Review: Lucid Dream – Django Boogie
Mit den Worten „Ob eine Zeile oder ein Interview, wir sind euch dankbar. Wenn nicht für uns, dann macht es für den Funk.“ baten uns die vier Rapper und Beatbastler von Lucid Dream in der Presseinfo zu ihrem neuen Album „Django Boogie“, eine Rezension zu schreiben. Sehr gerne.
„Lucid Dream“ heißt übersetzt so viel wie „Klartraum“ und bedeutet, dass sich der Träumende des Träumens bewusst ist. Bands wie Dredg, Franz Ferdinand und Sigh haben sich im Rahmen ihrer Musik bereits ernsthaft mit diesem Phänomen der Traumforschung beschäftigt. Ernsthaftigkeit passt zu den Stuttgarter Jungs von Lucid Dream jedoch wie Gesichtstätowierte in die Vermögensberatung. Herrlich belanglose Texte gepaart mit fülligen Instrumentals, die sich irgendwo zwischen George Clinton, Peter Frampton und 80er-Jahre-HipHop-Beats eingenistet haben, zeugen eher von Klarträumen mit heißen Mädels und schnellen Autos als von Antizipation oder der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen. Statt trockenem Bummbummtschack gibt es Talkbox und Funk. Statt deepen Texten liefern die Herrschaften spaßorientierte Inhalte, die sich hauptsächlich um die eigene Crew, Vielweiberei und Rauschzustände drehen.
Die 2008 gegründeten Lucid Dream halten sich nicht lange mit unnötigen Hirnbelastungen auf. Warum über den eigenen Seelenzustand oder gar Rap philosophieren, wenn man auch ein befürwortendes Statement zum Thema Gesichtsbesamung abgeben („Sperma im Gesicht“), einen inoffiziellen Azubisong für das Berufsbild des Polizisten schreiben („Beweismittel“) oder die beste Lucilectric-Persiflage des noch jungen Jahres abliefern („Weil ich ein Gangsta bin“) kann. Wem das reichlich infantil vorkommt, der hat nicht ganz unrecht. Doch hey, wenn im abschließenden „Botenstoffe“ tatsächlich so etwas wie intelligente Sozialkritik durchschimmert, müsste auch dem letzten Zweifler klar sein, dass die Jungs etwas auf dem Kasten haben.
Gaudi steht auf „Django Boogie“ im Vordergrund. Das Leben soll als Spielwiese betrachtet werden, auf der jeder Gangster sein und Frauen wie in Chingy-Videoclips behandeln darf. Es dauert zwar ein paar Stücke bis man es schafft, das Hirn abzuschalten und die Harmlosigkeit hinter der spaßigen Bande zu erkennen, doch wenn es soweit ist, hat man einen Soundtrack für sich gewonnen, der bockt wie ein Beavis-&-Butt-Head-Marathon. „Django Boogie“ ist seit dem 1. Mai als physischer Tonträger über den Lucid-Dream-Webshop erhältlich. Wer die Zeit des Versands sparen möchte, kann sich die 15 Tracks über einschlägige mp3-Stores direkt herunterladen. Das Projekt fetzt aber durch die ambitionierte Präsentation noch ein Stück mehr, weshalb der Griff zur CD empfohlen wird.
Jak-Pot, 2HD, Purple Maze und JUL machen Musik gegen Nerds, Spießer, Tanzmuffel und Nüchternheit. Ein eigener Sound, der eher in die Beine als in den Kopf geht, spricht für das Quartett. „Django Boogie“ ist das wohl nonkonformistischste Stück Musik, das die Stuttgarter Szene in letzter Zeit hervorgebracht hat. Ab mit dem Dreirad auf’s Acid Boulevard.
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