Review: Smoke T – Hallo Fame!
Wer im beliebtesten Hamburger Szeneviertel leben könnte, sich aber nach heimatlicher Kleinstadttristesse sehnt, findet in „Hallo Fame!“ sein Manifest. Musik für Menschen, die ihrer Jugend so sehr hinterher weinen, dass es noch gesund ist.
Da ist es nicht besonders verwunderlich, dass die Veröffentlichung von Smoke Ts erstem großen Solo-Album nicht im schnieken Szene-Club auf der Stuttgarter Theodor-Heuss-Straße, sondern in den Überresten der Waggons am Nordbahnhof gefeiert wurde. Musik, die sich hier und da vielleicht unter Wert präsentiert, aber dies gerne in Kauf nimmt, solange sie sich dabei nicht anbiedern muss. Und gerade für einen Smoke T, der nicht wie sein Hefemenschen-Partner Pyrin im Halbjahrestakt neue Musik und somit immer wieder künstlerische Updates unter die Leute gebracht, sondern sich stattdessen in der Kampfarena der YouTube-Battle-Rapper verausgabt hat, kann „Hallo Fame!“ etwas überraschend ausfallen. Rotzige Ansagen gibt es zwar zuhauf, diese werden aber reihenweise introspektiven Bestandsaufnahmen gegenübergestellt. Das hätte man nach allem, was man von dem Will-Ferrell-Doppelgänger seit den ersten Tagen mit Smoke & The Walker gehört hat, nicht erwarten müssen.
So macht es einem das mit 14 Tracks erfrischend kompakt ausgefallene Album nicht einfach, eine klare Linie zu erkennen. Auf der einen Seite werden wir amüsant dazu aufgefordert, endlich wieder Männer zu sein („Hefemenschen“), auf der anderen Seite hat Smoke T mit „Alles atmet“ den wohl schmerzlich schönsten Text seiner bisherigen Rap-Laufbahn geschrieben. Und während man sich noch fragt, wie das zusammenpasst, geht einem nach und nach ein Lichtlein auf: Smoke T ist kein ambivalenter Dummschwätzer, sondern ein nebenberuflicher Rapper, der sein erwachsenes Leben zwar auf die Kette bekommen hat, sich aber trotzdem fragt, ob es nicht hätte anders laufen können. Was erst einmal wie die Proklamation eines innerlich Hadernden klingt, hat möglicherweise weniger mit den gesellschaftlich vorgegebenen Richtlinien von Erfolg, sondern viel mehr mit seinen nicht erfüllten Träumen zu tun. Ein gewisser Frust schwingt da schon mit, weshalb er in „Panikbutton“ und „Digitale Hypes“ seine Erwartungen an die Welt im Allgemeinen und die Rap-Szene im Speziellen propagiert, welche seiner Meinung nach nicht mehr erfüllt werden.
Smoke T stellt sich als ein empfindliches Wesen dar, das sich zum einen Liebe wünscht, zum anderen aber wie ein Rohrspatz mäkelt. „Segen und Fluch“ eben. Das klingt in seinen besten Momenten wie auf das Leben projizierter Battle-Rap. Und Battle-Rap kann der Göppinger nicht nur in Freestyle-Cyphers oder Video-Turnieren. Aufwendige Reimketten wie in „Halt dei Goscha“ und eine erfreulicherweise weniger gepresste Stimme als bei früheren Veröffentlichung versprühen Feuer wie ein von Husten geplagter Drache. Bromm, der für die Produktionen, Cuts, Mische und das Mastering zuständig war, darf ebenfalls hallo zum Fame sagen, denn der schien in der Mache ganz genau gewusst zu haben, wo die Reise für Smokes Album hinzugehen hat. Ob der mit Vocal-Sample ausgestattete Beat zu „Aus dem Ruder“, die einprägsame Keyboard-Spur in „Halt dei Goscha“ oder das gefährlich grummelnde Titelstück „Hallo Fame“, Bromm hat Instrumentale geschaffen, die Charakter haben und ordentlich bumsen.
„Hallo Fame!“ ist weder der rockige Biertrinkersoundtrack geworden, noch das Battle-Rap-Album, das der aktuellen VBT-Riege mal ordentlich den Marsch blasen soll. All das hätte sich der eine oder andere Hörer vielleicht gewünscht, wird mir nach eingehenden Hördurchgängen aber sicherlich zustimmen: Zum Glück ist es all das nicht geworden. „Hallo Fame!“ ist ein doppelbödiges Werk, das genug Stoff bietet, um sich des Nachts angetrunken erinnerungschwelgend auf den Heimweg zu machen, aber auch, um Freitagnachmittag mit 180 km/h gut gelaunt in das Wochenende zu rasen. Das Schöne ist, dass beide Seiten wunderbar miteinander harmonieren. Und damit der Hörer am Ende mit einem guten Gefühl in den versteckten Bonus-Track entlassen wird, entscheidet sich der Rapper im Abschlusstrack „Segen“ ganz klar für die positiven Aspekte des Lebens. Nicht nur physisch eine runde Platte!
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