Review: Mad Max – Fury Road

Wer im Kino mal wieder so richtig Staub und Dreck fressen und anschließend mit einem Eisenrohr vermöbelt werden möchte, wird sich mit „Mad Max: Fury Road“ wie im Wellness-Urlaub fühlen. Für Action-Fans der Film des Jahres, für alle anderen vermutlich stellenweise anstrengend?!

 

Nachdem der junge Mel Gibson 1979 zum ersten Mal in die Rolle des Max Rockatansky schlüpfte, wurde der Weg für eine Trilogie geebnet, die allein visuell zu den einflussreichsten der Kinogeschichte gehört. Spätestens nach dem 1985 erschienenen dritten Teil „Jenseits der Donnerkuppel“ mit der ikonischen Tina Turner, waren die Referenzen auf „Mad Max“ nicht mehr aus der Popkultur wegzudenken. Mit dem niederländischen Festival „Thunderdome“, 2Pacs „California Love“-Musikvideo und der Motorradgang-Anspielung in der Simpsons-Episode „Bart gegen Australien“ seien nur ein paar wenige Einflüsse der Filmreihe auf das kreative Schaffen von MTV bis Fox genannt. Regisseur George Miller hat mit seinen Filmen ein postapokalyptisches Universum kreiert, in dem das Gesetz des Stärkeren gilt, Rohstoffe wie Wasser und Benzin wertvoller als Gold sind und der Duft des Todes allgegenwärtig ist. Ein Endzeitalbtraum, der die tiefsten Abgründe menschlichen Handels in bewegte Bilder bannt. Nun ist Miller nach gut 30 Jahren nach Australien zurückgekehrt, um mit „Mad Max: Fury Road“ eine dritte Fortsetzung seines persönlichen Meisterwerks zu drehen. Dass die Arbeiten wegen ungünstigen Wetterbedingungen nach Namibia verlegt werden mussten, war zum Glück kein schlechtes Omen.

 

Die War Boys, eine dem Despoten Immortan Joe hörige Armee, nimmt den „Lonesome Cowboy“ Max gefangen, um ihn anschließend als lebende Blutreserve für den Soldaten Nux zu verwenden. Max schafft es zu fliehen und schließt sich Joes General Furiosa an, die gegen den Tyrannen meutert und dessen versklavte „Brutmaschinen“ retten möchte. Das lässt sich der in der Wüstenversion des Darth-Vader-Kostüms gekleidete Mann natürlich nicht gefallen und macht sich mit seiner gefährlich anmutenden Gefolgschaft los, um die „Diebin“, die „Ware“ und den „Blutbehälter“ zu stoppen. Ein vermeintlich simpler Plot, in dem mehr stecken soll, als man zunächst vermutet. Aber auch ohne genaueres Hinsehen und Interpretieren genügt die Geschichte für einen hochwertigen Actionfilm. Tom Hardy mimt zwar die große Hauptrolle des titelgebenden Mad Max, seine Sprechzeit lässt sich jedoch auf gefühlt zwei Sätze zusammenfassen. Sein charismatisches Auftreten kommt aber spätestens dann zur Geltung, wenn er seine an Bane erinnernde Gesichtsmaske absetzen und seinen herrlich teilnahmslosen Blick in die Kamera richten darf. Charlize Theron, die die weibliche Hauptrolle der einarmigen Furiosa mit der notwendigen „hart, aber fair“-Attitüde verkörpert und der von Nicholas Hoult völlig durchgedreht gespielte War Boy Nux sind da schon eher die Figuren, die die Geschichte vorantreiben sollen.

 

„Fury Road“ fühlt sich nicht nur so an, nein, er ist tatsächlich eine 120-minütige Verfolgungsjagd, die wie der große Bruder der „Furious“-Reihe wirkt, der gerade eine 12-jährige Haftstrafe abgesessen, aber keinen Deut einsichtiger geworden ist. Beinahe durch die Bank handgemachte Action mit Biss und Schmackes, die die Computereffekt-Feuerwerke heutiger Filmproduktionen zu schlechtgemachten Videospiel-Render-Sequenzen degradiert. „I’ve had enough experience with CG to know that you can’t really get some of that immersive material authentic in a way”, erklärte Miller in einem Interview mit contactmusic.com seinen Anspruch, echte Autos in die Luft zu jagen und Menschen aus Fleisch und Blut herumspringen zu lassen, statt seinen PC hierfür zu bemühen. Doch nicht nur auf der tricktechnischen Ebene macht der Film nahezu alles richtig, auch die restlichen visuellen Eindrücke strotzen vor großartigen Ideen. Von den Kostümen über die Fahrzeuge bis hin zu den Kulissen stimmt einfach alles und wurde darüber hinaus per perfektem Schnitt und hervorragender Kameraführung in Szene gesetzt. Hier passt der Slogan der 2006 gestarteten Pro-Kino-Kampagne tatsächlich mal wieder: „Dafür werden Filme gemacht.“

 

Der Film schafft es eine bedrohliche und brutale Atmosphäre zu kreieren, ohne dabei übertrieben blutrünstig zu sein. Eine erwachsene Optik, bildgewaltige Kameraeinstellungen und eine von Junkie XL produzierte drückende Soundkulisse genügen, um „Mad Max: Fury Road“ als den wertigen und ernsthaften Actionstreifen darzustellen, den sich Fans des Genres seit den ersten Trailern erhofft haben. Denn Action ist wahrlich nicht mit dummem Haudraufkino gleichzusetzen, das sich über die Größe der Einschusslöcher und Leichenberge definiert. Action gekonnt zu inszenieren und daraus schlussendlich eine schlüssige Choreografie zu machen, ist die wirkliche Kunst. Anstrengend kann das Ganze nach zwei Stunden Dauerbombardement dennoch werden. Wenn das bei so gutgemachtem Krach-Boom-Peng nach zwei Stunden vielleicht mal passiert, kann das aber getrost mit dem Stempel „Geschmackssache“ versehen werden. „Mad Max: Fury Road“ ist ein Anwärter auf den Film des Jahres. Nicht nur für Action-Fans.

 

1 Trackbacks & Pingbacks

  1. 2015 – Der große Jahresrückblick – like it is '93 // das Popkultur-Magazin

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.




Facebook
Instagram
Twitter
YouTube