Review: Cro – MTV Unplugged
Nach sido, Max Herre und Jay-Z wurde nun auch Stuttgarts Panda-Rapper Cro mit einem „MTV Unplugged“-Konzert verewigt. Ob zwei Nummer-1-Alben reichen, um eine unterhaltsame Konzert-Blu-Ray zu füllen, erfahrt ihr in der Review.
Seit 1989 schickt der Musiksender MTV die populärsten aller Popmusikanten auf die Unplugged-Bühne, um mit CD, DVD/Blu-Ray (damals natürlich noch VHS) und TV-Ausstrahlung die besonders Musikbegeisterten unter den Zuschauern anzusprechen. Im Format „MTV Unplugged“ werden Arrangements angepasst, elektronische Instrumente komplett gestrichen und klassische Musikwerkzeuge hinzugefügt. Dabei entsteht ein Konzerterlebnis, das in Kombination mit den meist außergewöhnlichen Locations eine besondere Intimität zwischen Künstler und Publikum erzeugt. In den USA nahmen Ikonen wie Paul McCartney, Bruce Springsteen und Eric Clapton, aber auch neuere Größen wie Korn, Alicia Keys und Katy Perry an dem Konzertabend mit besonderem Flair teil. Für den deutschen Ableger ließen unter anderem die Söhne Mannheims, Udo Lindenberg, Sportfreunde Stiller und die Ärzte ihre Musik neuarrangieren.
Besonders spannend wird das Unplugged-Konzept jedoch dann, wenn das Ausgangsmaterial per se elektronischer Natur ist: Wenn statt Schlagzeug der Drumcomputer, statt Gitarre der Sampler und statt klarem Gesang der Stimmverzerrer eingesetzt wird. Rapper, die sich wild durch die Musikgeschichte samplen und auf knochentrockene eintaktige Loops setzen, können daher eine waschechte Herausforderung für die Kreateure der Arrangements werden. Zwischen musikalischer Eindimensionalität und fehlendem Verständnis für die Leistung des HipHops, werden langweilige Instrumentale geschustert, die der Rap-Musik jegliche Kopfnickqualität nehmen. Dass dem bei „MTV Unplugged“ nicht so ist, haben in der Vergangenheit jedoch bereits Erste-Liga-Rapper wie Jay-Z, sido und Max Herre bewiesen. Die perfekte Gesellschaft für Cro – einem der erfolgreichsten HipHop-Musiker Deutschlands – dem nach zwei Nummer-1-Alben nun die Ehre einer eigenen Ausgabe zu Teil wurde.
In zwei Stunden durch das komplette Schaffen
Knapp zwei Stunden rappt und singt sich Cro durch eine stramme Setlist von 32 Songs. Das ist ein langes Programm, zeigt aber auch, wie viele Hits Carlo Waibel, wie der in Mutlangen geborene Rapper mit bürgerlichem Namen heißt, in seiner noch recht jungen Karriere bereits geliefert hat. Ob „Easy“, „Hi Kids“, „Du“, „Bye Bye“ oder „Whatever“, Fans dürfen sich auf ihre Lieblinge freuen und bisher noch nicht Eingeweihte bekommen einen beinahe vollständigen Überblick über das Schaffen des Rappers. Lillo Scrimali, der zwischen 2011 und 2014 gemeinsam mit seiner Band für die musikalische Begleitung der „Voice Of Germany“-Kandidaten verantwortlich war, setzte Cros Beats für das Unplugged-Orchester um. So wird ein „Bye Bye“ mit ordentlich pathetischen Streichern unterlegt, „Easy“ mit stylischen Saxophons bereichert und einem „Cop Love“ per Querflöteneinsatz ein Schuss Würze verliehen. Ein Trio von Background-Sängern, zu denen auch das Chimperator-Signing Teesy gehört, geben den Liedern noch eine zusätzliche Wucht, die sich vor allem in den Ohrwurmrefrains bemerkbar macht.
Wie bereits erwähnt, gehört zu den großen Stärken von „MTV Unplugged“ die Intimität, die zwischen Musiker und den Zuschauern aufgebaut wird. Leider führt in diesem Fall jeder Anflug von Publikumsnähe zu mittelschweren Fremdschämanfällen. Bei allem künstlerischen Talent, das ein Cro unbestreitbar besitzt, hat er dennoch kein Gespür für Kommunikation mit seinen Gästen. Ansagen zwischen den Songs fallen reichlich ungelenk aus, was beim Kameraschwenk in die Zuschauerreihen zum Teil reichlich verwirrte Gesichter enthüllt. Überhaupt verhält sich das Publikum im atmosphärischen Kinosaal des Scalas in Ludwigsburg recht reaktionsarm. Bei einzelnen Songs bemüht sich die erste Reihe zwar von ihren Sitzen, wirkliche Resonanz auf Songankündigungen oder Witze seitens Cro sind aber eher verhalten. Eine wirre Geschichte, die zwischen den Liedern per Einspielern auf einer Videoleinwand erzählt wird, trägt ebenfalls nicht gerade zur Erheiterung des (nicht überraschend) jungen und weiblichen Publikums bei.
Warum die Orsons?
Zu den großen Höhepunkten des Konzertes zählen die Gastauftritte befreundeter Musiker. Wer es sich neben Cro auf der Bühne gemütlich macht, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, da die eine oder andere Überraschung durchaus dabei ist. Ein Blick auf die Tracklist sei vor dem Genuss der Blu-Ray bzw. DVD daher nicht empfohlen. Lediglich den Auftritt der Orsons möchte ich an dieser Stelle kurz ansprechen, da ich zwar verstehe, dass Chimperator ihre Boyband einem breiterem Publikum präsentieren möchte, ich einen wirklichen musikalischen Sinn darin jedoch nicht erkenne. Cro hat keinen einzigen Song mit Tua, Maeckes, Kaas und Bartek, weshalb an diesem Abend auch der Orsons-Hit „Jetzt“ gespielt wurde, für den der 25-jährige lediglich die Hook mitträllern durfte. Wenn ein Maeckes dann im vorletzten Lied der erste Rapper auf der Bühne ist, der sich von seinem Barhocker erhebt und wirklichen Kontakt mit dem Publikum aufnimmt, weiß man, was man bei diesem Konzert die ganze Zeit vermisst hat.
Das klingt schlimmer als es ist, denn Cros „MTV Unplugged“ ist trotzdem ein kurzweiliger Spaß, der der ebenso kurzweiligen Musik des Rappers durchaus gerecht wird. Wem Cros Musik sonst vielleicht zu kitschig und/oder simpel ist, wird hier einen Rahmen finden, der es einem leicht macht, sich dennoch fallen oder zumindest darauf einzulassen. Dies ist handwerklich wirklich gutgemachte Teenie-Mucke, bei der deine kleine Schwester zu Recht Herzrasen und deine Mutter einen Ohrwurm bekommt. Neben dem Konzertfilm bietet der Silberling noch ein interessantes 50-minütiges Making-Of, das als „nice to have“ betrachtet werden kann. Für das Komplettpaket gibt es acht von zehn Pandamasken, die ganz fest mit Kabelbinder um den Kopf gebunden wurden.
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