The Adventures Of Pete & Pete: Eine Perle aus dem Kinderprogramm

Zwischen 1993 und 1996 strahlte Nickelodeon mit “The Adventures Of Pete & Pete” eine der ideenreichsten und außergewöhnlichsten Serien ihrer Sendergeschichte aus. Ein Blick zurück in eine Zeit, in der Nirvana und R.E.M. noch MTV beherrschten.

 

Gutgemachte Serien für Kinder und Jugendliche sind eine wirkliche Kunst. Auf der einen Seite müssen Ideen und Plotdetails so simpel sein, dass sie auch von einem jüngeren Publikum verstanden werden, das noch keine allzu ausgeprägte Fernseherfahrung hat. Auf der anderen Seite wäre es aber schön, wenn TV-Serien für das Kinderprogramm eine gewisse Tiefe mit ein paar weitergedachten Einfällen hätten, damit diese gemeinsam mit den Eltern oder älteren Geschwistern genossen werden können. Aus den USA kommen einige dieser TV-Shows wie zum Beispiel „Spongebob Schwammkopf“, „Die Dinos“ oder „Die Pinguine aus Madagascar“, die dank cleverem Witz und noch nicht fünfmal gesehenen Storys von einem reiferen Publikum ebenso gefeiert werden wie von einem jüngeren. Ein eigentlich gar nicht so komplizierter Sachverhalt, bei dem sich Deutschland – wie es nicht anders zu erwarten war – trotzdem wieder einmal besonders sperrig anstellt. Da ist es nicht verwunderlich, dass Pro Sieben Jahre gebraucht hat, um zu begreifen, dass „Die Simpsons“ nicht ins Kinder-, sondern Erwachsenenprogramm gehört.

 

Ein Münztelefon, das seit 27 Jahren klingelt

 

„The Adventures Of Pete & Pete“ ist eine dieser Serien, die zwar für Nickelodeon produziert wurde, mit ihrer Ausrichtung aber auch für ein älteres Publikum interessant ist. Im Mittelpunkt der TV-Show stehen die von Michael C. Maronna und Danny Tamberelli gespielten Brüder Pete und Pete, die in der typisch amerikanischen Kleinstadt Wellsville eigentlich normale Abenteuer erleben, welche vom Erzähler – dem älteren der beiden Petes – jedoch zu surrealen und bizarren Ereignissen aufgebläht werden. So geht es in der Folge „Der Telefonterror“ um ein Münztelefon, das seit 27 Jahren klingelt. Erst Pete & Pete trauen sich das Geheimnis um den Anrufer zu lüften und den Hörer abzunehmen. In „Entscheidung in Smedley Ravine“ möchte Little Pete seinen Glückspenny wieder aufladen, indem er diesen auf die Eisenbahnschienen legt. Und in „Harte Tage für Pete“ ist der jüngere der beiden Petes auf der Suche nach seinem Lieblingslied. 34 dieser Episoden wurden zwischen 1993 und 1996 gedreht und ausgestrahlt. In Deutschland kamen wir 1995 das erste Mal in den Genuss der von Will McRobb und Chris Viscardi geschaffenen Serie.

 

Ursprünglich startete „The Adventures Of Pete & Pete“ als 24-teilige Kurzclip-Reihe, deren rund einminütige Episoden zwischen dem eigentlichen Fernsehprogramm ausgestrahlt wurden. Die Popularität der beiden Petes wuchs jedoch so rasant an, dass sich Nickelodeon zwischen 1991 und 1993 dazu entschied, fünf längere Specials zu drehen. Ein kompletter Erfolg, der schlussendlich in drei vollständigen Staffeln mündete. Zu Recht, denn die beiden Petes ergänzen sich perfekt. Impulsives Draufgängertum des kleineren trifft auf die von der Grunge-Ära geprägte nachdenkliche Jugendlichkeit des älteren Bruders. Action und Tiefgang nehmen sich bei der Hand und begegnen unzähligen großartigen Ideen, die so weit von einem Schema F entfernt sind, dass es noch heute eine wahre Freude ist. In welcher Serie hat ein zehnjähriger ein Meerjungfrauentattoo namens Petunia, das er durch Muskelbewegungen mit hypnotischem Effekt tanzen lassen kann? Wo gibt es mit Artie den stärksten Mann der Welt zu sehen, der Häuser versetzen kann? Wann hat man jemals einem Origami-Duell zwischen Pete und seinem Erzfeind Papercut beiwohnen dürfen? Es gibt so viele Verrücktheiten, sie alle aufzuzählen würde ganze Wikipedia-Einträge füllen.

 

Von LL Cool J bis Iggy Pop waren alle dabei

 

Die Serie hat einen individuellen Ton und besitzt eine ganz eigene verträumte Atmosphäre, für welche auch die wunderbare Musik von Polaris verantwortlich ist, die mit „Hey Sandy“ unter anderem den großartigen Titelsong schrieben. Neben der leider bis heute recht unbekannten Alternative-Band steuerten auch andere Underground-Gruppen wie Luscious Jackson, Nice oder Drop Nineteens Lieder bei, was der Serie ein absolutes Alleinstellungsmerkmal zwischen den damaligen „Nickelodeon original series“ verlieh. Überhaupt befand sich „The Adventures Of Pete & Pete“ stets am Puls der Zeit, was die Vermutung aufwerfen lässt, die Serie hätte sich einst zwischen „The Real World“ und „Headbangers Ball“ ebenso auf MTV gut gemacht. Denn ein ordentliches Verständnis für Popkultur der Neunziger Jahre zeigte sich auch an der Auswahl der Gaststars, die mit Iggy Pop, Michael Stipe, LL Cool J und Deborah Harry – um nur ein paar Namen der langen Liste zu nennen – nicht gerade spärlich ausfiel.

 

Ich kann mich noch ganz genau an den Tag erinnern: Kurz bevor Nickelodeon am 31. Mai 1998 das erste Mal in Deutschland eingestellt wurde, lief zuallerletzt noch eine Episode von „The Adventures Of Pete & Pete“. Seitdem habe ich die Abenteuer der beiden Rotschöpfe nie wieder gesehen. Das ist ebenso schade wie die Tatsache, dass die zwei Petes zumindest ihrer Schauspielkarriere nach Absetzung der Serie keine großen Höhepunkte mehr hinzufügen konnten. Danny Tamberelli, der den kleinen Pete spielte, lieh beispielsweise Jimmy De Santa in „GTA V“ seine Stimme, Michael C. Maronna – der große Pete – hielt sich mit Gastauftritten in Serien wie „Gilmore Girls“, „Sex & The City“ oder „Law & Order“ über Wasser. Wer die Serie vermisst und wissen möchte, wie es mit Big Pete und Little Pete weiterging, hat zumindest in Form eines recht positiv bewerteten Podcasts namens „The Adventures Of Danny & Mike“, den Maronna und Tamberelli seit September 2013 im Monatstakt veröffentlichen, die Möglichkeit dazu. Einer richtigen Rückkehr nach Wellsville steht aber auch nichts mehr im Wege, denn mittlerweile sind die ersten beiden Staffeln auf DVD erhältlich.