Kurz & knapp #59: Neneh Cherry, Alt-J, Death Orb, A Star Is Born, Halloween…
So viele Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringen wir es daher auf den Punkt. Dieses Mal dabei: The Allergies, Mario, Neneh Cherry, Young Mountain, Cruadalach, Alt-J, $uicideboy$, The Pariah, Burnouts, Death Orb, Return of Wolverine, Heroes in Crisis, A Quiet Place, A Star Is Born & Halloween.
Mit der Frage “Are you ready?” eröffnen The Allergies ihre Langspielplatte „Steal The Show“. Und diese Erkundigung ist gerechtfertigt, immerhin funktioniert die Rap-Musik der Briten am besten, wenn zu ihr das Tanzbein geschwungen wird. B-Girls und B-Boys werden sich mit den Breakbeats auf unmissverständlich betitelten Stücken wie „Keep It Moving“, „Dance Now“ und „Samba Fox“ wohlfühlen. Die teils antiquierten Flows passen perfekt zur Live-Instrumentierung, die mit Bläsereinsatz ordentlich Funk versprüht. Musik, die guttut. +++ Kann sich noch jemand an Mario erinnern? Das ist der R’n’B-Schönling, der 2004 mit der Single „Let Me Love You“ und dem dazugehörigen Album „Turning Point“ riesige Hits landete. 2009 war nach der vierten Platte „D.N.A.“ plötzlich Schluss. Neun Jahre später erscheint mit „Dancing Shadows“ ein neues Album, das klingt, als wäre keine knappe Dekade vergangen. Wobei das auch nicht stimmt. Neben todsicheren R’n’B-Schmachtfetzen wie „One Man Woman“, „Too Many Options“ und „Care For You“ haben sich auch elektronisch angehauchte und somit zeitgeistigere Ausflüge à la “Gold Plates“ und „Mirror“ unter die elf Stücke gemischt. Die Zielgruppe weiß Bescheid. +++ Auf ihrem fünften Soloalbum “Broken Politics” geht es Neneh Cherry musikalisch ruhiger an. Die jazzig angehauchte Instrumentierung dient nur als Begleitung zum inhaltlich so wichtigen Vortrag. In einer Mischung aus Gesang und Spoken-Word beschäftigt sich die Schwedin mit existenziellen Fragen: „Push my buttons best / Unravel just the seams / I have come undone / In the fabric of our dreams“. „Broken Politics“ ist ein überraschendes Album in einer Diskografie, die seit dem kommerziellen Erfolg in den achtziger Jahren nur vor Überraschungen strotzt. +++ Auf “Lost Tree” leiden Young Mountain hörbar. Ihren Schmerz knüppeln die Schweden nicht nur nach den Regeln des Hardcore heraus, sondern greifen auch auf Musikstile wie Post-Rock, Black Metal, Alternative und Kuschelrock zurück. Trotzdem oder gerade deshalb passt alles zusammen. „Lost Tree“ ist eine so dichte wie atmosphärische Platte, die eine Band mit musikalischer Weitsicht zeigt.
Cruadalach stellen vor die Genre-Bezeichnung Metal Begrifflichkeiten wie Folk, Melodic und Groove. Unterstrichen wird das durch den Einsatz von Schlüsselfideln, die den Songs eine erstaunliche Zugänglichkeit verleihen. Weichgespült ist auf ihrem dritten Studioalbum „Raised by Wolves“ trotzdem nichts. Metal bleibt immer noch Metal. Auf ihrer Facebook-Seite nennen die Tschechen bei den Einflüssen nicht ohne Grund „inner struggles“. +++ Mit „Reducer“ erfüllten sich Alt-J einen Traum: Sie ließen Songs ihres dritten Albums „Relaxer“ von Hip-Hop-Künstlern remixen. Leider fällt das längst nicht so spannend aus, wie es sich die Folk-Band erhoffte. Künstler wie Rejjie Snow, Little Simz, Twin Shadow, Alchemist und der deutsche Vertreter Kontra K verpassen den Liedern einen neuen Look, schaffen aber keinen Mehrwert. Der Griff zur Vorlage steht bei Fans und Gelegenheitshörern weiterhin an erster Stelle. +++ Seit 2014 legen die $uicideboy$ einen Fleiß an den Tag, der Fans im Monatstakt neue Mixtapes beschert. Mit dem Debütalbum „I Want to Die in New Orleans“ sollen nun die Früchte dieser harten Arbeit geerntet werden. Musikalisch liefert das Duo auf gewohntem Niveau ab. Die $uicideboy$ sind der Albtraum für bibeltreue Moralapostel. Nach dem Exzess kommt das schlechte Gewissen, doch am Abend wird das schon wieder betäubt. Hervorgehoben werden die hedonistischen Themen von einem basslastigen Sound, der geraden den gesungenen Parts und Hooks Raum zum Atmen gibt. +++ Auf ihrem Debütalbum „No Truth“ ballern The Pariah wie rostige Schrotflinten. Der Hardcore-Punk der Bottroper lässt dennoch Melodien zu, die in Stücken wie „Silent Birds“ und „Persona“ kurzzeitig das Ruder herumreißen. Genre-Musik, die nicht in Genres denkt.
