Review: Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel

Jan und Karo sind ein gut funktionierendes Online-Rollenspielteam. In der echten Welt haben sie Schwierigkeiten miteinander. „Offline“ ist ein erstaunlich gelungener Jugendfilm, der in Zusammenarbeit mit den „Gothic“-Machern von Piranha Bytes entstand.

 

Wenn sich der deutsche Film eine Subkultur vornimmt, verkommt das Endprodukt häufig zum Zitatfeuerwerk aller Jugendwörter der vergangenen Jahre. „Voll fett“ werden Jugendliche dargestellt, wie Jugendliche niemals sind. Als Anfang des Jahres der von der Rat Pack Filmproduktion und der Filmakademie Baden-Württemberg produzierte Streifen „Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel“ in die Kinos kam, waren die Erwartungen sowohl bei Cineasten als auch jungen Menschen, die in ihrer Lebensrealität abgeholt werden wollen, entsprechend gering. Ein im spießigen Süddeutschland entstandener Film über Videospieler klingt so erfolgversprechend wie ein Rentnerteam, das in der ESL kompetitiv antreten möchte.

 

Die Figuren werden ernst genommen

 

Der 17-jährige Jan steckt Freizeit und Energie in ein Online-Rollenspiel, in dem er sich mit seinem Krieger Fenris ganz nach oben gekämpft hat. Kurz vor einem großen Turnier wird sein Account jedoch gehackt und der komplette Spielfortschritt gelöscht. Jan ahnt nicht, dass er Teil einer Verschwörung ist und macht sich auf den Weg nach Stuttgart, um die Entwickler zu bitten, sein Konto wiederherzustellen. Vor Ort trifft er Karo, die er bisher nur als digitale Partnerin auf seinen virtuellen Streifzügen kannte. Sie hat das gleiche Problem. Von da an machen sich Jan und Karo gemeinsam auf den Weg, um das Komplott aufzudecken. Die Quests, die sie bisher online erlebten, verlagern sich in das echte Leben.

 

Mala Emde und Moritz Jahn (der Sohn aus „Dark“ und „Morgen hör ich auf“) mimen Karo und Jan. Und von deren Harmonie lebt „Offline“. Erst können sie nicht miteinander, finden dann aber – wie es nicht anders zu erwarten war – zueinander. Die blauhaarige Karo ist aufgedreht, ohne zur unangenehmen Karikatur einer Jugendlichen zu werden. Jan steht im totalen Kontrast zu seinem weiblichen Pendant, ist verschüchtert und zieht sein Selbstbewusstsein aus den Erfolgen im Videospiel. Beide Figuren werden trotz ihrer Schrulligkeit ernst genommen, entwickeln sich im Laufe des Films nachvollziehbar weiter. Dadurch entsteht nie das Gefühl, dass sich die Macher über Videospieler lustig machen möchten. Viel eher werden die Nebendarsteller, die nichts mit dem Gaming zu tun haben, in die Ecke der Naivlinge gestellt.

 

Sarazar, Daniele Rizzo und Piranha Bytes

 

Diese – den Videospielern gegenüber loyale – Herangehensweise wird auch von Szenemenschen honoriert. So sind die YouTuber Sarazar und Daniele Rizzo in Cameo-Auftritten zu sehen. Die Handlung wird immer wieder mit Videospielelementen unterlegt, die die Abenteuer im digitalen Rollenspiel visualisieren. Diese Bilder stammen wiederum vom deutschen Entwicklerstudio Piranha Bytes, das in der Vergangenheit durch die „Risen“- und „Gothic“-Reihen größere Bekanntheit erlangte. In Filmen und Serien, die Gaming thematisieren, werden Spielsituationen häufig unglaubwürdig dargestellt. Gamer hampeln herum oder spielen auf der Xbox mit einem PlayStation-Controller. In „Offline“ wird der Zuschauer nicht zuletzt durch die grafischen Elemente von Piranha Bytes in eine authentische Welt hineingezogen.

 

Inhaltlich ist „Offline“ trotzdem kein Meisterwerk, sondern ein flacher Coming-Of-Age-Film. Es gibt kaum Überraschungen, der Twist ist vorhersehbar und das Finale ein Happy End nach Maß. Durch die visuellen Elemente und dem ernsthaften Umgang mit der kitschig bunten Welt der Figuren bewirbt sich der Film aber als süßer Geheimtipp, der zumindest vieles anders macht. Wer mit dem Thema Gaming keine Berührungspunkte hat, wird ebenfalls Spaß haben. Wer Gamer ist, wird sich über die Darstellung seines Hobbys nicht ärgern. Und das ist mehr, als man von einer deutschen Filmproduktion erwarten kann. „Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel“ kam Anfang des Jahres in die Kinos, ist mittlerweile auf Blu-ray erhältlich und steht seit einigen Wochen auf Streaming-Portalen wie Netflix zur Verfügung.

 

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