Mein USA-Tagebuch: New York City (Teil 11)
Im September 2016 bin ich drei Wochen durch die USA gereist: Burlingame, San Francisco, Santa Cruz, Monterey, Pismo Beach, Los Angeles, Hawaii, New York. In meinem USA-Tagebuch erzähle und zeige ich euch, was ich alles erlebt habe. Von Segnungen in hawaiianischen Sandwichläden bis zu 163-Dollar-Rechnungen in New Yorker Sportkneipen lasse ich nichts aus – jeden Samstag gibt es eine neue Ausgabe meines USA-Reiseberichts!
Den Abend an meinem zweiten Tag in New York verbrachte ich in der Legends Bar auf der 33rd Street direkt zwischen Madison Square Garden und Empire State Building: Eine riesige zweistöckige Sportkneipe, die sich zu Sky Sports Bars, die in Deutschland üblich sind, verhält wie New York zu Wanne-Eickel. Mein Plan war es dementsprechend auch nicht, die erste Runde des DFB-Pokals, sondern „WWE Clash of Champions“ zu schauen. Die Fan-Gruppe „YEP! I LIKE WRESTLING“ lud zum Public Viewing und ich konnte mir das nicht entgehen lassen, wenn ich schon einmal in den USA bin. Pünktlich angekommen, sicherte ich mir einen schönen Sofaplatz mit perfekter Sicht auf einen der vielen Flachbildfernseher. Die nette Kellnerin begrüßte mich mit den Worten: „You’re not looking like a typical wrestling-fan!“ Ernsthaft? Egal, erstmal ein Bier bestellen und – typisch für amerikanische Bars – meine Kreditkarte abgeben, um sie mir am Ende des Abends wieder aushändigen zu lassen. Vegetarische Burger, Kartoffelecken, Käsekuchen und noch mehr Bier standen auf meinem Speiseplan, den ich mir parallel zu Kevin Owens vs. Seth Rollins reinpfiff. Die Stimmung war großartig, was nicht zuletzt daran lag, dass das Event von einem engagierten Wrestling-Enthusiasten, der unter anderem auch mich interviewte, moderiert wurde. Die restlichen Zuschauer jubelten mit und feuerten ihre Lieblingskämpfer energischer an als das Publikum in der Halle vor Ort. Mit stolzen 163 Euro belastete ich meine Kreditkarte und verabschiedete mich in ein nächtliches New York.
„Die Stadt, die niemals schläft“, nannte Frank Sinatra New York in einem seiner größten Hits. Das kann ich aus meiner Erfahrung heraus nicht bestätigen. Um 2 Uhr in der Nacht war ich – abgesehen von einer Armada an Reinigungskräften, die der Stadt ihre unglaubliche Sauberkeit verleihen – relativ alleine auf den Straßen von Manhattan. Nach einer sehr kurzen Schlafpause in meinem Hotel in Jersey City sah die Sache am nächsten Morgen schon wieder ganz anders aus. Auf meinem Weg nach Greenwich Village musste ich Joggern, Geschäftsleuten, Bauarbeitern, Hundesittern und Ninja Turtles ausweichen – okay, nicht ganz, aber die Straßen waren gut gefüllt. Ich kam ohne Aufprallschaden in der Perry Street an, wo ich gemeinsam mit einer Handvoll weiterer Schaulustiger Carrie Bradshaws Apartment von außen bestaunte. Carrie Bradshaw kennt ihr nicht? Das ist die blonde Protagonistin aus „Sex and the City“. Die, die nur einmal wöchentlich eine Kolumne schreiben muss und trotzdem so exklusiv leben und einkaufen kann. Neid-Modus an! Danach ging es an einen popkulturellen Pilgerort, der euch noch bekannter vorkommen sollte. Die Moore Street beheimatet nämlich das Feuerwehrhaus der originalen Ghostbusters, das Regisseur Ivan Reitman für die beiden Filme von 1984 und 1989 nutzte. Leider wurde das Gebäude gerade renoviert und war dadurch nicht in seiner vollen Pracht zu erkennen. Grüne Schleimspuren habe ich in der Nachbarschaft auch nicht ausmachen können. Schade.
