Streetfame Festival Vol. 1: Das Straßenrap-Klassentreffen
24.5.2013 - Stuttgart, Club Cue
Eigentlich eine ganz coole Idee: Ein Indoor-Festival, das die mittlerweile quantitativ und – was viel wichtiger ist – qualitativ hochwertige Straßenrap-Fraktion Deutschlands repräsentiert. Gestern Abend fiel der Startschuss für das Streetfame Festival im Stuttgarter Club Cue.
Auf der Facebook-Veranstaltungsseite gab es zwar den ausdrücklichen Hinweis, dass der Zutritt unter 16 Jahren nur in Begleitung der Eltern gestattet ist, dies schien sich am Ende jedoch zu erübrigen. Die Gäste waren letztlich älter als im Vorfeld womöglich angenommen. Mit einem gefühlten Anteil von zehn Frauen, war das überschaubare Publikum aber auch männlicher als vielleicht erwartet. Klar, da machen dann auch die 1000 Pistolenschüsse Sinn, die im Laufe des Abends über die Boxen geschickt wurden. Eben eine Welt, in der Azad und 2Pac noch mehr reißen würden als ein Casper und Kanye West.
Das Vorprogramm bestand aus einer Handvoll Künstlern, die man ohne weiteres dem Segment Straßenrap zuordnen kann. Sei es ein Credibil, der mit Neuinterpretationen von Deutschrapklassikern wie „Der Beste Tag meines Lebens“ ein Ausrufezeichen setze, ein Amaris, der kurzfristig einsprang und Straßensoul verbreitete, das 385ideal-Signing Olexesh, das die Highlights seines Mixtapes „Authentic Athletic“ präsentierte, oder ein Malik, der trotz Doppelbelastung als Veranstalter eine ordentliche Show hinlegte. Eines hatten alle Supportacts jedoch gemein: Ihre Shows waren zu kurz. Gerade ein Olexesh stand vielleicht zehn Minuten auf der Bühne und verabschiedete sich anschließend schon wieder zu seinen Freunden und Fans in die Crowd. Bei Volume 2 vielleicht ein, zwei Gruppen weniger einladen und diese dafür länger spielen lassen?!
Um 22 Uhr ging es dann mit den Hauptacts los. Die Nürnberger von Automatikk bewiesen, dass ein gemeinsam mit den Zuschauern gegröltes „Ratatatata“ manchmal mehr bringt, als die simple Aufforderung, nun doch bitte einmal abzugehen. Eine versierte Technik bestehend aus mehrsilbigen Reimen, Punchlines und Doubletime-Flows half den beiden Brüdern Rokko81 und Atillah78 von Anfang an, den Klassenunterschied zwischen ihnen und den bisherigen Rappern klarzumachen. Der Bass ging dabei dermaßen in die Magengegend, dass das Mädel aus dem Grönemeyer-Song ihren Spaß gehabt hätte.
Anschließend durfte die Straßenversion von Erni & Bert ran: Celo & Abdi. Die zwar etwas müde wirkenden Azzlacks haben unterhalten wie sonst nur beim Kochen. Mit „Fick deine Mudder, Mercedes-Benz, was los, Aldaaaaa?!“ bläute der sympathische Abdi dem Stuttgarter Publikum Selbstbewusstsein in Sachen Lokalpatriotismus ein. Da konnte man auch locker über Textstolperer oder chaotische Verhältnisse auf der Bühne hinwegsehen. Denn wenn das halbe Publikum Smartphones in die Höhe streckt, um Videos und Fotos zu machen, dann haben wir es hier mit Fans zu tun, die sich tatsächlich freuen, vor Ort zu sein. So sehr freuen, dass der eine oder andere Gast schon einmal übermütig wird und von Abdi mit den Worten „Schwester, hast du ADS? Das ist mein Konzert!“ beruhigt werden muss.
Die erste Ausgabe des Streetfame Festivals war eine stellenweise sehr zähe, größtenteils aber unterhaltsame Angelegenheit, die definitiv nach einer Wiederholung schreit. Nicht umsonst adelte Celo die Veranstaltung mit dem Namen „Kanaken-Splash“.
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