Review: Wonder Woman
Solange Wonder Woman nicht in ihren unsichtbaren Jet steigt, kann nix schiefgehen. Spoiler: Tut sie nicht. Patty Jenkins Verfilmung über DC Comics‘ Amazonenprinzessin ist aber auch aus ganz anderen Gründen sehenswert.
Während Marvel mit jedem neuen Film Rekorde bricht und jeden noch so C-prominenten Superhelden zu einem Household-Name macht, krebst die Konkurrenz von DC Comics selbst mit Stars wie Superman oder Batman herum. „Man of Steel“ von 2013 sah zwar gut aus, war aber stinklangweilig, „Batman v Superman: Dawn of Justice“ hat der Logik mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen und „Suicide Squad“ war eine zahnlose Kostümparade ohne Plot. Als 2014 ein Film über die Amazonenprinzessin Wonder Woman angekündigt wurde, war die Vorfreude der Fans verhalten-optimistisch. Bereits seit 1996 standen immer wieder Pläne für eine Kinoverfilmung des Comicstoffs im Raum, scheiterten jedoch stets an den üblichen Hollywoodgründen. Regisseurin Patty Jenkins, die vorher hauptsächlich fürs Fernsehen drehte, soll es nun richten.
Diana lebt auf der verborgenen Insel Themyscira. Diese wird von Frauen bewohnt, die von Zeus geschaffen wurden, um den Menschen Hoffnung und Frieden zu bringen. Als der Erste Weltkrieg Dianas Heimat erreicht, zieht sie los, um General Erich Ludendorff, den sie für den Kriegsgott Ares hält, zu töten. Die Ursprungsgeschichte der Figur Wonder Woman klingt hanebüchen, wurde aber verhältnismäßig schlüssig umgesetzt. Dabei sieht der Zuschauer zwei Filme: Die erste Hälfte thematisiert die griechische Mythologie hinter Wonder Womans Welt, die zweite ist ein Actionfilm im Setting des Ersten Weltkriegs. Gerade der letzte Teil weiß durch seine bedrückende Kriegsstimmung zu überzeugen. Verherrlichende Patriotenkämpfe können andere Schildträger ausfechten, in „Wonder Woman“ wird der Krieg als solcher dargestellt: Brutal, unnötig und ohne Gewinner.
Jugendliche Naivität trifft auf divenhafte Optik
„Wonder Woman“ wird von Gal Gadot getragen. Die aus den „Fast & Furious“-Filmen bekannte Schauspielerin ist eine imponierende Erscheinung, die mit ihrem Charme die komplette Leinwand ausfüllt. Mit Rollenverständnis und Herzblut nimmt sie der 1941 erfundenen Figur jegliche altersbedingte Lächerlichkeit. Dabei wird Gadots divenhafte Optik durch Charakterzüge wie jugendliche Naivität und grundehrliche Freundlichkeit aufgelockert. So entsteht nicht nur sympathische Situationskomik, Wonder Woman wirkt dadurch auch nahbar. Sie ist ein Mensch, in den sich jung, alt, weiblich, männlich und alles dazwischen verlieben kann. Die Bevölkerung von Tunesien und dem Libanon kann einem nur leidtun, denn sie wird nicht in den Genuss dieser schauspielerischen Leistung kommen. Aufgrund von Gadots Vergangenheit in der israelischen Armee wurde der Film dort verboten.
Schnell kann vergessen werden, dass neben Gadot noch eine Handvoll weiterer Schauspieler gute Arbeit geleistet haben. Allen voran Kirk-Darsteller Chris Pine, der als britischer Spion Steve Trevor die männliche Nebenrolle mimt und Wonder Woman angenehmerweise nicht mit peinlicher Macho-Attitüde begegnet. Die beiden Schauspieler harmonieren, es knistert und die Liebesgeschichte zwischen ihnen macht Spaß, weil sie ebenbürtig sind. Vor diesem Hintergrund klingt die Message von der Liebe, die alle Kriege beenden kann, zwar immer noch flach, aber erträglich schön. Unabhängig vom Plot kann „Wonder Woman“ auch durch die Kampfszenen punkten. Zeitlupen, 360-Grad-Schwenker und Kamerafahrten, die in die Action hineingehen, verleihen dem Kampfgetümmel choreografische Ästhetik.
Trotz Lasso der Wahrheit zeitgemäß umgesetzt
Wonder Woman ist eine Figur, die auf dem Papier nicht unbedingt zeitgemäß wirkt: Eine Amazonenprinzessin, die in ihrem unsichtbaren Jet das Lasso der Wahrheit schwingt, klingt wie eine Parodie auf eine Superheldin. Patty Jenkins hat die Vorlage jedoch modern und respektvoll umgesetzt. Der Film spielte bei einem Budget von 149 Millionen rund 664 Millionen US-Dollar ein (Stand 28. Juni). Finanzielle Debakel waren die Filme des DC Extended Universe nie, weshalb der monetäre Erfolg nicht das Hauptkriterium bei der Beurteilung des Films sein sollte. Muss er zum Glück auch nicht. Denn „Wonder Woman“ ist endlich ein Erfolg für die Superheldenabteilung von Warner Bros. Pictures. Hoffentlich wird der damit aufgenommene Schwung nicht durch den im November erscheinenden „Justice League“ wieder zerstört.
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