Kurz & knapp #7: Goatsnake, Tocotronic, The Witcher 3, Attack On Titan…
So viele spannende Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringe ich es daher in Kurzreviews auf den Punkt. Diesmal mit dabei: Goatsnake, Lance Butters, Funeral For A Friend, Tocotronic, Torres, Tinashe, Hot Girls Wanted, The Witcher 3, Driveclub, Attack On Titan, Firefly, Star Trek & Batman.
Nach zehn Jahren Pause meldet sich die Doom-Metal-Band Goatsnake mit ihrem dritten Album „Black Age Blues“ zurück. Auf den Hörer warten neun schwere, aber ebenso zugängliche Stücke, die mit ihrer Kraft Betonmauern einreißen könnten. Konzentriertes Lauschen lohnt sich, denn Highlights gibt es in den dichten Soundwelten der Kalifornier genug: Sei es die Country-eske Mundharmonika in “Elevated Man”, die beinahe schon orchestralen Elemente in „Jimi’s Gone“ oder die weibliche Gesangsunterstützung in “Grandpa Jones” – dieses Album geht ganz schnell ins Ohr, aber allzu zügig nicht mehr heraus. Genug von bärtigem Metal, denn meinen HipHop mag ich cool, respektlos und inhaltlich eher Lifestyle als tiefgründig. Eben gutgemachte Musik, die mir nicht das Leben erklären, sondern den Rücken mit Selbstbewusstseinshymnen stärken möchte. „Blaow“ von Lance Butters macht genau das und holt mich mit seinen 13 kräftig pumpenden Stücken direkt am Basketballplatz ab. Ob „Deal With It“, „Raw“ oder „Free Lance Butters“, die Platte hält durchgängig bei Eisteelaune und drückt den Bass genau an die richtige Stelle in der Magengegend. Passend zum 10-jährigen Jubiläum veröffentlichten Funeral For A Friend eine Live-CD/DVD zu ihrem zweiten Album „Hours“. Von „Streetcar“ über „History“ bis hin zu selten gespielten Stücken wie „Sonny“ sind alle Songs der Platte plus fünf Bonuslieder dabei. Für Fans die reinste Nostalgieabfahrt, alle anderen greifen lieber zur Studioaufnahme.
Wenn vier Mittvierziger ein deutschsprachiges Popalbum über Jugendliebe machen, kann das durchaus peinlich werden. Zum Glück sind Tocotronic kompetent genug, jegliches Thema würdevoll in gutgemachte Musik zu verpacken. Auf ihrem neusten Album, das sie schlichtweg nach sich selbst benennen (oder wahlweise auch „Das rote Album“), gehen die Hamburger noch einmal zurück in ihre Sturm-und-Drang-Zeit und lassen sich in die purste und unschuldigste Form der Liebe fallen („Ich öffne mich“), preisen ihren Schwarm an („Zucker“) und reiben schlussendlich Körper an Körper („Chaos“). Diese Platte reißt den Hörer dank großer kleiner Gefühle mit. Ein anderes Album kam für mich völlig aus dem Nichts: „Sprinter“ von Torres. Neun unglaubliche Stücke, die mal akustische Kloß-im-Hals-Stücke („The Exchange“) und mal melodische Riot-Grrrl-Abfahrten („New Skin“) sein können. Sängerin, Gitarristin und Keyboarderin Mackenzie Scott findet als Frontfrau der vierköpfigen Gruppe immer die richtigen Worte, wenn sie beispielsweise in „Strange Hellos“ flüchtige Bekanntschaften thematisiert. Mit „Sprinter“ wird sich die Band in geschmackssicheren Jahresbestenlisten ganz weit vorne platzieren. Und zum Schluss noch ein Geheimtipp für Menschen mit leerem Geldbeutel: „Amethyst“ von Tinashe ist dermaßen gut produzierter R’n’B, dass man sich dieser entschleunigten Schlafzimmermucke kaum entziehen kann. Doch Vorsicht ist geboten, denn für das abendliche Fitnessprogramm sind die sieben kostenlosen Downloadstücke wahrlich nicht geeignet.
Der Dokumentarfilm Hot Girls Wanted begleitet fünf 18- bis 19-jährige Frauen, die ihr Geld mit Amateur-Pornografie verdienen. Die Doku möchte nachvollziehbare Gründe für den Weg in die und schlussendlich auch aus der Industrie aufzuzeigen, indem er versucht, eine enge persönliche Bindung zwischen Zuschauer und Protagonisten aufzubauen. So begleitet die Film-Crew Darstellerin Tressa zu ihren Eltern und hält auch bei unangenehmen Outing-Gesprächen voll drauf. Leider kratzt der Film bei allen Bemühungen oftmals nur an der Oberfläche und geht auf viele Themen lediglich am Rande ein. Auch das Vergleichen von Birnen mit Äpfeln beim Einfluss des Internets auf die Pornografie im Allgemeinen und der sozialen Medien im Speziellen erzeugt ein eher verwaschenes Bild auf die Pornoindustrie. Dennoch ist „Hot Girls Wanted“ ein spannender Einblick in einen kurzen Lebensabschnitt von ein paar jungen Damen, die es scheinbar nicht besser wussten. Der von Jill Bauer und Ronna Gradus gedrehte Film feierte beim Sundance Film Festival 2015 Premiere und kann seit Ende Mai über den Streaming-Dienst Netflix gesehen werden.
