The Sex Factor: Bumsfilmkönig gesucht
Herzlich Willkommen im 21. Jahrhundert: Die Porno-Streaming-Seite xHamster ist auf der Suche nach der nächsten Bumsfilmkönigin und dem nächsten Bumsfilmkönig.
In unserer durchpornografierten Welt, in der Unternehmen wie Pornhub, Brazzers und YouPorn Household-Names geworden sind, die der Jugend von heute womöglich mehr sagen als die 16 Ministerpräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, war es nur eine Frage der Zeit, bis eine aufwändig produzierte Casting-Show für angehende Erotikfilmsternchen auf Sendung geht. Denn Pornografie ist unbestreitbar ein Teil der Popkultur geworden. Darsteller können echte Stars werden, die über das Erotikgeschäft hinaus ihre Brötchen in der „seriösen“ Unterhaltungsbranche verdienen. Doch all den abstoßenden und gefährlichen Seiten der Pornoindustrie zum Trotz werden von vielen Außenstehenden nur die glamourösen Aspekte am geschauspielerten Geschlechtsverkehr gesehen. Und schaut man „The Sex Factor“, die neue Casting-Show des Porno-Streaming-Portals xHamster, wird dieser Eindruck nicht getrübt. Pornografie scheint ein riesiger Spaß für alle Beteiligten zu sein – gesellschaftlich komplett akzeptiert, ohne irgendwelche vermeidbaren Risiken behaftet und der erste Schritt zum absoluten Stardom.
Buddy Ruben, Produzent der Show, hatte es im Vorfeld sehr schwer, denn die Entstehungsgeschichte von „The Sex Factor“ war steinig. Investoren haben gefehlt, es gab immer wieder Verschiebungen und schlussendlich ist sogar die eigentlich geplante Moderatorin Belle Knox abgesprungen. Diese Aufgabe hat nun Asa Akira übernommen, die von den Jury-Mitgliedern Lexi Belle, Tori Black, Remy LaCroix und Keiran Lee – der seinen Penis für 1 Millionen US-Dollar versichern ließ – unterstützt wird. Und diese fünf Vollprofis nehmen ihren Job verdammt ernst. Sollten sie auch, denn möchte man den Zahlen aus dem Buch „Warum Kugelschreiber tödlicher sind als Blitze“ von Cord Balthasar und Thorsten Wiese glauben, geben Konsumenten weltweit jährlich rund 70 Milliarden Euro für pornografisches Material aus. Hier geht es also um bares Geld. Nicht nur für die Produzenten, nein, auch für die Teilnehmer. Ein drei-Jahres-Vertrag sowie 1 Millionen US-Dollar soll der Gewinner erhalten, der über eine Social-Media-Abstimmung auserkoren wird.
Doch bis es soweit ist, müssen sich die acht weiblichen und die acht männlichen Teilnehmer, von denen jeweils einer zum Sieger erklärt wird, in jeder der 30-minütigen Episoden unterschiedlichen Herausforderungen stellen. Das kann mal verhältnismäßig harmlos wie das Vortäuschen eines Orgasmus aber auch vollpornografisch wie das schnellstmögliche Erzwingen eines Höhepunktes per Blowjob ausfallen. Und da hier xHamster – laut Alexa Internet die 88. am häufigsten besuchte Website der Welt – auf dem Regiestuhl Platz genommen hat, fällt die in Las Vegas gedrehte Action völlig unzensiert aus. Dadurch wirkt die komplette Show wie eine Sexparodie auf all diese komischen Reality-Casting-Sendungen, die im Fernsehen rauf und runter gezeigt werden. Keiner der Teilnehmer hatte bisher Sex vor der Kamera und das soll sich hier ändern. Doch der Erfahrungsvorsprung fällt ganz unterschiedlich aus. Allie Eve Knox, eine der Teilnehmerinnen, stellt sich damit vor, bereits an einem privaten Gangbang mit vier weiteren Personen partizipiert zu haben. Buddy Hollywood hingegen schlief vor der Beteiligung an „The Sex Factor“ schon mit über 100 Frauen. Aber mit Blair Williams nimmt auch eine angebliche Vorschullehrerin teil, die erst ein Jahr vor der Show ihre Unschuld verlor.
Wirklich nahe geht einem keiner der 16 Sexfilm-Azubis, denn komisch sind sie alle. Pornodarsteller zu werden ist eben doch nicht so nachvollziehbar wie der Wunsch nach einer Model- oder Popstarkarriere. So ist es einem auch egal, dass der daueronanierende Weirdo David Caspian in der ersten Episode rausfliegt, in Tränen ausbricht und sich anschließend noch einmal bei allen für die gute Zusammenarbeit bedankt. Allen scheint es dann aber doch nicht egal zu sein. Das zum ersten Mal wirklich gute Schauspiel erweicht zumindest Keiran Lee, der bis dahin zwar den Eindruck eines abgestumpften Geschäftsmanns erweckte, den Verlierer nun trotzdem zu einem professionellen Dreh einlädt. Das meinten die also mit „Träume werden wahr“! „The Sex Factor“ ist eine ganz komische Angelegenheit, deren Sinn sich mir nicht erschließen möchte. Pure Unterhaltung kann es nicht sein, die ist sogar beim Binge-Watching der vierten Staffel von „Jersey Shore“ größer. Tiefe Einblicke oder gar ein besseres Bild von der Pornoindustrie liefert die Show ebenso wenig. Was soll „The Sex Factor“ also bitte? Womöglich einfach nur dazu animieren, nach dem Abspann doch noch mal xHamster anzusteuern.
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