Turbostaat: „Ihr habt echt ein hartes Leben!“

23.4.2018 - Freiburg, Waldsee

“Abalonia” erschien am 29. Januar 2016

Südbadische Turbostaat-Hörer sind verständnisvoll. Am 23. April 2017 bewiesen sie es ein weiteres Mal, denn die Punkrocker waren im Freiburger Waldsee zu Gast.

 

Turbostaat-Gitarrist Rollo Santos wollte gerade einen ausgedehnten Monolog darüber beenden, weshalb er seinen Offday lieber im schönen Freiburg als in Darmstadt verbringen würde: „Ihr habt echt ein hartes Leben!“, schallte es jedoch aus dem Publikum und unterbrach den Musiker rüde. Sänger Jan Windmeier und die restlichen Zuschauer konnten ihr Lachen nicht zurückhalten. Diese sympathischen Momente unterstrichen die sonntägliche Wohlfühlatmosphäre, die den Konzertraum des Waldsees erfüllte.

 

„Abalonia“ – Turbostaats aktuelles Studioalbum – ist zwar ein gutes Jahr alt, eine weitere Tour unter diesem Banner ließen sich die fünf Flensburger trotzdem nicht nehmen. Stücke wie „Eisenmann“, „Die Toten“ oder „Ruperts Grün“ konnten ein Jahr lang reifen und sind in den Köpfen der Hörer nun textsicher verankert. Der komplett in schwarz gekleidete Windmeier peitschte das Publikum zum Mitmachen an. Dabei agierte er so routiniert wie unaufdringlich. Ständig suchte er den Augenkontakt mit seinen Gästen, bei aller Professionalität wirkte an diesem Auftritt trotzdem nichts konstruiert.

 

Frisch gespresste 7″: “Die Tricks der Verlierer”

Der obligatorische Halbkreis vor der Bühne tanzte entsprechend frenetisch, forderte zwischenzeitlich offene Türen für Frischluft. So viel Einsatz wurde der Vorgruppe Manifesto Jukebox nicht entgegengebracht. 2008 trennte sich die finnische Band. Für einige Termine auf der Turbostaat-Tour fanden sie noch einmal zusammen. Offensichtlich war sich nicht jeder Zuschauer darüber bewusst, dass dieser Auftritt etwas Besonderes war. Ebenso wenig war den Turbostaat-Mitgliedern klar, wer an diesem Tag für ihre Verpflegung aufkommen musste. Santos merkte an, dass er weniger Schwarzwälder Kirschtorte bestellt hätte, hätte er vorher gewusst, dass der Veranstalter und nicht das Waldsee hierfür bezahlt.

 

Der Gitarrist, der mit Baskenmütze und akkurat gestutztem Bart optisch aus seiner Band herausstach, übernahm die Hauptkommunikation mit den Zuschauern. Das gelang ihm sehr gut. Auch wenn beide Seiten dies nicht mit dem Elan von Frischverliebten herüberbrachten, wollten am Ende weder Band noch Zuschauer Schluss machen. Die Freude über eine letzte Zugabe bekam stattdessen Lichtmann Mario ab. Dieser sprang als Vertretung ein, hatte jedoch einen Zug zu erwischen. Turbostaat genehmigte er trotzdem zwei Zugaben. Das Publikum dankte es ihm mit „Mario“-Sprechchören.

 

Apropos „Abalonia“: Ganz ohne neue Musik aufzunehmen, starteten Turbostaat ihre 2017-Tour dann doch nicht. Wer nach den 90-minütigen Auftritt noch nicht genug hatte, konnte am Merchandise-Stand die pressfrische 7“ „Die Tricks der Verlierer“ eintüten. Nach Auftritten 2015 auf dem ZMF und 2016 im Café Atlantik kann sich Freiburg nicht über zu wenig Aufmerksamkeit seitens Turbostaat beschweren. Im Gegenteil: Diesen Herren nimmt man ab, dass sie ihren freien Tourtag lieber in der Breisgau-Metropole als in Darmstadt verbringen.

 

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