Review: Gucci Mane – Mr. Davis

Gucci Mane ist trocken. Leidet sein elftes Album “Mr. Davis“ deshalb unter mangelnder Kreativität oder ist er sogar in der Lage, ganz neue Beschreibungen für das Geldverdienen zu finden?

 

Drogen und Knast sind Vergangenheit. Gucci Mane kehrt mit seinem elften Studioalbum „Mr. Davis“ ins Leben zurück. Viele Fans sorgten sich im Vorfeld, dass er durch das Zurücklassen seiner alten Laster auch seine Genialität verlieren würde. Nach den ersten Hördurchgängen der 17 neuen Stücke sei jedoch Entwarnung gegeben. Gucci Mane hat nach dem durchwachsenen Mixtape „Droptopwop“, das Mitte des Jahres erschien, neue Kräfte gefunden und weiß diese in eine Mischung aus Humor und Reicher-Mann-Attitütde zu übersetzen. Aber wer hat sich wirklich um ihn gesorgt? In seinem Stil gefestigter als Gucci Mane ist kaum ein Rapper. Egal, ob Drogen intus oder nicht.

 

„Money make you handsome, even if you’re ugly”, rappt Gucci und stellt in einem späteren Song klar, wie er an die toten Präsidenten kommt, die ihn für die Frauenwelt zum Supermodel machen: “I’m makin’ money like I’m makin’ sweet love / I wanna make love, love, love.” Frauen und Geld sind nach wie vor die großen Themen, mit denen sich der 37-Jährige beschäftigt. Doch bei ihm klingt all das nicht wie steife Machopflicht, sondern wie ein Schuljungenspaß, den er durchschaut hat. Nicht umsonst platziert er mit „We Ride“ inmitten des Albums eine vertonte Liebeserklärung an seine Ehefrau Keyshia Ka’oir.

 

Verteilt auf 17 Lieder haben sich 21 Producer um die Beats auf „Mr. Davis“ gekümmert. Dadurch ist eine musikalische Vielfalt entstanden, die die klangliche Kohärenz trotzdem nicht zerstört. Flötensamples, Glockenspielklänge, Synthie-Geschwurbel und Hi-Hats, die flackern wie Stroboskoplicht – das Album ist abwechslungsreich und verspielt. Features von Musikern der Stunde wie den Migos, The Weeknd, Big Sean, Chris Brown, Nicki Minaj und A$AP Rocky runden das Gesamtpaket ab und unterstreichen, dass der aus Atlanta stammende Rapper relevanter denn je ist. So fühlt sich „Mr. Davis“ nach allem anderen als einem weiteren hingerotzten Mixtape an.

 

Gucci Mane hat seine Karriere stets ernstgenommen. Das steht außer Frage. Der Rapper hat es auf mehr Alben, Mixtapes, EPs und Singles als alle Mitglieder des Wu-Tang Clans zusammen geschafft. Die Cousins der Cousins, die mit RZA im Kindergarten waren, eingeschlossen. Dennoch versprüht „Mr. Davis“ eine Ernsthaftigkeit, die sich nicht nur im Albumtitel manifestiert. Radric Delantic Davis – wie Gucci Mane mit bürgerlichem Namen heißt – sieht sich endlich als Künstler und nicht als Lieferant von Stangenware. „Mr. Davis“ ist ein ausgearbeitetes Album, das auch diejenigen hören sollten, die bisher nichts mit Gucci anfangen konnten.

 

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