Kurz & knapp #33: Drake, jerks., Master of None, Slam, Archie…
So viele Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringe ich es daher auf den Punkt. Diesmal mit dabei: Drake, At The Drive-In, Snoop Dogg, jerks., Win It All, Slam, Master of None, Dear White People, Töte Mädchen lügen nicht, Archie, Flash & Captain Marvel.
Drake bezeichnet seine fünfte Langspielplatte “More Life” nicht als Album, sondern als „Playlist“. Das trifft den Nagel auf den Kopf, denn so schwammig die Formatbeschreibung ist, so undurchsichtig ist auch das Konzept hinter der Veröffentlichung. Auf mehr als 80 Minuten erstrecken sich 22 Songs, die musikalisch von R’n’B über HipHop bis hin zu butterweichem Pop alles abdecken, was die Charts momentan dominiert. Dutzende Gastbeiträge von Künstlern wie Kanye West, Young Thug und 2 Chainz machen dieses Mammutwerk zu einem gelungenen Zeitdokument, das trotz aller Stärken viel Ausdauer abverlangt. +++ 17 Jahre sind seit „Relationship of Command“ – dem letzten Studioalbum von At The Drive-In – vergangen. Eine lange Zeit, in der die Kreativität der Musiker nie stillstand. Die mehr als eineinhalb Dekaden nutzten die fünf Bandmitglieder, um sich mit Projekten wie The Mars Volta, Antemasque oder Sparta musikalischen Weltruhm zu erspielen. Gestärkt und voller neugewonnener Lust haben At The Drive-In nun ihr viertes Album „in•ter a•li•a“ veröffentlicht. Darauf enthalten sind elf wuchtige Gitarrensongs, die den Zustand der Welt beschreiben, ohne allzu konkret zu werden. Refrains, die ins Ohr gehen, sich aber nicht in Pop-Punk-Manier anbiedern, runden diese wertige Platte ab. Das Comeback kann als geglückt bezeichnet werden. +++ „Word on the streets is you ain’t what you used to be“, schallt es Snoop Dogg im Intro seines 15. Studioalbums „Neva Left“ entgegen. Und da ist was dran. Wirklich relevant ist der einstige Goldjunge der Westküste schon lange nicht mehr. Dieses Werk wird daran auch nichts ändern. Für ein kurzweiliges Zurückerinnern sind die 16 Stücke trotzdem gut: „Vapors“ ist entspannte Lowrider-Musik, die so auch vor 25 Jahren hätte erscheinen können, „Bacc In Da Dayz“ das was der Titel verspricht und „Big Mouth“ eine ordentliche Portion Achtziger-Flavour. Also alles beim Alten und mehr erwarten wir von Snoop Doggy Dogg doch gar nicht.
jerks. lässt sich am besten als „Pastewka“ in derbe beschreiben. Christian Ulmen spielt sich in den zehn Folgen der ersten Staffel selbst und muss sich durch ein Fettnäpfchen nach dem anderen lügen. Immer an seiner Seite ist der ebenfalls sich selbst spielende Fahri Yardim. Der „jerks.“-Humor ist speziell und wird bei den vielen Ficki-Ficki- und Pippi-Kacka-Gags nicht den Geschmack aller Zuschauer treffen. Selbstironische Cameoauftritte von unter anderem sido, Carsten Speck und Kay One machen die maxdome-Produktion jedoch zu einer sehr sympathischen Serie, die sich herrlich am Stück weggucken lässt. +++ Mit Win It All hat Netflix einen weiteren Spielfilm veröffentlicht, der dem sowieso schon reichhaltigen Angebot einen zusätzlichen Geheimtipp hinzufügt. Der notorische Glücksspieler Eddie (gespielt von Jake Johnson aus „New Girl“) möchte sein Leben komplett umkrempeln, muss vorher aber 50.000 verzockte Dollar auftreiben. „Win It All“ erzählt die Geschichte eines Hallodris, der erkennt, dass das Erwachsenwerden ungeahnte Vorteile mit sich bringt. Regisseur Joe Swanberg schafft es, mit der 90-minütigen Komödie gekonnt zwischen unaufgeregter Romanze und nervenaufreibenden Zockerszenen zu pendeln. Der Einsatz von körnigen Bildfiltern und stimmig platzierter Musik unterstreicht den stilistischen Anspruch des Films. +++ Ebenfalls auf Netflix gibt es die italienische Verfilmung zu Nick Hornbys Bestseller Slam zu sehen. Sam und Alice werden mit 16 Jahren Eltern und müssen sich mit einer Zukunft auseinandersetzen, die sie so nicht geplant hatten. Als Off-Erzähler fungiert Tony Hawk höchstpersönlich, der einen ähnlichen familiären Werdegang wie Sam erlebt hat und diesem somit als ideales Vorbild dient. „Slam“ überzeugt durch die beiden Hauptdarsteller Ludovico Tersigni und Jasmine Trinca und deren harmonisches Zusammenspiel.
