Review: Zwieback & T – Wir beide
Vor knapp zwei Jahren erschien Serdar Somuncus Tonträger „Dafür kommt man in den Knast“. Damals noch in stiller Zusammenarbeit mit dem HipHop-Produzenten André Fuchs. Ihr zweiter gemeinsamer Wurf „Wir beide“ kam vor einigen Tagen unter dem Gruppennamen Zwieback & T in die Plattenläden.
Serdar Somuncu ist von Deutschlands Bühnen nicht mehr wegzudenken. Ein integrer Künstler, der bei Pro Sieben zwar seine Fresse in die Kamera hält, aber trotzdem das Fünkchen Würde besitzt, das ihn vom Großteil der hiesigen Comedy-Szene unterscheidet. Wobei die Nische Comedy dem 45jähirgen Allesmacher nicht gerecht wird. Da erscheint es auf den zweiten Blick auch nicht wirklich verwunderlich, dass sich der Akademiker im Studienfach Musik neben Büchern, Theaterstücken und Kabarettprogrammen auch mit eigenen Albumproduktionen beschäftigt.
Sein Partner Zwieback half ihm schon bei der Entstehung des halben Vorgängers „Dafür kommt man in den Knast“. Der Schritt, nun auch ganz offiziell gemeinsam vom Cover zu grinsen, kann nur begrüßt werden. Denn Serdar hört man den Spaß am gemeinschaftlichen Musizieren an. André Fuchs – wie Zwieback mit bürgerlichem Namen heißt – ist der perfekte Sidekick für Somuncu aka T, da der Hassprediger zwar hervorragende musikalische Qualitäten, aber nicht unbedingt den nötigen HipHop-Background für ein derartiges Projekt besitzt. Zwieback produzierte in der Vergangenheit neben seinen eigenen Soloalben auch Stücke von Szenegrößen wie F.R., Favorite oder Black’n’Proud.
Wer unbefleckt an „Wir beide“ herangeht, wird von den 14 Songs plus Intro und Outro definitiv überrascht sein. Auch wenn Serdars Rap-Parts von der Vortragsweise her partiell eher an Persiflage und Verarsche erinnern, können sowohl Zwieback (weniger überraschend) als auch T (durchaus überraschend) mit wirklichen Fähigkeiten am Mikrofon überzeugen. Doppelreime auf Teebeutel/Seeteufel-Niveau, unterschiedliche und zum Teil anspruchsvolle Flows, hörbare Gesangseinlagen und harmonische Wechsel zwischen den Künstlern tun den 56 Minuten Spielzeit durchaus gut.
Die eine oder andere Rapper-Parodie aus dem Munde Somuncus wirkt zwar schon reichlich aufgesetzt und die Inhalte sowie die Herangehensweise haben einen gewissen Retro-Charme, „Wir beide“ strotzt nichtsdestotrotz vor einer Musikalität, die beim Hören ansteckt. Da wird gesungen, gerappt und geschrien, von Funk zum HipHop und hin zu rockigen Sounds gewechselt. Der Stempel Rap/HipHop passt dabei genauso wenig wie der eines Spaß-Projekts. Refrains werden in Liedern wie „Hinternpolizei“ oder „Punkt Punkt Komma Strich“ gar zu Ohrwürmern, die im schlimmsten Fall vom durchschnittlichen Atzen-Publikum mitgegrölt werden können.
Bei all der Musikalität, die die Einordnung in ein bestimmtes Genre erschwert, müssen sich Zwieback & T dennoch Kritik gefallen lassen. Das Album wirkt inhaltlich streckenweise belanglos. An sich kein Problem, doch bei Künstlern dieses Kalibers, die in der Vergangenheit durch Tiefe und Anspruch überzeugten, beinahe eine Enttäuschung. Und bitte nicht falsch verstehen, eine gutgemachte Hau-drauf-Platte, die von Transvestiten, von Nymphomaninnen oder von Verschwendungswahn trotz Dispokredits erzählt, kann durchaus eine Daseinsberechtigung besitzen. Wenn neben all dem Spaßgelaber jedoch tatsächlich inhaltsschwangere Songs wie „Celine“, „Paradies“ und „Alles kann nichts muss“ untergehen, sich gar wie Fremdkörper in der Tracklist anfühlen, ist das mehr als schade.
Blendet man die für ein Rap-Album wirklich anspruchsvoll und ausproduziert arrangierten Instrumentale aus, bleibt ein Album, das man zumindest inhaltlich bereits nach dem ersten Hördurchgang verstanden hat. Dennoch lohnt sich „Wir beide“ für jeden, der Rap mit einer musikalischen Herangehensweise mag, oder Rap-Fan ist und einmal eine Abwechslung von all den HipHop-Dogmen der hiesigen Szene braucht. „Wir beide“ geht auf jeden Fall klar!
Kommentar hinterlassen