Kurz & knapp #6: Faith No More, Kendrick Lamar, Better Call Saul, Iron-Man…
So viele spannende Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringe ich es daher in Kurzreviews auf den Punkt. Diesmal mit dabei: Torpus & The Art Directors, Faith No More, Snew, Bimbo Beutlin, Kendrick Lamar, Genetikk, Rocky Votolato, Chuck Ragan, The Gunman, Better Call Saul, My Own Man, Die Augen des Engels, Wolfenstein, Super Exploding Zoo!, Iron-Man, Star-Lord und zweimal die Avengers.
„The Dawn Chorus“ nennt sich die neue Langspielplatte der Hamburger von Torpus & The Art Directors, die dieser Tage über Grand Hotel van Cleef erschienen ist. Multiinstrumentale Wohlfühlmusik zwischen Folk und Alternative, die statt auf große Gänsehautmomente auf sympathischen Minimalbombast setzt. „In Hushed Tones“ ist vertonte Landflucht, mit „Water“ lässt sich auf der entsprechenden Fahrt wundervoll träumen und „From Holding Your Hands“ fasst die Schönheit kleiner Gefühle perfekt zusammen. 13 Stücke, die sich angenehm unwichtig nehmen und genau deshalb direkt in Herz und Bein gehen. Nach 18 Jahren Veröffentlichungspause melden sich Faith No More mit ihrem siebten Studio-Album „Sol Invictus“ zurück. Und was soll man sagen? Besser können Comebacks nicht laufen. Ob der von minimalistischem Pianoeinsatz unterstützte brodelnde Titelsong, musikalische Betonwände wie in „Superhero“ oder der ikonische Ohrwurm „Motherfucker“ – Billy Gould, Mike Patton und Co. haben es noch ebenso drauf wie in ihren Hochzeiten in den Neunzigern. Etwas Zeit benötigen die zehn Stücke zwar, bis sie sich im Gehörgang festsetzen, aber dann möchte man die durch die Bank funktionierenden 39 Minuten immer und immer wieder genießen. Zwei kostenlose Download-Tipps aus dem Bereich HipHop will ich euch geben. Zum einen die „Frank Drebin“-EP von eou-Rapper Snew: Sechs 2- bis 3-Minuten-Tracks für Menschen, die in den finalen Semestern an der Uni stecken, aber nicht besonders glücklich sind. Zum anderen die „Von Pfeifenkraut und leichten Frauen“-EP von Bimbo Beutlin: Zehn melodische Songskizzen über Tagedieberei, Verflossene und weiche Drogen.
Das HipHop-Magazin Juice gab „To Pimp A Butterfly“ – Kendrick Lamars Nachfolger zum in den Himmel gelobten „Good Kid, M.A.A.D. City“ – sechs von sechs Kronen. Zu Recht, denn was der 27-jährige Comptoner auf den 16 Stücken abliefert, bietet in Sachen inhaltlicher und musikalischer Tiefe dermaßen viel Fleisch, dass sich das Gehörte nur langsam verdauen lässt. Kendrick Lamar setzt sich unbequem ehrlich, kritisch und vor allem intelligent mit der Situation der schwarzen Bevölkerung in den USA auseinander. Das Ganze ist so dermaßen organisch vertont, dass es eine wahre Freude ist, von Sommerstampfern wie „King Kunta“ zu Schmuseohrwürmern wie „Complexion (A Zulu Love)“ zu skippen. Das vorläufig beste Rap-Album des Jahres! Bezogen auf Verkaufszahlen ist zumindest in Deutschland „Achter Tag“ von Genetikk das vorläufig beste Rap-Album des Jahres. Wenn die Saarbrückener aggressive Lifestyle-Hymnen wie „Überüberstyle“, „Dago“ oder „Mein Kung Fu“ droppen, kann man ihnen bei so viel knüppelharter Coolness fast nichts vorwerfen. Wechseln sie jedoch auf 0815-Themensongs mit programmatischen Titeln wie „Wünsch dir was“, „Mal es in die Wolken“ oder „Die Welt heilt“, könnten sie vor lauter Allgemeinplätzen nicht austauschbarer sein. Auch wenn ihr drittes Album nicht das Masterpiecce geworden ist, als das sie es auf „22MMM“ bezeichnen, ist keine deutsche Rap-Crew näher am Gesamtkunstwerk dran. Genetikk sind vom Soundbild bis zur visuellen Präsentation ein eigenes Universum. Nach „Hospital Handshakes“ veröffentlicht Rocky Votolato bereits seine zweite Platte dieses Jahr. Die Split-EP „Kindred Spirit“, gemeinsam mit Chuck Ragan, beinhaltet je drei Folkrocknummern pro Künstler und ist das Ergebnis ihrer gemeinsamen Revival Tour. Wo Rocky Votolato in seinen Beiträgen noch etwas ruhigere Seiten anstimmt, geht Chuck Ragan mit seinen Gastmusikern (u.a. Dave Hause) voll und ganz im Pathos auf. Bodenständige Musik, die man sich in einschlägigen Download-Portalen für schlappe 4,99 Euro schießen kann.
