Review: Star Wars – Das Erwachen der Macht

Für viele Kinogänger war „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ nicht nur wichtiger als das Weihnachtsfest 2015, nein, Episode 7 war für sie der wohl wichtigste Film aller Zeiten. Ich habe mir mein Hasbro-Lichtschwert geschnappt und voller Vorfreude das Kino meines Vertrauens besucht.

 

In den hiesigen Supermärkten gab es rund um den Kinostart von „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ gefühlt mehr Star-Wars-Produkte als Weihnachtsartikel zu kaufen. Die Welt war im Star-Wars-Fieber und kaum jemand konnte sich dem entziehen. Ein Hype, dem eigentlich kein noch so guter Film gerecht werden kann. Nach seinem erfolgreichen Star-Trek-Reboot versuchte es Lens-Flare-Spezialist Jar Jar Abrams dennoch und brachte unter seiner Regie am 17. Dezember Episode 7 des wohl meisterwarteten Films aller Zeiten in die Kinos. Und so viel kann verraten werden – die meisten Leser werden den Film sowieso bereits gesehen haben – „Das Erwachen der Macht“ ist eine wirklich gelungene Fortsetzung, die der Originaltrilogie den nötigen Respekt zollt, sich trotzdem traut, mutige neue Schritte zu gehen. Gerade in Bezug auf die Figuren und deren Charakterentwicklungen haben Abrams und seine Drehbuchautoren Lawrence Kasdan und Michael Arndt auf durchdachtes Geschichtenerzählen gesetzt, das so viel offen lässt, dass die nächsten Episoden noch genug Geheimnisse zu lüften haben.

 

Leia und Han Solo als Fackelträger

 

Carrie Fisher wirkt als General Leia zwar enttäuschend blass und auch Han Solo und Chewbacca sind eher One-Liner-liefernde Fanbefriedigungen, wurden aber allesamt perfekt als Fackelträger für die neue Generation eingesetzt. Denn glücklicherweise verlässt sich Episode 7 nicht auf die alten Haudegen, sondern schafft es, neue interessante Figuren in das Universum einzuführen. Der von John Boyega gespielte desertierende Sturmtruppler Finn ist der sympathische Kumpeltyp, dessen Motivation sich von den bösen Jungs abzuwenden, vom ersten Moment an nachvollziehbar ist. Adam Driver ist die womöglich erst auf den zweiten Blick beste Wahl für den Antagonisten Kylo Ren. Doch dieser zweite Blick ist wichtig, da sich hierdurch ein Gegenspieler entpuppt, der wie ein ungeschliffener Diamant wirkt, der jetzt noch seinem Vorbild Darth Vader hinterhereifert, sich in den kommenden Episoden aber überzeugend zum ultimativen Bad-Ass des Star-Wars-Universums entwickeln kann. Die auf dem Wüstenplaneten Jakku als Überlebenskünstlerin aktive Rey setzt dem Cast noch eins oben drauf, indem Daisy Ridley eine Figur mimt, die cool, verletzlich aber auch hart im nehmen ist und bei all der Begeisterung über das Zusammentreffen mit Han Solo im Endeffekt die Rolle der seit Jahren wartenden Fans einnimmt.

 

Darüber hinaus wird ein Fan-Service betrieben, der stellenweise durchaus übertrieben wirkt, am Ende des Films aber trotzdem purer Balsam für die Fan-Seele ist. Wenn der süße Android BB-8 mit R2D2 flirtet, alte Designs wie die der X-Fighters noch einmal überarbeitet wurden, Humor wie damals zwischen der jungen Leia und dem jungen Han abgefeuert wird oder Maz Kantanas Bar an die in Mos Eisley erinnert, merkt man, wie sich Episode 7 vom Look and Feel perfekt in die alte Trilogie einzureihen weiß. Bis zur zweiten Hälfte des Films sind die emotionalen Anknüpfungspunkte geklärt und der Zuschauer findet sich wieder zurecht im Universum mit den Jedi und Todessternen. Dennoch fängt der SciFi-Streifen – befreit von den Altlasten – an, etwas Eigenständiges zu werden, indem beispielsweise das Duell zwischen Rey und Kylo Ren im Fokus der Geschichte steht. Auf der technischen Seite macht JJ Abrams fasst alles richtig. Statt seines Lens-Flare-Trademarks gibt es für das Franchise bekannt unaufgeregte Schnitte, ebenso viel handgemachte wie CGI-Effekte und – am Beispiel des blutigen Handabdrucks auf Finns Sturmtruppenhelm erkennbar – einen kompetenten Einsatz von visuellen Hilfsmitteln. Hier waren Könner am Werk, die ihre Hausaufgaben glücklicherweise nicht nur durch die Lektüre von altem George-Lucas-Material gemacht haben.

