch herüber wie schlichte Pappkulissen und die Bosskämpfe sind so abwechslungsreich wie die Leibspeisen der vier Turtles. Schade, denn Atmosphäre und Präsentation sind purer Fan-Service, der deutlich besseres Gameplay verdient hätte. +++ Parallel zur Videospielmesse E3 hat Capcom mit Resident Evil 7: Beginning Hour einen kostenlosen Vorgeschmack auf das Anfang 2017 erscheinende Hauptspiel veröffentlicht. Und dieser im Stile von Konamis „P.T.“ angelegte Teaser kann fast schon als eigenständiges Minispiel gesehen werden. Gefangen in einem heruntergekommenen Haus muss man als Spieler versuchen, dem durchgeknallten Hillbilly-Bewohner zu entkommen. Das funktioniert sehr gut und ist – mit VR-Brille wahrscheinlich noch krasser – wirklich gruselig. Möchte man der Berichterstattung Glauben schenken, wird die Vollversion leider nur noch sehr wenig mit dieser Demo zu tun haben. Egal, bis dahin können Spieler „Beginning Hour“ ruhig mehrmals zocken, denn das Spiel bietet verschiedene Enden. +++ Tricky Towers ist eine anspruchsvolle Runde Tetris gekreuzt mit einer Partie Jenga. Steine wie die aus dem Gameboy-Klassiker müssen übereinandergestapelt werden, um bis zum Ablauf des Zeitlimits einen Turm bis zu einer bestimmten Größe aufzubauen oder eine vorgegebene Menge von Klötzen unterzubringen. Angefeuert von Musik und Soundeffekten, die denen der Rayman-Spiele ähnlich sind, erzeugt das Game gehörig Suchtgefahr.
Dank missglückter Experimente auf dem Mars öffnen sich die Tore zur Hölle und unzählige blutdürstende Dämonen überfallen den roten Planeten. Der Spieler muss diese Invasion in Gestalt eines namenlosen Kriegers zurückschlagen. Doch ganz ehrlich: Wen interessiert dieser B-Movie-Plot, wenn in Bethesdas Neuauflage des Ego-Shooter-Klassikers Doom gutgemachte Hirn-raus-Action im Fokus steht? Ballern, ballern, Schädel spalten, ballern, ballern und nochmals ballern! Während der knapp 11-stündigen Kampagne kommt trotzdem so gut wie keine Eintönigkeit auf, was unter anderem an den neueingeführten „Glory Kills“ liegt, die es ermöglichen, geschwächte Gegner per Nahkampfattacke zu exekutieren und damit dringend benötigte Lebenspunkte zu erhalten. So gesellt sich zur knallharten Ratatatata-Party tatsächlich ein Hauch von taktischem Vorgehen. Grafisch ist das Spiel „State Of The Art“, punktet aber nicht gerade durch abwechslungsreiche Settings. Serientypisch sind meistens dunkle, farblich eintönige Arenen die Spielplätze für das Dämonenschlachtfest. Nichtsdestotrotz ist „Doom“ mein bisheriges Shooter-Highlight des Jahres und nach dem erfolgreichen „Wolfenstein“-Reboot ein weiteres Nostalgie-Wunderwerk aus dem Hause Bethesda. +++ Optisch sticht Furi – das neuste Spiel der noch recht unbekannten Entwickler The Game Bakers – die Konkurrenz durchaus aus. An die bunte, skizzenhafte Grafik von „El Shaddai: Ascension of the Metatron“ fühlt man sich erinnert und nimmt in Folge dessen an, dass es sich um ein episches Spiel handeln muss. Doch was das anspruchsvolle Hack’n’Slay- bzw. Shoot-‘Em-Up-Game in seiner Präsentation schafft, machen einem langgestreckte und nicht wegskipbare Laufpassagen, während derer dem Spieler die kryptisch erzählte Geschichte aufgedrückt wird, völlig madig. So kommt zwischen den herausfordernden Bosskämpfen immer wieder Langweile auf. Was schade ist, denn die Fights funktionieren hervorragend, da sie spielerisch abwechslungsreich sind und das Aussehen der Gegner außergewöhnlich gut designt wurde.
Mit einer monatlich erscheinenden Reihe meldet sich der frisch gekürte Marvel-Kinostar Deadpool im Comichandel zurück. Ausgabe 1 beinhaltet die in den Statten im Januar veröffentlichten Kapitel „Smus Omnes Deadpool“ und „The More We Give, The More We Have“. Die Geschichte spielt nach den Ereignissen des Axis-Groß-Events und zeigt einen Deadpool, der nicht nur ein Teil der Avengers ist, sondern auch ein Söldnerunternehmen leitet, das zum Leidwesen der Angestellten eher auf Benefizarbeit setzt. So richtig mag der Funken noch nicht überspringen, da weder ordentlicher Metahumor noch erwachsene Sprache und Gewaltdarstellung vorhanden sind. Ein interessanter Cliffhanger lässt mich dennoch gespannt auf Heft 2 warten, das in Deutschland mittlerweile erschienen ist. +++ FBI-Agentin Claire Dixon möchte Cletus Kasady, der sich mit dem Venom-Symbionten verband und dadurch zu Carnage wurde, dingfest machen. Die in fünf Kapitel eingeteilte Geschichte, die vor einigen Wochen unter dem Titel „Blutrausch“ gesammelt erschienen ist, überzeugt durch einen düsteren Ton, der sich sowohl durch den Plot als auch die Zeichnungen zieht. In einer stillgelegten Mine weit unten gefangen, erinnert das Duell zwischen dem blutrünstigen Carnage und der Spezialeinheit des FBIs an die Kämpfe zwischen Ellen Ripley und dem legendären Alien. +++ Hierzulande fristen die Uncanny Inhumans eher ein Schattendasein, was sich mit der ersten Ausgabe „Kampf gegen die Zeit“ der neuen Reihe von Autor Charles Soule und Zeichner Steve McNiven ändern soll. Black Bolt und Medusa reisen gemeinsam mit ihrem Volk – den Inhumans – durch die Zeit, um ihren Sohn vor dem skrupellosen Kang zu retten. Die Geschichte wird trotz der ständigen Zeit- und Schauplatzwechsel flüssig und nachvollziehbar erzählt. Action wechselt sich dabei ausgewogen mit guten Dialogen ab, wodurch man die über 140 Seiten in einem Rutsch zügig durchlesen möchte.
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