Liam Gallagher in Tokio: „Ich bin nicht Bruce Springsteen!“

13.9.2018 – Tokio, Nippon Budōkan

Volles Haus: Tokio hatte Bock auf Liam Gallagher

Am 13. September 2018 startete Liam Gallagher seine Japan-Tour in Tokio. Und obwohl er nicht der Boss ist, zog er das Konzert fast ohne Meckereien durch. Aber auch nur fast.

 

Auch wenn Liam Gallagher erst um 19 Uhr auf die Bühne kommt, stehen seit 14 Uhr junge Menschen vor der Nippon Budōkan in Tokio-Chiyoda. Das frühe Erscheinen der Fans hat einen Grund. Bereits um 16 Uhr öffnet der Merchandise-Stand. 90 Prozent des Publikums wird später ein Shirt ihres Idols tragen. Entweder hier gekauft oder mitgebracht. Denn das japanische Publikum ist treu, was es auf dem Konzert auch durch lautstarke Hingabe beweist.

 

Gallagher dankt durch professionelle Freundlichkeit. Darüber können sich die Fans in der ausverkauften Konzert- und Kampfsporthalle wahrlich freuen. Ist der Brite doch für seine Unberechenbarkeit bekannt. Eine Show in Toronto brach er im Mai dieses Jahres abrupt ab, seine Europatour verschob er komplett. In Tokio scheint die Laune jedoch zu stimmen, was Gallagher durch das kumpelhafte Fingerdeuten auf besonders euphorische Fans unterstreicht.

 

Diese revanchieren sich mit „Liam“- oder „I love you“-Rufen. „I’m not Bruce Springsteen and I’m sweating“, stänkert Gallagher dann doch, um die Fans auf ein nahendes Konzertende vorzubereiten. Sich des Windbreakers in der aufgeheizten Halle zu entledigen, kommt dem Sänger nicht in den Sinn. Nach 50 Minuten verlässt er die Bühne, um diese für zwei Zugaben, die das Konzertvergnügen auf 75 Minuten dehnen, erneut zu betreten.

 

Ein solider Hitlieferant ist Gallagher an diesem Abend, was sich in der größtenteils aus Oasis-Songs bestehenden Setlist zeigt: Ob „Champagne Supernova“ oder „Rock’n’Roll Star“, die textsicheren Fans lässt der Sänger nicht unter dem Kleinkrieg mit Bruder Noel leiden. Mit Liedern wie „For What It’s Worth“ spielt er aber auch aktuelles Material vom Soloalbum „As You Were“.

 

 

Die Menschen stehen die meiste Zeit in der vollbestuhlten Halle. Sie wollen ihr Idol sehen und ihm zeigen, dass mit ihnen zu rechnen ist. Gallagher selbst gefällt das, sieht er sich doch als der unantastbare Mittelpunkt des Abends. Die Stimme ist deutlich über die Musik gemischt, auf eine Vorstellung der Band wird verzichtet und das Schütteln des Tamburins wirkt wichtigtuerisch. Doch diese arrogante Coolness, die den 46-Jährigen deutlich jünger wirken lässt, kommt an.

 

Für den Refrain von „Wonderwall“ lümmelt sich Gallagher teilnahmslos neben das Schlagzeug, um dem Publikum den Gesang komplett zu überlassen. Jedoch nicht ohne vorher einen umgedichteten Pre-Chorus zu singen: „There are many things that I would like to say to you / But I don’t speak japanese”. Ganz richtig ist das nicht. Ein “Arigatō“ – also danke – rutscht ihm immer wieder über die Lippen. Japanisch für Anfänger – Liam hat den Kurs belegt. Das reicht vermutlich, damit ihn das Publikum in guter Erinnerung behält und vielleicht noch ein zweites T-Shirt kauft.

 

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