VHS-Sammlungen, ShowView & Long-Play: Tschüss, lieber Videorekorder!
Im Juli 2016 stellte mit Funai Electric der letzte Hersteller von Heimvideorekordern die Produktion ein. Es wird also höchste Zeit, dem Videorekorder Lebewohl zu sagen.
Heute habe ich meinen Videorekorder endgültig vom Stromnetz genommen, in einem Karton verstaut und mit schweren Schritten in den Keller gebracht. Damit trug ich einen wichtigen Teil meines Lebens zu Grabe, ohne den ich nicht die popkulturelle Einstellung hätte, die ich heute habe. Denn dieser Videorekorder stand stolze 21 Jahre unter jedem Fernseher, den ich besaß. Die letzten zehn Jahre war er zwar kaum im Einsatz, doch entscheidend waren die elf Jahre davor. Und in denen lief der schwarze Kasten auf Hochtouren.
Per ShowView zur Filmsammlung
Noch vor der Hochzeit der DVD bespielte ich hunderte VHS-Kassetten mit Filmen, die ich im TV-Programm aufzeichnete. Wenn ich parallel zur Aufzeichnung zuschaute, schnitt in natürlich die Werbung heraus. Wenn nicht, musste ich beim Wiederschauen spulen. So sammelte sich über die Jahre eine Sammlung mit hunderten VHS-Kassetten an. Kaum ein Blockbuster aus den Achtziger und Neunziger Jahren befand sich nicht auf irgendeiner meiner Videokassetten. Um den Überblick nicht zu verlieren, fertigte ich mit Microsoft Access eine Datenbank an, die mir dabei half, die Kassetten zu archivieren.
ShowView – ein System, um vereinfacht den Videorekorder zu programmieren – fühlte sich bei der Einführung 1991 wie Science-Fiction an. Ich benötigte lediglich ein paar Ziffern und das Gerät nahm in meiner Abwesenheit zuverlässig auf. Wenn mein Vater nicht gerade dachte, ich hätte vergessen den Receiver auszuschalten und den unerwünschten Job selber erledigte. Außer schwarzweißem Ameisenkrieg war auf dem Video anschließend nichts sichtbar. Und wie großartig war die Entdeckung der Short-Play-/Long-Play-Funktion?! Aus einer Vierstundenkassette wurde per Knopfdruck eine Achtstundenkassette.
Selbst die DVD-Sammlung ist veraltet
Doch auch der Home-Video-Markt hatte meine volle Aufmerksamkeit. Im Elektronikfachhandel erstand ich regelmäßig Neuerscheinungen wie „Blair Witch Project“, „Deep Blue Sea“ oder „Der Sturm“. Keinen dieser Filme würde ich als Abonnent von Netflix und Amazon Video noch einmal mit dem Videorekorder ansehen. Die Möglichkeit hätte ich dennoch. Wobei die VHS von „Der Sturm“ schon kurz nach dem Kauf nicht mehr richtig funktionierte. Ständig wechselte das Bild zwischen farbig und schwarzweiß.
In Zeiten, in denen mir selbst meine riesige DVD-Sammlung völlig veraltet erscheint, benötige ich meinen Videorekorder nicht mehr. Handverlesene Aufnahmen habe ich über die Jahre zwar behalten, den Großteil meiner VHS-Kassetten habe ich jedoch bereits vor 13 Jahren entsorgt. Nun ist auch der Rest dran. Der alte Staubfänger und seine schwarzen Kassetten müssen für neue Spielekonsolen weichen. Mach‘s gut, lieber Videorekorder, und danke für die schöne Zeit.
PS: Ich kann mich noch erinnern, mit welchem Film ich deine Aufnahmefunktion eingeweiht habe: „Karate Tiger“!
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