Kurz & knapp #41: Lil Pump, Fjørt, Okja, Dark, Super Mario Odyssey…
So viele Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringen wir es daher auf den Punkt. Dieses Mal dabei: Pale Seas, Jamie Lenman, Lil Pump, Fjørt, Okja, Dark, Downsizing, Super Mario Odyssey, Star Wars: Battlefront II, Mario + Rabbids Kingdom Battle, Harley Quinn, Uncanny Inhumans & WWE Volume One.
Wirklich entscheiden können sich Pale Seas nicht, ob sie auf ihrem Debütalbum „Stargazing for Beginners“ energisch oder melancholisch zu Werke gehen möchten. Und das ist auch verdammt gut so. Stücke wie „Someday“ treiben auf die Tanzfläche, Lieder wie „Bodies“ in die verschneite Nacht. Die Briten spielen seit 2011 gelungene Gitarrenmusik, die zwischen laut und weich schwankt. „Stargazing…“ ist dafür der hörenswerte Beleg auf Albumlänge. +++ Vier Jahre nach „Muscle Memory“ ist der frühere Reuben-Frontmann Jamie Lenman mit seinem zweiten Soloalbum „Devolver“ zurück. Die elf darauf enthaltenen Songs erlauben sich von funky über Rock’n’Roll bis irgendwas mit Core alles, worauf sie Lust haben. Lenmans Vortrag passt sich der Musik an. Auf der einen Seite schreit er sich über schwere Gitarren, auf der anderen haucht er über eine minimalistische Pianospur. „Devolver“ ist das perfekte Album für Menschen, die sich morgens nicht zwischen Müsli und Croissant entscheiden können und deshalb beides nehmen. +++ Wer den Hip-Hop-Sound der Stunde feiert, wird mit Lil Pump seinen Spaß haben. 15 Stücke, die mit Titeln wie „Smoke My Dope“, „Gucci Gang“ und „Youngest Flexer“ die inhaltliche Ausrichtung gut zusammenfassen, vereint dieser auf dem Album „Lil Pump“. Gastbeiträge von so namhaften Rappern wie Lil Yachty, Gucci Mane, Chief Keef, Rick Ross und 2 Chainz machen die Platte für die Zielgruppe perfekt. +++ Deutschsprachigen Post-Hardcore kredenzen Fjørt seit 2012. Ihr bereits drittes Studioalbum „Couleur“ ist nun bei Grand Hotel van Cleef erschienen. Darauf sind elf Songs enthalten, die zum aktiven Mitgestalten unserer Welt aufrufen. Denn dass diese aus der Spur geraten ist, dürfte mittlerweile auch der überzeugteste Kokonbewohner festgestellt haben. „Ich hab 1933 Gründe schwarz zu sehen“, heißt es auf „Raison“ ganz konkret. Musikalisch bewegen sich die drei Aachener dem Genre entsprechend zwischen Härte und Melodie. Ein geeignetes Stilmittel, um die schweren Themen zu verpacken.
Der südkoreanische Regisseur Bong Joon-ho hat mit Okja einen Film für Netflix geschrieben und gedreht, den deutsche Fernsehzeitschriften als Rührstück bezeichnen würden. Das junge Mädchen Mija wächst mit einem riesigen schweineähnlichen Tier auf, das aus einem Genexperiment entstanden ist. Als die dafür verantwortliche Firma ihr „Eigentum“ zurückhaben möchte, beginnt eine Rettungsaktion, in die sich auch die Animal Liberation Front einmischt. „Okja“ ist trotz eines putzigen CGI-Wesens kein Kinderfilm. Die ausbeuterische Lebensmittelindustrie wird in aller Brutalität dargestellt. Das ist so plump, wie es sein muss, um auf tatsächliche Missstände unserer Ernährung hinzuweisen. Denn den Bezug dazu, wo unsere Lebensmittel herkommen, hat die Menschheit längst verloren. Doch nicht nur die Botschaft macht „Okja“ zu einem sehenswerten Film. Auch die darstellerischen Leistungen von Jake Gyllenhaal, Paul Dano, Tilda Swinton und natürlich der 13-jährigen Nachwuchsschauspielerin Ahn Seo-hyeon sind große Kunst. +++ Netflix hat mit Dark die erste Serie veröffentlicht, die komplett in Deutschland entstanden ist. Wer jetzt steife Vorabendfernsehunterhaltung erwartet, sollte den zehn von Baran bo Odar („Who Am I – Kein System ist sicher“) gedrehten Folgen eine Chance geben. „Dark“ überrascht durch eine Präsentation, die wertig genug ist, um mit der internationalen Konkurrenz mithalten zu können. Kritiker zogen immer wieder Vergleiche mit der A-Lige-Serie „Stranger Things“. Ähnlichkeiten sind zu erkennen, da die Serie teilweise in den achtziger Jahren spielt und durch eine starke Riege von Jungschauspielern besticht. Doch wo „Stranger Things“ auf Popkulturreferenzen setzt, entfaltet sich in „Dark“ die düstere Tristesse einer deutschen Kleinstadt im Nirgendwo. +++ Das Konzept klingt vielversprechend: Um den exorbitanten Ressourcenverbrauch der Menschheit zu mindern, werden Freiwillige auf die Größe von zehn Zentimeter geschrumpft. In speziellen Kolonien leben die Minimenschen fast ohne Kontakt zur normalen Welt. Leider verpackt Downsizing diese spannende Ausgangssituation in einer Geschichte, die nicht in Fahrt kommt. Ob Komödie, Gesellschaftskritik oder Beziehungsdrama – der Film möchte sich nicht festlegen und verliert dadurch die Chance, mehr als nur eine nette Idee zu sein. Da helfen auch gute Leistungen von Matt Damon, Christoph Waltz, Kristen Wiig und Hong Chau nichts.
