Resterampe 2016 – Filme nachgeholt #3

Nach Teil 1 und Teil 2 mache ich mit der dritten Runde von „Resterampe 2016 – Filme nachgeholt“ die Artikeltrilogie voll. Wer aus den beiden vorangegangenen Texten noch keine Filmanregungen für die freie Zeit zwischen den Jahren ziehen konnte, wird nun vielleicht fündig. Ich habe vier letzte Kinohöhepunkte auf ihre Tauglichkeit und somit ihren Nachholbedarf geprüft. Der perfekte Anstoß, um es sich mit den letzten Überbleibseln von Weihnachten auf dem Teller, den ersten Sektproben für Silvester im Glas und einem guten Film im Blu-Ray-Player auf dem mit Kuscheldecken bestücktem Sofa gemütlich zu machen.

 

Hardcore

Erschienen: 14. April
Was geht? Mit kybernetischen Körperteilen ausgestattet, macht sich Henry – Halb-Mensch/Halb-Kampfmaschine – in Moskau auf die Suche nach den Entführern seiner Frau. Doch in „Hardcore“ ist die Geschichte reine Makulatur, die sein muss, um Ilya Naischullers durchgängig verwendetes Stilmittel zu verkaufen. Der Film wird komplett aus der Egoperspektive des Protagonisten erzählt, weshalb die brutal inszenierte Gewaltorgie durchaus an Egoshooter der Marke „Call of Duty“ erinnert. Bei all den abstoßenden Metzelszenen sei jedoch nicht vergessen, dass die Macher optisch etwas Einzigartiges und Beeindruckendes auf die Beine gestellt haben, was in Zeiten der immer gleichen Action-Rezepte keine Selbstverständlichkeit ist. Leider täuscht auch der hervorragend ausgewählte Soundtrack, der das Gesehene noch treibender wirken lässt, nicht darüber hinweg, dass „Hardcore“ mit seinen 97 Minuten mindestens 20 Minuten zu lang ist.
Nachholbedarf? Nicht wirklich. Wer sich aber trotzdem für den Stil des Films interessiert, soll sich Ilja Naischullers Musikvideo „Bad Motherfucker“ anschauen, das als Vorlage für „Hardcore“ diente.

 

 

Suicide Squad

Erschienen: 18. August
Was geht? Die ersten Trailer zu „Suicide Squad“ versprachen Großtaten in Deadpool-Manier und waren somit verheißungsvoller als es die Blockbuster-Schlacht zwischen Batman und Superman je hätte sein können. Die Hoffnungen, DC Comics würden mit einer gehörigen Verspätung doch noch auf die vergoldete Kinospur finden, waren gigantisch. Da konnten nicht einmal die ADHS-Rapper von Die Antwoord Fan-Erwartungen schmälern, indem sie Regisseur David Ayer vorwarfen, er würde die komplette Ästhetik seines Suicide Squads aus ihren Musikvideos klauen. Damit wurde schon im Vorfeld die größte Stärke des Films kritisch zum Thema gemacht, denn in Sachen Geschichte geht im gut zweistündigen Film nicht viel. Das ist nicht schlimm, da ein Team aus Antihelden, das für – der Name verrät es schon – selbstmörderische Missionen eingesetzt wird, gerne von spektakulärem Krach-Boom-Peng leben darf. Mit Auftritten und Erwähnungen von Batman, Joker, Flash und Superman schafft es „Suicide Squad“ zudem, das DC Extended Universe maßgeblich zu formen. Leider hätte DC nach all den Rohrkrepieren endlich ein Ausrufezeichen gebraucht, das es hier einfach nicht erhält. Dafür sind im Vorfeld hoch angepriesene Leistungen von Will Smith, Margot Robbie und Jared Leto tatsächlich zu irrelevant für das große Ganze. Alles in allem ist diese gutgemachte Mittelmäßigkeit einfach nur schade.
Nachholbedarf? Der Film ist schlichtweg egal, weshalb nicht wirklich Nachholbedarf besteht.

 

 

Hail, Caesar!

Erschienen: 18. Februar
Was geht? Eddie Mannix kümmert sich im Hollywood der Fünfziger Jahre um die kleineren und größeren Probleme, die bei Filmdrehs anfallen. Ob nicht vorhandenes schauspielerisches Können, aufdringliche Klatschreporter, plötzlich auftauchende uneheliche Kinder oder ein entführter Hauptdarsteller – Mannix kittet alles. „Hail, Caesar!“ ist eine Liebeserklärung an die Traumfabrik und ihre häufig eigenwilligen Charaktere, die von einer Riege an Top-Darstellern wie Josh Brolin, George Clooney, Jonah Hill, Scarlett Johansson, Channing Tatum und Christopher Lambert teils herrlich bekloppt gespielt werden. Dabei punktet der Film nicht durch seine zugegebenermaßen überschaubare Geschichte, sondern durch das, was um sie herum passiert. Immer wieder werden Szenen aus den Filmen, die in den fiktiven Capitol Studios gedreht werden oder wurden eingeblendet. Diese bilden den Rahmen von „Hail, Casesar!“ und geben dem Zuschauer die Möglichkeit, die Figuren und deren Status besser einordnen zu können. Charme und Optik der Fünfziger Jahre wurden aufwändig reproduziert, wodurch eine Zeit überspitzt aber durchaus nachvollziehbar eingefangen wird, in der die ersten großen Kinoblockbuster entstanden sind und der kalte Krieg so richtig in Fahrt kam. „Hail, Caesar!“ fühlt sich an, als hätten ihn die Coen-Brüder ausschließlich für Hollywood gedreht. Filmfans und Freunde des etwas edleren Humors werden sich aber ebenfalls amüsieren.
Nachholbedarf? Auf jeden Fall!

 

 

Creed – Rocky’s Legacy

Erschienen: 14. Januar
Was geht? Bereits 2006 kehrte Sylvester Stallone in seiner Rolle als Boxlegende Rocky Balboa zurück. Rund zehn Jahre später noch ein weiteres Ringcomeback zu starten, wäre wohl auch für den Vorzeige-Expandable ein wenig albern. Dann trainiert er eben Adonis Johnson, der wiederum der uneheliche Sohn des früheren Rocky-Gegners Apollo Creed ist. „Creed – Rocky’s Legacy“ fühlt sich wie eine logische Fortführung der Rocky-Reihe und weniger wie eine rein finanziell motivierte Neuauflage an. Zwar wird in dem etwas zu langen Film stets versucht, Bezüge zu den Vorlagen herzustellen, dennoch ist er ein beinahe eigenständiges Werk. Rockys Geschichte wird freilich konsequent und ausführlich weitererzählt, Michael B. Jordan mimt den Jungboxer jedoch so sympathisch, dass die Fackelübergabe als geglückt angesehen werden kann. Die Beziehungen zwischen den Figuren wirken authentisch, der komplette Streifen macht den Eindruck, als würden wahrhaftige Trainingspartner für einen echten Kampf trainieren. Das liegt an der Chemie, die zwischen dem noch einmal grandios aufspielenden Stallone und seinem Nachfolger Jordan zu herrschen scheint. Vielgucker wird „Creed“ zwar nicht allzu sehr herausfordern – hierfür sind Aufbau und Spannungskurve zu klassisch und vorhersehbar – doch als unterhaltsamer Blockbuster mit zeitgeistigem Trainingssoundtrack ist er nahezu perfekt.
Nachholbedarf? Ja. Und der besteht nicht nur für Leute, die es noch nicht nach Philadelphia geschafft haben, um die 72 Stufen vor dem Museum of Art hinaufzusprinten.

 

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