 

Nicht alles ist perfekt in Episode 7

 

Doch nicht alles ist perfekt an „The Force Awakens“. Als letzten Stand der Dinge hatte der Zuschauer die auf Endor über den Sieg feiernde Rebellion am Ende von Episode 6 im Kopf. Episode 7 startet ohne größere Erklärungen mit einer Situation, die der von Episode 4 ähnelt. Als wäre nichts gewesen, befinden sich Leia und ihre Gefolgsleute erneut im Widerstand und statt des Imperiums muss man sich nun gegen die übermächtige 1. Ordnung zur Wehr setzen. Hat der galaktische Frühling nicht funktioniert? Was ist in den letzten 20 Jahren passiert? Hoffentlich wird es hierzu in Episode 8 und 9 noch ein paar Aufklärungen geben. Auch Figuren wie der Widerstandspilot Poe Dameron oder Bösewicht Captain Phasma wirken eher wie Story-Vehikel als ausgearbeitete Figuren mit Tiefgang und fortführenden Einsatzplänen. Und was hat es bitte mit dem Imperatorersatz Snoke auf sich? Dieser erscheint immer wieder als riesiges ansagenmachendes Hologramm, reiht sich dabei optisch aber bei weitem nicht in den genialen handgemachten Look des restlichen Films ein.

 

Meckern auf hohem Niveau ist leicht, wenn man betrachtet, welche Last Abrams zu tragen hatte. Trotzdem einen Film dieser Klasse zu zaubern, der mit Finn und Rey ein superharmonisches Heldenpaar besitzt, trotz einer Trailerflut noch genug Geheimnisse bietet und ein so großes Erbe nicht nur ehrt, sondern auch gebührend fortführt, ist eine Leistung, die man dem „Mission: Impossible 3“-Regisseur nicht hoch genug anrechnen kann. 2017 soll unter der Regie von Rian Johnson Episode 8 und 2019 unter der Leitung von Colin Trevorrow Episode 9 erscheinen. Dazwischen gibt es fortan Spin-Off-Filme, die das Star-Wars-Universum beliebig erweitern sollen. Den Anfang macht noch dieses Jahr „Rogue One“, der eine Rebellengruppe beim Klau der Baupläne für den ersten Todesstern begleitet. Ob dieses Melken der Kuh bei allen Fans auf Gegenliebe stoßen wird, ist fraglich. Die Sorge, dass das Franchise durch das Überangebot an Spektakularität verlieren könnte, ist selbstverständlich groß. Doch warten wir es erst einmal ab, denn JJ Abrams hat mit „Das Erwachen der Macht“ einen großartigen Anfang gemacht, der wahrlich nicht perfekt ist, aber womöglich das Beste, was es hätte sein können.