Wer es bisher nicht mitbekommen hat, wird sich wahrscheinlich nicht für Videospiele interessieren und diesen Absatz sowieso überspringen. Das Rollenspiel The Witcher 3: Wild Hunt hat im Vorfeld einen Hype abbekommen, der seinesgleichen sucht und – was selten passiert – diesem nach Release auch gerecht wurde. Das Game des polnischen Entwicklers CD Projekt RED packt einen und überfordert trotz unzähliger spielerischer Möglichkeiten nicht. Haupt- und Nebenquests werden nicht als notwendiges Übel abgehakt, sondern ganz natürlich gespielt, weil man alles in dieser Welt erleben möchte. Fantastische Grafik, ein anspruchsvolles Kampfsystem und ein Plot, der sich zur halben Detektivgeschichte entwickelt, runden das Spielvergnügen ab. Auch als Nichtrollenspielspieler konnte ich die Finger nicht vom Pad lassen und ärgere mich eigentlich eher darüber, dass meine Zeit für ein inhaltlich so komplexes Spiel nicht ausreichend vorhanden ist. Der reichhaltige Inhalt spiegelt sich leider in der Menüführung wieder, die für mich als eben Nichtrollenspielspieler doch etwas unübersichtlich ausfällt. An sich muss man die Fehler in „The Witcher 3“ jedoch suchen. Großartiges Ding. Ursprünglich sollte die PlayStation Plus Edition des PS4-Rennspiels Driveclub parallel zur regulären Kaufversion verfügbar sein. Wegen technischer Probleme hat sich eine Veröffentlichung der kostenlosen Variante jedoch um neun Monate verschoben. Nun ist das schicke Racing-Game aber per Download erhältlich und macht wirklich Spaß. Das Gameplay ist einfach, verzeiht aber keine Fehler und Ungenauigkeiten. Wer vorne mitfahren möchte, muss sich anstrengen und erst einmal ein paar Trainingsrunden einplanen. Die Features sind im Vergleich zu der noch rund 25 Euro teuren Vollversion überschaubar. Wer sich das Geld sparen möchte, bekommt deutlich weniger Autos und Rennstrecken, dafür aber eine dermaßen umfangreiche Demoversion, die Stunden fesselt und auch den Erhalt einer Platintrophäe möglich macht.
Das Franchise Attack On Titan bricht spätestens seit 2013 mit der erfolgreichen Animeserie alle erdenklichen Rekorde. Die Endzeit-Saga rund um die beiden Geschwister Eren Yaeger und Mikasa Ackerman und ihren Kampf gegen die übermächtigen Titanen bekam mit „No Regrets“ nun ein Spin-Off in Mangaform spendiert. Darin wird auf die Geschichte des beliebten Hauptmann Levi eingegangen, der unter Fans zu den beliebtesten Figuren zählt. Band 1 zeigt in actionreichen schwarz-weiß-Zeichnungen, wie Levi Mitglied des Aufklärungstrupps wird und gibt erste Einblicke wie ihn sein außergewöhnlicher und überlegter Kampfstil zu dem coolen Anführer macht, der er in der zeitlich später angesiedelten Hauptserie ist. Für Fans der Titanen unverzichtbar. Joss Whedons Bruder Zack erzählt in Serenity: Blätter im Wind die Geschichte um Captain Malcolm Reynolds und seine Crew aus der TV-Serie „Firefly“ weiter. Der Comic schafft es dabei, von der ersten Seite an, Freunde der Serie abzuholen und das wohlige alte Gefühl, das damals beim Schauen aufkam, auch in gezeichneter Form aufleben zu lassen. Der von Georges Jeanty in Szene gesetzte Zeichenstil erinnert an Telltales‘ Walking-Dead-Spiele. Leider ist das Aussehen der Gesichter von Panel zu Panel teilweise stark unterschiedlich. Überhaupt gleichen die Figuren rein optisch nur mit zwei zugedrückten Augen ihren Vorbildern aus Fleisch und Blut. Trotzdem ist „Blätter im Wind“ in seinen Bildern wuchtig und vor allem sehr spannend erzählt. Als Bonus gibt es eine ebenfalls von Zack Whedon geschriebene und von Fábio Moon gezeichnete Kurzgeschichte namens „Es ist nie leicht“, die in einem gänzlich anderen Stil besitzt und den Humor der Serie perfekt einfängt.
Bleiben wir im Weltall: Der elfte Star Trek-Comicband mit dem Titel „Der Khitomer-Konflikt“ ist erschienen. Die aktuell laufende Reihe setzt direkt nach dem Kinofilm „Into Darkness“ ein und beleuchtet in der vorliegenden Ausgabe eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Romulanern, Klingonen und der Föderation. Wer mehr über die drei großen Fraktion im Star-Trek-Universum und deren Verhältnis zueinander erfahren möchte, ist mit der von Erfan Fajar sauber gezeichneten und von Mike Johnson zackig erzählten Geschichte gut bedient. Auch für Nicht-Trekkies eine vergnügliche Lektüre. Zwischen Mai und Juli 2015 erschien die dreiteilige „Ikarus“-Geschichte von Francis Manapul und Brian Buccellato im Rahmen der monatlichen Batman-Reihe. Die sozial hochengagierte Elena Aguila wird Opfer der titelgebenden Droge und stirbt auf der Türschwelle von Bruce Waynes Anwesen. Der dunkle Ritter startet die Ermittlungen und muss es neben der Rockerbande King Of The Sun auch mit Polizei-Lieutenant Harvey Bullock aufnehmen. Eine Story, die stark beginnt, aber nach hinten raus an Spannungsarmut leidet. Erwachsene Zeichnungen und die Rivalität zwischen Batman und Bullock machen den Plot trotzdem zu einem kleinen Highlight für zwischendurch.
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