Knautschfresse Sean Pean ist mit dem Action-Thriller The Gunman zurück und erinnert damit an eine spannungsarme Version der Bourne-Filme. So hangelt sich der Streifen durch einen vorhersehbaren 0815-Plot rund um Verschwörungen innerhalb raffgieriger Großkonzerne, der in seinen besten Momenten angenehm unterhält, es aber nie schafft, komplett mitzureißen. Durchtrainiert wie ein 25-Jähriger gibt sich zumindest Sean Pean keine Blöße und mimt den gesundheitlich stark angeschlagenen Ex-Soldaten Jim Terrier routiniert bis grandios. Doch ständige Wiederholungen der immer gleichen Action-Szenen in unterschiedlichen Szenarien und ein Twist, der den Gähn-Moment des Kinomonats verdient, watschen diesen Film der Kategorie „muss man nicht gesehen haben“ leider ab. Wer sich nicht in die großen Lichtspielhäuser traut, kann auch zuhause bleiben und gemütlich von der Couch aus die erste Staffel von Better Call Saul schauen. Das Spin-Off der Erfolgsserie „Breaking Bad“ spielt sechs Jahre vor den Geschehnissen rund um Walter Whites Drogenkarriere und beleuchtet die Geschichte des zwielichtigen Anwalts Jimmy McGill aka Saul Goodman. Bob Odenkirk spielt seine Figur dabei so herrlich irre und einnehmend, wie man es von seinen Auftritten im großen Serienbruder kennt. Witzig und dramatisch zugleich sind die 10 Episoden der ersten Season auch für Leute geeignet, die „Breaking Bad“ nicht gesehen haben. Doch wer hat das schon?! Zu Avengers: Age Of Ultron muss eigentlich nicht mehr viel geschrieben werden. Neben Star Wars, Jurassic World und Mad Max wohl das große Blockbuster-Highlight, an dem kaum ein Popkulturinteressierter dieses Jahr vorbeikommt. Ein paar Worte möchte ich aber dennoch über Joss Whedons Superheldenepos verlieren. Die Krach-Boom-Peng-Orgie hat viel zu viel von allem, aber keinen anständigen Plot. Zwei Fußballmannschaften von Hauptfiguren schlagen sich nonstop die Köpfe ein und machen dabei zwar ordentlich Laune, lassen aber die große filmübergreifende Rahmenhandlung rund um die Infinity-Steine völlig vergessen. Mit den weniger überladenen Soloabenteuern der Marvel-Kostümträger habe ich mittlerweile deutlich mehr Spaß.
Mit My Own Man hat der Streaming-Dienst Netflix eine sehr eigenartige Dokumentation veröffentlicht. David Sampliner, der von hemmenden Unsicherheiten und mangelndem Durchsetzungsvermögen geplagt wird, geht in dem 81-minütigen Film auf die Suche nach seiner Männlichkeit. Er wird Vater und möchte für seinen Sohn das Alphatier darstellen, das dieser angeblich braucht. Die Doku ist durchaus witzig, weshalb auch nicht jede Szene bierernst genommen werden muss, etwas fraglich ist das Männerbild dennoch, das vom Protagonisten als Idealvorstellung angesehen wird. Die Idee, sich mit den Gründen und der Beseitigung von fehlendem Selbstbewusstsein zu beschäftigen, ist an sich spannend, das Ganze jedoch mit Männlichkeit in Verbindung zu bringen, ist meiner Meinung nach albern. Zumal beim Zuschauer immer wieder der Eindruck erweckt wird, dass sich die Hauptfigur zum Teil einfach nur selbst Leid tut. Wem sein Testosteronspiegel wichtig ist, kann sich diesen Quatsch – in dem auch Edward Norton zu Wort kommt – ja mal anschauen. Der Psycho-Thriller Die Augen des Engels dreht sich rund um den Mordprozess der Studentin Jessica, der auf dem tatsächlichen Fall von Amanda Knox basiert. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Drehbuchautoren Thomas – gespielt von Daniel Brühl – der an einem Film über die Geschehnisse arbeitet. Dies ist die grobe Zusammenfassung, welche dem Plot eigentlich nicht gerecht wird: Denn in Wahrheit handelt „Die Augen des Engels“ von der drogengeschwängerten Lebenskrise eines Kreativen, einem mysteriösen Mordfall, der von der Presse scheinbar beeinflusst wird und zwischenmenschlichen Beziehungen, die man nicht kontrollieren kann. Doch statt dem Zuschauer alle Handlungsstränge vorzukauen, lässt der Film diesen lieber verwirrt, aber auch durchaus fasziniert zurück, um so reichlich Raum für Interpretation zu bieten. Mit Siena eine Stadt zur vierten Hauptdarstellerin zu machen und immer wieder in eine gruselige Atmosphäre zu tunken, unterstreicht die Qualität und Tiefe dieses Michael-Winterbottom-Films.
