Kurz & knapp #79: Snoop Dogg, GLOW, Derry Girls, Gut gegen Nordwind…
So viele Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringen wir es daher auf den Punkt. Dieses Mal dabei: #zweiraumsilke, Snoop Dogg, !!!, Fabian Römer, Barker, GLOW, Dear White People, Derry Girls & Gut gegen Nordwind.
Das zwölfköpfige Künstlerkollektiv #zweiraumsilke beschreibt sich selbst als „zielstrebig planlos“. Dabei wissen die Hip-Hop-Musiker auf ihrem Album „Detox“ ziemlich genau, was sie wollen: Themensongs aus der Mitte der Gesellschaft – ein bisschen aufgedreht, ein bisschen verloren, aber alles ziemlich normal. Müsli-Rapper würden die einen schimpfen, die anderen freuen sich über die live eingespielten Beats, die Hip-Hop sind, aber dennoch knietief im Jazz und Funk stehen. +++ Nach fast drei Dekaden im Spiel hat sich Snoop Dogg ein wenig Eigenlob verdient. Sein 17. Studioalbum „I Wanna Thank Me“ widmet er sich also einfach selbst. Die Musik darauf fällt entsprechend zurückgewandt aus. Statt aktuelle Hypes zu bedienen, musiziert er sich einmal quer durch seine Karriere. G-Funk („One Blood, One Cuzz“), Latino-Einflüsse („Do It When I‘m In It“), Nate-Dogg-Feature („Wintertime in June“), Gospel („Doo Wop Thank Me“) und New-York-Shit mit Swizz Beatz („Countdown“) – die Wundertüte quillt über. Leider fehlen die Highlights, die während der 75 Minuten bei der Stange halten.
Auch auf ihrem achten Album können !!! nichts mit Schubladen anfangen. „Wallop“ hangelt sich irgendwo zwischen Elektro, Indie-Pop und Funk mit einem lebensbejahenden Sound in die Gehörgänge. Dabei blenden !!! die Realität nicht aus. Inhaltlich sind sie – geplagt von den aktuellen politischen Entwicklungen – dem Nervenzusammenbruch ziemlich nah. Dieser erwischt sie eben auf der Tanzfläche. +++ Fabian Römer lässt sich nicht stressen. Ganze vier Jahre nach „Kalenderblätter“ legt der frühere F.R. mit „L_BENSLAUF“ nach. Darauf preist der Rapper einen Lifestyle an, der sich nicht an einer Karriereleiter abmüht. „Die Schönheit liegt in allem, auch im Scheitern“, heißt es dementsprechend in „Anders schön“. Mit poppigen Refrains schielt aber auch er auf die Charts. Und wenn es nicht klappt, hat er immer noch eine Beziehung, aus der er nicht nur Kraft, sondern auch Kreativität zieht: „El Dorado wird zu Mordor neben dir“. +++ Zum Abschluss des Musikabschnitts noch ein Tipp für Freunde der Tanzmusik: Berghain-DJ Barker bietet mit „Utility“ eine Dreiviertelstunde feinsten Elektro, der zwar ohne Kickdrums auskommt, aber mit sehr vielen Klangideen gespickt ist.
Der Catch-Zirkus von GLOW geht in die dritte Staffel. Statt fürs Fernsehen treten die „Gorgeous Ladies of Wrestling“ in Las Vegas auf. Der Kulissenwechsel bringt frischen Wind. Auf dem Wrestling liegt der Fokus nur in der ersten Episode. Danach stehen die Probleme der Figuren im Mittelpunkt. Trotz der Cast-Größe gelingt dies hervorragend. Es geht um Empowerment, die LBGTQ-Gemeinschaft und Beziehungen zwischen Kindern und Eltern. Ein fieser Cliffhanger macht Hoffnung auf eine vierte Season. +++ Nach zwei Staffeln schien Dear White People die inhaltliche Explosivität verloren zu haben. Doch die Serienmacher verknüpfen in der dritten Season zwei Themen, die nicht nur auf dem Campus der Winchester-Universität für hitzige Diskussionen sorgen: Rassismus und #MeToo. Eine weiße Studentin wirft einem schwarzen Professor unangemessenes Verhalten vor. Wem wird geglaubt? Wer lügt? Und überhaupt: Was darf man sagen? Auch der Fokus auf LBGTQ-Themen innerhalb der schwarzen Gemeinschaft bringt neuen Schwung in die Netflix-Produktion.
Die zweite Staffel von Derry Girls knüpft direkt an die Ereignisse der ersten an. Serienmacherin Lisa McGee beschreibt darin das Leben einer nordirischen Mädchenclique in den Neunzigerjahren. Geprägt vom Nordirlandkonflikt versuchen Erin Quinn und ihre Freundinnen ein normales Leben zwischen der ersten Liebe und dem Anhimmeln von Take That zu führen. Wie schon in der ersten Season punktet „Derry Girls“ durch einen herrlich verschrobenen Cast, der das an sich ernste Szenario mit viel Humor füllt. Durch den starken Akzent der Darstellerinnen sind gute Englischkenntnisse vonnöten. +++ 2006 feierte Daniel Glattauer mit seinem Roman Gut gegen Nordwind große Erfolge. Die Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, die sich über immer intensiver werdenden E-Mail-Verkehr kennenlernen, war ungewöhnlich geschrieben und berührend. Die Verfilmung mit Nora Tschirner und Alexander Fehling fängt diesen Zauber nicht ein. Langatmig wirken die Dialoge zuweilen. Der Spannungsbogen streckt sich, bis er nur noch nervt. Positiv fallen dagegen die Inhalte auf, die nicht im Buch enthalten sind. Am Ende bleibt „Gut gegen Nordwind“ trotzdem eine Geschichte, die in Buchform am besten funktioniert.
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