Die zweite Staffel von Aziz Ansaris Comedy-Serie Master of None ist seit einigen Wochen auf Netflix zu sehen. Ähnlich wie in Season One schlägt sich Protagonist Dev Shah auch in den zehn neuen Episoden durch seinen New Yorker Alltag. Dieser ist von der Suche nach der Liebe des Lebens, dem Pflegen von Freundschaften sowie dem richtigen Umgang mit dem beruflichen Werdegang geprägt. Noch ein Stück witziger und mit noch mehr einzigartigen Ideen umgesetzt, schafft es Staffel 2, die Lebenssituation eines alleinstehenden Mitdreißigers pointiert einzufangen. +++ Netflix beherrscht die Serienlandschaft und Dear White People ist der nächste Beleg hierfür. Schwarze Studenten treffen am Ivy League College Winchester auf eine Mehrheit von weißen Kommilitonen. Auf dem Grundstück der Elite-Uni entsteht ein Mikrokosmos, der mit dem Leben in den USA vergleichbar ist. Soziale Ungerechtigkeiten und Rassismus werden von den Einen bekämpft und den Anderen kleingeredet oder – noch schlimmer – befeuert. „Dear White People“ erzählt hauptsächlich aus der Perspektive der schwarzen Studenten, möchte aber alle Ethnien couragieren. Dabei macht es die Serie richtig, indem sie gutgemachten Humor über Klischees einfließen lässt, statt das ernste Thema zu überanalysieren. +++ Und noch eine Netflix-Serie: Tote Mädchen lügen nicht basiert auf dem 2007 erschienenen Roman „13 Reasons Why“ von Jay Asher. High-School-Schüler Clay (Dylan Minnette) bekommt sieben Audiokassetten zugesteckt, auf denen ihm seine Mitschülerin Hannah (Katherine Langford) die 13 Gründe nennt, die zu ihrem Selbstmord geführt haben. Durch ständige Rückblenden taucht Hannah nicht nur als Erzählerin, sondern auch als Protagonistin aus Fleisch und Blut auf. „Tote Mädchen lügen nicht“ geht gewissenhaft mit dem brisanten Thema um. Dabei wird allen beteiligten Figuren die Zeit gegeben, mit der Situation auf ihre Art umzugehen. So entwickelt sich eine emotional nachvollziehbare Geschichte, die zwar spannend, aber nie pietätlos ist.
Die auf den Archie-Comics basierende Netflix-Serie „Riverdale“ ist das hippe Thema auf den Popkultur-Blogs. Klar, dass der Archie-Verlag die Gunst der Stunde nutzt und die ins Alter gekommenen Comics mit frischer Optik neu auflegt. Archie Volume 1 nennt sich der Startschuss und dreht sich um Veronica Lodges Ankunft in der Kleinstadt Riverdale. Wer erst durch die Serie zu den Comics kommt, wird überrascht sein. Die meisten Figuren besitzen leicht bis komplett andere Charakterzüge und die Geschichten sind deutlich harmloser. Mord, Totschlag und Teenager-Eltern gibt es in der bunten Comicwelt (noch) nicht. Die Comics zu rebooten war eine verantwortungsvolle Aufgabe, die vielen langjährigen Lesern vor den Kopf hätte stoßen können. Zeichnerin Fiona Staples spricht diese Gefahr im Vorwort charmant an. Sorgen muss sie sich keine machen, denn Sie und ihre Kollegen Mark Waid (Story), Annie Wu und Veronica Fish (Zeichnerinnen 2 und 3) sind respektvoll mit der Vorlage umgegangen und haben sie gekonnt ins Jahr 2017 geholt. +++ Mit „Godspeed“ ist der zweite Teil der Flash-Sonderbandreihe erhältlich. Die Ereignisse knüpfen direkt an das erste Heft an, doch auch für Neueinsteiger bietet der Comic einen Kaufanreiz. Denn mit dem titelgebenden Godspeed stellt sich dem schnellsten Mann der Welt ein Schurke entgegen, der noch ein paar km/h zügiger voranschreitet. Die Geschichte ist spannend und enttäuscht auch mit dem finalen Kampf nicht. +++ Carol Danvers aka Captain Marvel geht mit „Krieg der Helden“ ebenfalls in die zweite Runde ihrer Sonderbandreihe. Und dieses Heft lohnt sich nicht nur für Fans der Alpha-Flight-Kommandantin, sondern auch für begeisterte Leser des derzeit laufenden „Civil War II“-Events. Das Heft thematisiert ausführlich Danvers Beweggründe, mit dem Inhuman Ulysses umzugehen wie sie es tut. Dadurch wird ihre Motivation, die sie letztendlich zur Anführerin ihrer Fraktion im Superheldenkrieg gemacht hat, noch deutlicher.
Kommentar hinterlassen