 

Bonus: Der Preis für den Scheiß?
Disneys Preispolitik mit „Avengers: Age Of Ultron“ hätte uns eine Warnung sein müssen. Denn was an den Kinokassen für „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ verlangt wird, ist eine bodenlose Frechheit. 14 Euro musste ich für eine 2D-Vorstellung im Freiburger Cinemaxx bezahlen, was einem Preis von 10 Cent pro Filmminute entspricht. Für eine vierköpfige Familie, die mit Popcorn und Cola das Kinoereignis des Jahres erleben möchte, eine Investition, die mit bis zu 90 Euro zu Buche schlagen kann. Ernsthaft? Als ich ein Kind war, sind wir für ‘n Appel und ‘n Ei in „Kevin – Allein zu Haus“ gegangen und waren glücklich. Sicher, Zeiten ändern sich und Filme werden in der Produktion immer teurer, aber zu allem Überfluss musste ich mir nach dem Bezahlen der 14-Euro-Kinokarte eine geschlagene Stunde Werbung anschauen, bevor der Hauptfilm begann. Nein, so macht Kino keinen Spaß mehr.

 

11 Comments

  1. Uneins wir uns sind, junger Padawan.

  2. Hm, habe den Artikel nicht komplett gelesen, da ich den Film noch sehen muss. Die Preise fallen aber sehr unterschiedlich aus. Mein Mann war kürzlich mit seinem Bruder in dem Film. Haben ihn auch in 2D geschaut und pro Person 7 Euro gezahlt. Aber da ist eigentlich immer günstig. Hatte da mit meinem Mann auch Guardians of the Galaxy geschaut. Hat glaub ich auch 7 Euro gekostet damals. Oder nur 6? Ka, überschaubar halt. 😀

    • Der Artikel ist komplett spoilerfrei. Nur zu! 🙂

      In welcher Stadt war das Kino denn? Vielleicht haben wir hier einen Großstadt-, Cinemaxx- oder Freiburg-Aufschlag?!

      • Turmpalast Seligenstadt. Auf jeden Fall keine große Kette. Macht da sicher einen Unterschied. Die Stadt ist nicht soo groß, aber durchaus beliebt bei Touristen. 😉

        Aber in kleineren Städten ist Kino oft günstiger. Ich gehe gelegentlich bei meinen Eltern in einen Film, wenn gerade Mal einer läuft der mir zusagt. Da kostet es glaub ich sogar noch weniger. War da Mal mit meinem Mann und hab mit Popcorn + Cola keine 20 Euro bezahlt. Oben wohlbemerkt, wo es teurer ist. *g* Die großen Ketten nehmen es eh von den Lebendigen. Ich will da nie Popcorn, wenn ich denn Mal da ins Kino gehe. Kostet rund 10 Euro … dafür bin ich zu geizig.

        • Das mit dem Popcorn habe ich mir eh abgewöhnt. Ich gehe jede Woche mindestens einmal ins Kino und wenn ich mir da jedes Mal Süßkram reinstopfen würde, würde ich ruckzuck aussehen wie Jabba the Hutt… um durch den Vergleich beim Star-Wars-Thema zu bleiben. 😉

          • Naja, ich gehe ja deutlich seltener ins Kino. Wenn es hochkommt im Jahr 2 Mal. Wenn überhaupt. Ist dann schon viel. Ein Besuch ist eher realistisch. Kinderbetreuung wäre viel zu teuer. Der Spaß kostet ja wesentlich mehr für so einen Abend, als Eintritt und Co. für mich und meinen Mann. Seh ich dann doch nicht ein, nur um einen Film zu sehen. Kino ist auch so teuer genug.

  3. Sehr guter Film, als die Laufschrift in die unendlichen Weiten abgedriftet ist war ich kurz aufgeregt und hatte einen Realitäts-Check nötig… „ist das jetzt echt eine offizielle Fortsetzung?“.
    Ich hatte sehr viel mehr Fanservice erwartet und war überrascht dass man sich eindämmen konnte.

    Der ganze Hypetrain mit Yoda-Clementinen und diese jedes-Jahr-ein-neuer-Film bereitet mir Bauchschmerzen. Geht halt überall nur noch ums Geld.

2 Trackbacks & Pingbacks

  1. 2015 – Der große Jahresrückblick – like it is '93 // das Popkultur-Magazin
  2. Zeitreise: Zukunft oder Vergangenheit? – like it is '93

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.




Facebook
Instagram
Twitter
YouTube