Mini-Rock Festival 2014: Der sympathische Geheimtipp am Neckar

Am 1. und 2. August lockte das Mini-Rock Festival in Horb am Neckar bereits zum zehnten Mal mit einem kleinen aber feinen Line-Up und präsentierte sich auch im Jubiläumsjahr als sympathischer Geheimtipp unter den deutschen Musikfestivals.

 

 

Die Festivalszene in Deutschland boomt: Laut dem Deutschen Musikinformationszentrum finden aktuell rund 480 regelmäßig stattfindende Festivals pro Jahr statt. Vor 15 Jahren waren es noch etwa 140. Neben den großen Platzhirschen aus dem Lieberberg-Imperium wie Rock am Ring und Rock im Park oder den renommierten Alternative-Rock-Spielwiesen Southside und Hurricane sind dabei vor allem die kleinen überschaubaren Festivals interessant. Veranstaltungen, deren Organisationsteams aus einer handvoll ehrenamtlicher Musikbegeisterter bestehen, welche primär kein Geld scheffeln, sondern ihre Heimatgemeinde mit ordentlicher Musik beschallen möchten. Die heute mehr als 350 freiwilligen Helfer des Mini-Rock Festivals sind mit ihrer Veranstaltung, die 2005 mit circa 2.000 Gästen startete, da keine Ausnahme und haben mittlerweile ein kleines Highlight unter den Festivals im Süden geschaffen. Für so viel uneigennützigen Einsatz bedankten sich Samstagabend kurz vor der Headliner-Show von Anti-Flag circa 10.000 Besucher mit anhaltendem Applaus.

 

Von HipHop bis Rock: Ein abwechslungsreiches Line-Up

 

Vor der wunderschönen Kulisse des Nordschwarzwaldes ließ sich das Mini-Rock Festival nicht lumpen und lud auch dieses Jahr wieder internationale und nationale Künstler ein, um sowohl auf der Open-Air-Stage als auch der Zeltbühne ein abwechslungsreiches Programm zu bieten. So präsentierte Rap-Newcomer Sierra Kidd mit Unterstützung seiner Band und seines „Ziehvaters“ RAF 3.0 die mittlerweile top-ten-erprobten Stücke des Debütalbums „Irgendwer“, die Londoner Apologies, I Have None freuten sich über wenige, dafür aber energisch Zugabe fordernde Zuhörer, Alligatoah und seine Trailerpark-Jungs ließen sich vom Platzregen kein bisschen abschrecken und schlugen stattdessen dem Wasser trotzdend vor, gemeinsam mit den Fans den Bach herunter zu gehen, Zebrahead brachten von der kalifornischen Sonne gesponserte gute Laune mit, Weekend zeigte, dass sich seine langjährige Suche nach Fans endlich auszahlt und J.J. Peters lieferte trotz gebrochenem Arm gemeinsam mit seinen Deez Nuts den Soundtrack für die abendliche Bierbong.

 

 

Karaoke und Flunkyball für Alkohol-Warrior

 

Wer sich Party- und/oder Alkohol-Warrior schimpft, konnte bereits am Donnerstagabend anreisen und bei Live-Karaoke und Flunkyball-Turnieren zeigen, wie man einen Mini-Rock trägt. Spätestens Freitagmittag schlugen auch die letzten Besucher ihre Zelte auf, freundeten sich mit ihrer Nachbarschaft an und diskutierten über die Must-Sees des diesjährigen Line-Ups. Denn mit SDP als Freitags- und Anti-Flag als Samstagsheadliner deckten die Veranstalter gleich mehrere Geschmäcker ab, wobei die Punklegenden aus Pittsburgh mit ihrer nach Musikgeschichte schreienden Setlist die deutlich relevantere Show lieferten. Bei derartigen Hochkarätern hätte sich die putzige Moderatorin ihre wenig inspirierten „Mini-Rock, seid ihr gut drauf?!“-Ansagen ruhig sparen können.

 

 

Ein Festival steigt und fällt mit dem Zeltplatzleben

 

Aber sind wir ehrlich, ein Festival ist für manche Besucher nur so gut wie sein Zeltplatzleben. Und das war mit Gaskocher, Drei-Mann-Zelt und Pavillon bewaffnet auch auf dem Mini-Rock großartig. Kurze Wege vom Campingstuhl bis vor den Bühnenrand verlangten dem Drei-Tage-wach-Körper nur das Nötigste ab und ein kleines Gesamtgelände machte ein zufälliges Wiedersehen mit der Suffbekanntschaft aus der vergangenen Nacht leicht möglich. Auch wenn es keinen See neben dem Platz gab, der Neckar wurde ruckzuck für Badespaß und sanitäre Bedürfnisse genutzt, als wäre er der Ganges mittags um 12 Uhr. Flaschensammler kämpften um die 5,0-Büchsen, besonders engagierte Bierdosenstecher beschallten in Dauerschleife ihre Nachbarn mit Eurodance-Klassikern und die allseits beliebte Free-Hug-Fraktion verteilte Drückerle, die zur allgemein friedlichen Stimmung des Festivals beitrugen. Ja, würde es das Mini-Rock Festival noch nicht geben, dann wären 479 deutsche Festivals eindeutig zu wenige.

 

 

Nicht verpassen: Am Sonntag sprechen wir in der neuesten Ausgabe des like it is ’93-Podcasts über unsere allgemeinen Erfahrungen mit Musikfestivals.

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  1. Podcast-Folge 22: Festivals – like it is '93 // das Popkultur-Magazin

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