Beeindruckt von der Beschaulichkeit, die Downtown Manhatten ausstrahlt, steuerte ich den High Line Park an: Eine knapp zweieinhalb Kilometer lange, stillgelegte Güterzugtrasse, die bis 2014 zu einer Parkanlage umgebaut wurde. Bestückt mit schicken Sitzmöglichkeiten und Kunstwerken, lockt sie seit Eröffnung tausende Touristen an. Ich habe zugegebenermaßen viel erwartet und wurde entsprechend enttäuscht. Der High Line Park kam mir eher wie ein Pausenraum für die auf den umliegenden Baustellen schuftenden Bauarbeiter vor. Ich benötigte dringend ein Kontrastprogramm, das mir etwas anderes als diese typischen Touristenattraktionen bietet. „Ab in die Bronx!“, brüllte ich den Fußgängern auf der Gansevoort Street entgegen. Zumindest tat ich dies in meinen Gedanken. Schnell sprang ich auf die Subway-Linie 2 auf, mit der ich für mein Ziel Bronx Park East knapp eine Stunde unterwegs war. New York ist ein verhältnismäßig sicherer Ort, brenzlig wurde es während meines kompletten Aufenthalts nie. Dennoch fühlte es sich anders als in Manhattan an, nachdem ich den Harlem River überquert hatte und in der Bronx aus dem Subway-Tunnel auf ein Hochbahnnetz wechselte. Hier war ich der einzige Tourist im Waggon. Das wusste ich und das wussten die New Yorker. Am Bronx Park East angekommen, dauerte es auch keine zwei Minuten, bis ich von einer älteren Dame angesprochen wurde: „Are you looking for the zoo?“ Ja, ich sehe aus wie ein Tourist und habe keine Ahnung. Dankeschön.
Der Teil der Bronx, den ich gesehen habe, war recht unspektakulär: Weniger Menschen unterwegs als in Manhattan, viele Grünflächen und jede Menge Gebäude im braunen Backsteinstil. Auf dem Rückweg über Manhattan beehrte uns erst ein Snacks-Verkäufer, dessen Karton von einem LKW gefallen zu sein schien, und anschließend ein Musiker, der für ein paar Dollar einen 16er rappte. Überhaupt wurde in New York so viel gebettelt und verhökert, dass ich es mir irgendwann angewöhnt habe, auf Deutsch zu reagieren: „Entschuldigen Sie, aber ich spreche kein Englisch.“ Ruckzuck hatte ich meine Ruhe. Den restlichen Nachmittag verbrachte ich in Brooklyn, wo ich durch die Straßen von Williamsburg und Bedford-Stuyvesant schlenderte, Falafel aß, in Plattenläden stöberte und der Statue von Captain America am Barclays Center die Hand schüttelte. Der perfekte Tag, um ihn mit einem HipHop-Konzert im B.B. King Club zu beenden. Die legendären Pete Rock & C.L. Smooth traten auf und spielten eine Show, die von „Lots Of Lovin‘“ über „Return Of The Mecca“ bis hin zu „They Reminisce Over You“ alle großen Hits des Duos beinhaltete. C.L. wies sein New Yorker Publikum während der Show darauf hin, dass die Menschen in Europa HipHop lieben würden. „Folgerichtig“, führte er weiter aus, „gäbe es dort auch noch Geld zu verdienen.“ Und Geld braucht man, wenn man in New York feiern möchte. Ein Flaschenbier hat im B.B. King Club stolze neun Dollar gekostet. Hätte ich einen Sitzplatz gehabt, geschweige denn dem Handtuchhalter auf der Toilette jedes Mal Trinkgeld gegeben, wäre der Abend noch kostspieliger geworden.
Galerie: Bronx
Galerie: Brooklyn
Galerie: Manhattan
Galerie: High Line Park
Im zwölften und letzten Teil suche ich in Queens nach Doug Heffernan, kaufe billige Souvenirs in teuren Läden und fliege wieder zurück nach Deutschland.
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