Nach dem großen Überraschungs-Comeback mit “The New Order” vom letzten Jahr, legen Bethesda nun mit Wolfenstein: The Old Blood nach. Ein Stand-Alone-Game, das mit seiner rund siebenstündigen Kampagne auch ohne das Hauptspiel und preislich dank schmaler 20 Euro (die physische Version kostet 25 Euro) wunderbar funktioniert. Die allseits unbeliebten Nazis bekommen erneut ordentlich Schrott in Hintern und Köpfe gepumpt, was endlich wieder in der titelgebenden Burg passiert. „The Old Blood“ spielt zeitlich vor „The New Order“ und glänzt abgesehen von einem leichten Grafik-Update vor allem durch ein Eisenrohr, das als Allzweckwerkzeug eingeführt wird und als frisches Spielelement hervorragend klappt. Schade ist es jedoch, dass die schnieken Zwischensequenzen aus dem Vorgänger gänzlich verschwunden sind. Da helfen auch keine Nazi-Zombies, die ab der zweiten Spielhälfte auf der Bildfläche erscheinen. Wer mit diesem Spiel in das Wolfenstein-Universum einsteigen möchte, sollte zuerst „The New Order“ zocken, alle anderen können nix falsch machen. Für die PlayStation 4 und Vita erschien vergangene Woche das Knobelspiel Super Exploding Zoo!. Eine hochexplosive Tierherde muss geschickt eingesetzt werden, um Gegner wegzusprengen und dadurch das kostbare Ei in der jeweiligen Spielfeldmitte zu schützen. Ein Mulitplayer-Modus und die Möglichkeit unendlich viele zufallsgenerierte Level zu spielen, machen „Super Exploding Zoo!“ zu einem hirnzellenanregenden Zwischendurchspiel mit einer süßen Comicgrafik.
Eine abgeschlossene Geschichte rund um Iron-Man, Nova und die Uncanny X-Men gibt es im neuen Comic „Jagd auf Cyclops“. Nachdem der titelgebende Mutant von Death’s Hand entführt wurde, sind die genannten Superhelden auf der Suche nach ihm. Schlag auf Schlag erzählt, punktet die Geschichte durch eine gehörige Portion Humor, kann mich aber „dank“ der recht blassen und unspektakulären Zeichnungen nicht komplett in ihren Bann ziehen. Star-Lord – seines Zeichens Anführer der Guardians Of The Galaxy – hat nun seine eigene Soloserie, in der er sich als noch supercoolere Version von Han Solo durch den von Problemen gebeutelten Weltraumalltag schlägt. In Band 1 lernt er unter anderem seine Halbschwester Victoria kennen, bandelt mit X-(Wo)Men Kitty Pryde an und versucht sich an Thanos zu rächen. Ein gelungener Startschuss, der von Sam Humphries humorvoll geschrieben und von Paco Medina und Freddie Williams detailliert gezeichnet wurde. Und zum Abschluss noch ein kleiner Hinweis: Passend zum Avengers-Kinofilm wurde – O-Ton Beschreibungstext auf der Rückseite – eine der besten Ultron-Geschichten aller Zeiten wiederveröffentlicht. 1998 unter dem Titel „Ultron Unlimited“ erschienen, bietet die Story allen, die von „Age Of Ultron“ nicht genug bekommen können, noch mehr Stoff. Kann man lesen.
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