In der Comicserie Burnouts kämpft die titelgebende Jugendgang gegen Aliens, die sich unbemerkt unter Menschen mischen. Doch nur wenn die Mitglieder unter Drogeneinfluss stehen, können sie die feindlich gesinnten Fremden erkennen. Was wie ein schlechter Witz klingt, bietet Stoff für spannende Geschichten. Die Burnouts opfern sich für eine Gesellschaft, die sie aufgrund ihres Rauschmittelkonsums für Asoziale hält. Die groben und farbenfrohen Zeichnungen von Geoffo verleihen der Reihe Retrocharme, der die häufig bemühten Vergleiche mit „Stranger Things“ befeuert. +++ Auf der Suche nach seiner Familie durchstreift ein einsamer Motorradfahrer das dystopische Nordamerika. Die Geschichte von Ryan Ferrier klingt zwar nicht originell, doch Death Orb überzeugt an anderer Stelle. Alejandro Aragon setzt das Wasteland mit seinen Zeichnungen beeindruckend in Szene. Bleibt zu hoffen, dass die Geschichte ab dem zweiten Heft an Fahrt aufnimmt. +++ Vier Jahre nach „Death of Wolverine“ kehrt Logan mit der fünfteiligen Serie Return of the Wolverine von den Toten zurück. Mit einer neuen Superkraft, einem neuen Kostüm und einer neuen Gegnerin bietet die Reihe frische Ideen, die von einem rauen und blutigen Zeichenstil abgerundet werden. +++ Bei dem, was Superhelden erleben, ist es keine Überraschung, dass einige von ihnen an posttraumatischen Belastungsstörung leiden. In der neunteiligen Reihe Heroes in Crisis gehen Batman, Wonder Woman und Superman einem Amoklauf nach, der in einer psychiatrischen Einrichtung für entsprechende Weltenretter mit PTBS vonstattenging. Eine spannende Krimi-Mystery-Geschichte, die Tom King schrieb und Clay Mann im typischen DC-Stil illustrierte. In Nebenrollen treten Harley Quinn und Booster Gold auf.
Ein Film mit der Geräuschkulisse einer Bibliothek – kann das funktionieren? A Quiet Place beweist, dass es klappt. Die Monster in John Krasinskis Regiedebüt reagieren auf Lautstärke, weshalb sich die Charaktere auf Samtpfoten durch die dystopische Welt bewegen müssen. Der Cast rund um Krasinski und Emily Blunt meistert diese darstellerische Leistung mit Bravour und verleiht einem altbackenen Genre einen neuen Twist. Eine noch größere Herausforderung müssen allerdings die Kinobesucher bewältigen, da sie kaum die Möglichkeit haben, genüsslich in ihre Taco-Chips zu beißen. +++ Nach hochgelobten Leistungen in der TV-Serie „American Horror Story“ gibt Lady Gaga in A Star Is Born ihr großes Leinwanddebüt. Die mit Talent aber wenig Erfolg gesegnete Sängerin Ally verliebt sich in den weltberühmten Rockmusiker Jackson. Er ermutigt sie durch Taten und gute Worte, eine Musikkarriere zu starten. Während sie Hallen füllt, beginnt sein Abstieg, der nicht zuletzt an ungelösten Familienproblemen und einer schweren Alkoholsucht liegt. Der Film kratzt nicht selten an der realen Biographie Lady Gagas und hält damit immer wieder schmerzhaft fest, dass diese unantastbaren Wesen im Scheinwerferlicht auch nur Menschen sind. „A Star Is Born“ ist der traurigste, aber auch romantischste Film, den das Blockbusterkino diese Saison hervorbrachte. +++ Genau vierzig Jahre sind seit dem ersten Halloween von John Carpenter vergangen. In der alternativen Fortsetzung zum Horrorklassiker räumt dieser den Regiestuhl zwar für David Gordon Green, doch ansonsten werden sich Fans von Michael Myers sofort wohlfühlen. Die Musik stammt aus der Feder von Carpenter, die William-Shatner-Maske erzeugt noch immer Gänsehaut und Jamie Lee Curtis kehrt als gealterte Laurie Strode zurück. Nicht alles ergibt nach Franchise-Logik Sinn, doch als Horrorfilm funktioniert „Halloween“ hervorragend.
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