Review: Tschick
Der 14-jährige Maik macht sich zusammen mit seinem neuen Mitschüler Tschick in einem geklauten Lada auf, um in die Walachei zu fahren. Man kann die Sommerferien langweiliger verstreichen lassen. Fatih Akin hat Wolfgang Herrndorfs Erfolgsroman verfilmt.
Zwei Millionen Exemplare von Wolfgang Herrndorfs Jugendroman „Tschick“ wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt allein in Deutschland verkauft. Die Geschichte rund um Maik, der gemeinsam mit seinem frisch zugezogenen Klassenkameraden Andrej Tschichatschow – von allen „Tschick“ genannt – auf einen Road-Trip durch das brandenburgische Hinterland geht, hat nicht nur Leser in über 25 Ländern begeistert, auch die Filmwelt kam nicht um den Erfolgsroman herum. 2011 – bereits ein Jahr nachdem das Buch veröffentlicht wurde – strebte „Soul Kitchen“- und „Gegen die Wand“-Regisseur Fatih Akin eine Verfilmung an. Erst kurz vor Herrndorfs Tod 2013 kam das Projekt ins Rollen. Drei weitere Jahre später ist „Tschick“ nun in den Kinos angelaufen.
Die Erzählstruktur von „Tschick“ ist perfekt für eine Verfilmung geeignet. Entsprechend wenig überraschend ist es Akin geglückt, den Roman Seite für Seite in audiovisueller Form umzusetzen. Mit seinen 93 Minuten wirkt „Tschick“ zwar zügig durcherzählt, die Figuren bleiben trotzdem nicht auf der Strecke. Szenen werden Schlag auf Schlag abgehandelt, was der Kurzweiligkeit zugutekommt. Hektik bleibt dennoch aus. Bildgewaltig und farbenfroh wird das Berliner Umland dargestellt, Drohnen fangen spektakuläre Aufnahmen von der Fahrt ein. KIZ, Tocotronic und die Beatsteaks liefern den zeitgeistigen Soundtrack dieses Road-Movies, das auf eine auch für Erwachsene ansprechende Coming-Of-Age-Geschichte trifft. Die große Kinoleinwand wirkt in jeder Sekunde wie gemacht für diesen Film.
Tristan Göbel und Anand Batbileg, die die beiden Freunde Maik und Tschick spielen, mimen ihre Rollen glaubwürdig, erscheinen stellenweise dennoch etwas hölzern. Was in Batbilegs Falle noch mit mangelnden Sprachkenntnissen der Figur begründet werden kann, wirkt bei Göbel – gerade in Szenen, in denen er sich auf die Hinterbeine stellt und lauter wird – sehr holprig. Zum Glück beeinträchtigen diese Momente das Sehvergnügen auf kompletter Spiellänge nur marginal. Die Geschichte rund um eine Freundschaft, die entsteht, in der Vertrauen aufgebaut wird und an deren Ende eine nachvollziehbare Entwicklung der Protagonisten stattgefunden hat, ist einfach zu gut, um allzu leicht kaputtzugehen.
„Ich glaube ja, dass es zwei Millionen Versionen von ‚Tschick‘ gibt. Weil jeder Leser das Buch anders empfindet“, erklärte Akin dem Kölner Stadt-Anzeiger. Er selbst sei großer Fan des Romans, habe sich im Vorfeld sehr viele Gedanken darübergemacht, wie man die einzelnen Szenen entsprechend Herrndorfs Vorlage umsetzen könnte. Ein Buch zu verfilmen, das von so vielen Menschen geliebt wird, ist eine mutige Herausforderung, an der schon größere Regisseure gescheitert sind. Akin hat sie glücklicherweise dennoch angenommen und dabei ist ihm ein unterhaltsamer Film gelungen, der nur im Ansatz die Wirkung des Buches hat, durch den Verzicht auf schweig(höf)erische Kitschorgien aber positiv in Erinnerung bleiben wird.
Bin ein großer Fan von Herrndorfs Büchern, den Film lasse ich aber eher aus. Ich hab Angst dass er meine Version im Kopf zerschiesst. Andererseits, Akin ist ja auch n Guter…
Verstehe ich. Ich hatte die Befürchtung auch erst, war von der Umsetzung aber echt überrascht. Hat mir nicht wirklich viel kaputtgemacht.