Mit Super Mario Odyssey hüpft sich das Nintendo-Maskottchen durch sein erstes Switch-Abenteuer. Und das kann – möchte man dem Metacritic-Score von 97 Glauben schenken – als geglückter Einstand bezeichnet werden. Spaß macht Marios Irrfahrt ohne Zweifel, in deren Verlauf Prinzessin Peach ein weiteres Mal aus den Fängen Bowsers befreit werden muss. Leider fällt sie so anspruchsvoll wie eine Matheolympiade gegen Grundschüler aus. Die Levels, die so liebevoll wie quietschbunt gestaltet sind, bieten kaum Herausforderungen. Monde, die für das Voranschreiten der Geschichte gesammelt werden müssen, liegen zum Teil ohne Gegenwehr herum. Frische Gameplay-Ideen wie Marios Mütze, mit der er in die Haut seiner Gegner schlüpfen kann, bieten jedoch genug Abwechslung, um für die komplette Spielzeit zu fesseln. +++ Über das Microtransaction-Debakel in Star Wars: Battlefront II wurde zu Recht intensiv und kritisch berichtet. In dieser Kurz-Review geht es ausschließlich um die Kampagne, die von EAs zweifelhaften Geschäftsgebaren kaum betroffen ist. Aus der Sicht des Imperiums – reingepresste Abschnitte mit Luke, Leia, Han und Lando einmal ausgenommen – erlebt der Spieler die Ereignisse kurz nach „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“. Mit fünf Stunden ist die Geschichte sehr kurz ausgefallen, lässt aber zumindest das „Star Wars“-Feeling aufkommen. Optisch beeindruckend, aber spielerisch sehr flach, ähnelt „Battlefront II“ eher einer überschminkten Schießbude als einer ausgefeilten Single-Player-Erfahrung. Wer sich das Spiel nur aufgrund der Kampagne anschaffen möchte, sollte bis zu einer Preissenkung warten. +++ Ubisoft hat das aus „X-COM“ bekannte Gameplay genommen, um es auf das „Super Mario“-Universum zu stülpen. Und weil das nicht reicht, mischen die durchgeknallten Hasen aus „Rayman“ auch noch mit. Mario + Rabbids Kingdom Battle ist ein Crossover, das so wahrscheinlich niemand für die Nintendo Switch erwartet hätte. Rundenbasiert ballert sich Mario an der Seite der Hasen durch eine rund 20-stündige Kampagne, die ihre Längen und anspruchsvollen Momente hat. Für Kinder ist dieses Strategiespiel trotz der bunten Präsentation daher nur bedingt geeignet. „X-COM“-Profis werden sich trotzdem unterfordert fühlen, denn Features wie Basisbau gibt es nicht. Da hilft auch eine Oberwelt mit kleinen Rätselpassagen nichts, die zwischen den Kämpfen erkundet werden kann.
Am diesjährigen Batman-Tag stand nicht der Dunkle Ritter, sondern seine Antagonistin Harley Quinn im Mittelpunkt. Dementsprechend gab es im obligatorischen Gratis-Comic, das in teilnehmenden Geschäften verteilt wurde, statt eines Bruce-Wayne-Abenteuers eine Geschichte mit der Clownsprinzessin zu lesen. Harley wechselt darin endgültig auf die gute Seite, denn sie macht nicht nur den Bauchredner und seine Bande dingfest, sie besteht auch darauf, ihre Strafe abzusitzen. „Gott, war ich damals kaputt“, kommentiert sie die Zeit an der Seite des Jokers und kämpft sich anschließend durch einen actiongeladenen Showdown. Als Bonus liegt dem Comic eine Leseprobe von „All-Star Batman“ bei. +++ „Aber dann seid ihr zu weit gegangen. Musstet die Bösen werden“, wirft Iron-Man den Uncanny Inhumans in „Krieg der Inhumans“ vor. Königin Medusa versucht im dritten Sonderband der Inhumans-Reihe die in „Civil War II“ verursachten Schäden so gut es geht einzudämmen. Und wie es das eingangs erwähnte Zitat von Tony Stark bereits verrät, ist das nicht einfach. Die Grenze zwischen Gut und Böse verwischt, was diese Veröffentlichung so spannend macht. Comic-Fans freuen sich zudem über einen prominenten Gastauftritt von Carol Danvers aka Captain Marvel. Mittlerweile ist auch der vierte Band „Wenn der Vorhang fällt“ erschienen. +++ Zusammen mit dem Wrestling-Marktführer WWE haben die BOOM! Studios eine Comicreihe ins Leben gerufen, die sich pro Ausgabe mit einem Superstar beschäftigt. WWE Volume One: Redesign. Rebuild. Reclaim. thematisiert Seth Rollins und dessen Bruch mit The Shield. Dabei werden aus dem TV bekannte Ereignisse fortgeführt und ausgeschmückt. Realität und Fiktion verschmelzen, wodurch der Charakter Rollins zum Superhelden hochstilisiert wird. Die für Superheldencomics typische Darstellung von unnatürlich großen Muskeln projizieren die Zeichner Dan Mora (Klaus & Hexed) und Serg Acuna perfekt auf die Wrestling-Welt. Aber auch Autor Dennis Hopeless (All-New X-Men & Spider-Woman) hat eine Geschichte geschrieben, die mit ihren Wendungen und ambivalenten Charakteren nicht nur für Wrestling-Fans spannend sein dürfte.
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